Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)
Ferdinands Blick.
»Was ist es denn, Polly, vielleicht kannst du ja deine Mutter beruhigen, die schon wieder das Schlimmste befürchtet.«
Ich brachte mich in Position. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass ich und niemand anderer jetzt das Wort ergreifen musste.
»Frau Weller, darf ich mich vielleicht eben einbringen, ich ...«
»Nee, darfste nicht. Ich bin auch noch so bescheuert und unterhalte mich mit ’ner Maus, so weit kommt’s noch. Wenn mich mal einer findet, wie ich mit ’ner Maus spreche, der darf mich direkt zum Arzt fahren.«
»Können wir vielleicht einfach mal zum Thema kommen, und mir ist es ehrlich gesagt egal, wer da gleich zu Wort kommt, Hauptsache, das geht jetzt mal voran hier.« Der Herr des Hauses verlor langsam die Geduld. Für die Nachricht, die sie gleich erhalten würden, war es ungünstig, dass die Stimmung sich gerade aufraute.
Ich würde erst mal nichts mehr sagen, so viel stand fest. Ferdinand überließ die Gesprächsführung ab einer Gruppengröße von drei Personen sowieso lieber anderen. Besonnen nannte er das. Wie erwartet hockte er denn auch als stumme Festung neben mir.
Ich fürchtete allerdings, dass Polly im Begriff war, den günstigen Moment für eine Mitteilung an die Eltern zu verpassen, wenn es so einen überhaupt gegeben hatte, denn ihre Mutter ergriff nun den Schmachtfetzen von Daniel Glattauer, ihre derzeitige Lektüre. Deren marginale Aufmerksamkeit hatten wir also auch schon wieder verloren.
»Ach, wisst ihr was? Ich geh jetzt erst mal wieder in mein Zimmer, Mathe machen, hab ich voll verpeilt, ich muss ja noch Mathe machen. Und das andere war gar nicht so wichtig, echt.«
»Siehste. Bevor man den anderen mit sich beschäftigt, immer erst mal selber gucken, ob man ihn denn wirklich braucht. Dann erübrigt sich so einiges.«
Stimmt, Frau Weller. Grundsätzlich stimmt das. Für die vielen Befindlichkeitsplärrer wäre das eine kluge Lösung, jawohl.
Im Falle Ihrer Tochter hätten Sie jetzt einmal kurz einen Kontakt haben können. Aber es gab ja noch den Vater.
»Ich will jetzt trotzdem wissen, weshalb sich meine Tochter mit ihrem Mäusepaar in unserem Wohnzimmer aufbaut. Mathe kannst du auch noch fünf Minuten später machen.«
»Britta ist schwanger.« Endlich! Nur drei Wörter, aber was für ein Vorlauf, Mannomann!
»Was ist Britta?!« Der Glattauer ging zu Boden.
»Haste doch gerade gehört, Sonja, die Maus kriegt ’n Kind.«
»Roland, Mäuse kriegen nicht ein Kind, Mäuse kriegen zwanzig Kinder!«
»Vier bis zwölf. Ungefähr«, stellte Polly richtig.
»Das ist mir vollkommen wurscht, vier, zwölf, zwanzig, fünfzig, bei mir kriegt keine Maus ein Kind. Ich bin ja keine Entbindungsstation. Das kannst du dir abschminken, Polly.«
»Jetzt werd doch nicht immer gleich so heftig, Sonja, es ist doch noch gar nichts passiert! Und ich habe da spontan eine Idee. Gleich wird’s dich nämlich auch wieder interessieren!«
Vier fragende Gesichter schauten zu Roland Weller.
»Britta, ich frag dich jetzt mal ganz direkt: Du weißt, dass unsere Fotostrecke damals recht erfolgreich war. Das Kalenderexemplar mit den zwölf Mäusemotiven haben die Leute uns praktisch aus den Händen gerissen. Ich frag einfach mal ganz spontan: Hättest du nicht Lust, jetzt als werdende Mutter sozusagen deine Schwangerschaft zu dokumentieren? Und wir machen da einen Knaller-Kalender draus?«
Was sollte ich auf so eine bescheuerte Frage sagen??
»Und das Dezemberblatt zeigt dann die Mutter mit ihren rund zweihundert Säuglingen. Das find ich tatsächlich nicht so schlecht.« Frau Weller stieg ins Boot zurück.
»Für derlei Trash steht meine Frau nicht zur Verfügung.« Der Vater meiner Kinder legte die rechte Vorderpfote um mich und schob mich aus dem Raum.
In Pollys Zimmer angekommen, blitzte er mich aus seinen schwarzen Augen an. »Warum weiß ich davon nichts?!«
»Bitte??«
»Warum! Ich! Nichts! Davon! Weiß! Dass! Meine! Frau! ZWÖLF! Kalenderblätter! Ziert!«
»Weil! Es! Nicht! Wichtig! Ist! Mensch, Ferdi, jetzt steig du nicht auch noch in den Ring! Ist doch egal, ich hab vor langer Zeit, noch vor dir, diese Fotos gemacht, das hab ich für Polly gemacht und gut ist. Kein Hahn kräht mehr danach.«
Ferdinand atmete schwer.
»Außerdem sind das sehr künstlerische Fotos geworden. Wirklich!«
»Ha! Die möchte ich sehen!«
»Ha! Haste schon längst! Hängen hier in Pollys Zimmer, hinten links der Kalender neben dem Regal!«
»DAS BIST DU????«
»Das bin
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