... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
hastig.
„Es war nicht zu hören, du Trottel! Ich habe es gesehen. Meinst du, es sind …“, sie schüttelte sich angeekelt, „Schlangen?“
„Die gibt es hier nicht. Nicht in Irland.“
„Ich … habe … es … genau … gesehen“, zischte sie und leiser Groll machte sich in ihr breit.
Er nahm sie nicht ernst! Sie konnte sagen, was sie wollte, er musste immer das letzte Wort haben! Neunmalgescheiter Faselhans! Ungestüm befreite sie sich aus seiner Umarmung und guckte in sein verzücktes Gesicht.
„ Und doch waren es Schlangen!“
„Seit Pádraig“, er räusperte sich erneut und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, „ich meine den Heiligen Patrick, diesen Mönch drüben aus Britannien, von dem ich dir schon erzählt habe – seit damals hat man keine mehr von diesen Biestern gesichtet. Übrigens genauso wenig wie Maulwürfe. Jedenfalls … was ich sagen wollte, als Pádraig im Jahr 441 auf den Cruachán Aighle gestiegen ist und dort oben vierzig Tage fastete, hat er alle Schlangen aus Irland vertrieben.“
„Scherzkeks!“
„Doch, doch“, versicherte er ihr mit einem leisen Lächeln auf den Lippen, das Suse in der Dunkelheit zwar nicht erkennen, dafür umso besser hören konnte, „das kannst du mir glauben. An der Südseite des Croagh Patrick – diesen Namen hat der Berg selbstverständlich erst später erhalten – ist eine Steilwand, an deren Rand ließ der Heilige nach seiner Nulldiät eine Glocke ertönen. Mit dem Läuten lockte er die Schlangen von ganz Irland an. Die waren in der Tat so dämlich, sich in den Abgrund zu stürzen wie die Lemminge, und später kamen sie nie wieder auf die Insel zurück. Ich vermute, es war ihnen einfach zu peinlich, an den Ort ihrer Schande zurückzukehren. Oder sie befürchteten, es mit den schlauen Iren niemals aufnehmen zu können und überließen ihnen deswegen gleich kampflos das Feld.“
„Müsst ihr Iren immer und für alles irgendwelche Heilige und Geister verantwortlich machen?“
„Die meiste Zeit meines Lebens habe ich in Deutschland verbracht“, sagte er behutsam, als würde er ein großes Geheimnis offenbaren.
„Dann benimm dich gefälligst auch wie ein Deutscher!“
„Dafür wiederum fließt zu viel irisches Blut durch meine Adern. Sich wie ein Ire zu fühlen , ist vermutlich sogar ansteckend. Also, Vorsicht, Wireless ! Du solltest niemals vergessen, dass du hier in Irland bist“, erinnerte er sie in einem Ton, der seine Verwunderung verriet. „Es ist das Land der Heiligen und Gelehrten …“
„… der Legenden und der Elfen“, g iftete sie zurück. „Wie könnte ich das vergessen? Ich werde bloß jeden verfluchten Tag daran erinnert, dass es bei euch nicht mit rechten Dingen zugeht und sich sogar Märchen als wahre Geschichten herausstellen.“
Die jäh eintretende Stille machte ihr deutlich, dass sie damit schlafende Hunde geweckt hatte – was beinahe genauso fatal war wie eine Begegnung mit Schlangen.
„Tatsächlich?“ Nun war es an Matthias überrascht aufzublicken. „Wie das?“
„Ach, nur so“, erwiderte sie mit kleinlauter Stimme, die so wenig zu ihrem Groll vor wenigen Sekunden passte, dass sie unwillkürlich Clausings Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Sie trat einen Schritt zurück und wendete den Kopf, als hätte sie Angst , der Graf könnte ihr selbst bei dieser Dunkelheit die Wahrheit auf dem Gesicht ablesen.
„ Von welchen wahren Geschichten hast du gehört? Hast du mit Máire … Hat sie dir irgendwas … irgendwelche Märchen erzählt?“, fragte er lauernd.
„Du würdest mir ganz bestimmt nicht glauben, Matt’n. Ist ziemlich kompliziert. Auß erdem ist es schon spät. Hör doch bloß, wie mein Magen knurrt.“
Dabei hätte sie jetzt nicht einen Bissen runter gekriegt, dermaßen schlecht war ihr vor Angst. Allerdings wusste sie genauso gut, dass sie ihm über kurz oder lang die Wahrheit eröffnen musste und vermutlich in gerade diesem Augenblick die Ouvertüre gespielt wurde.
„Oder Ean? Seine Spezialität sind Horrorgeschichten vom kopflosen Dullahan. Keine Angst, dieser Fiesling betätigt sich ausschließlich in den entlegenen Teilen von Sliego und Down im Norden. Hier kann uns nichts passieren. Mmmh?“
Einen letzten Versuch noch, bitte! „Es war nicht so wichtig, Matt’n.“
„ Du erzählst leider Gottes viel, aber es ist nicht deine Gewohnheit, sinnloses Zeug zu plappern“, beharrte er auf einer Antwort, selbst wenn er dafür eine schamlose Lüge bemühen musste. „Also, wer hat
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