... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
seinen richtigen Namen!“
Sie verfolgte mit schreckgeweiteten Augen, wie er den Hang hinab stolperte.
„Scheiße! Scheißescheißescheiße! Warum habe ich nicht die Klappe gehalten? So wollte ich ihm das nicht sagen. Bestimmt nicht so. Warum musste ich überhaupt was sagen? Vierzig Jahre lang hat niemand mit ihm darüber geredet. Nicht einer der sechs Milliarden Menschen dieser Erde. Nicht einer! Kein einziger der vier Millionen geschwätzigen Iren. Und das will ja nun echt was heißen. Nicht mal die Ó Briains haben es gewagt. Aber ich! Ha! Ich natürlich muss hier den Helden spielen. Meschugge! Total bekloppt! Ich hab wirklich nicht mehr alle beisammen. Dabei geht mich das überhaupt nichts an. Warum ausgerechnet ich?!“
Langsam schlich sie den Hügel hinab, nachdem sie eine ganze Weile vergeblich in der Dunkelheit nach Máires Picknickkorb gesucht hatte. Die Haushälterin würde seinen Verlust verschmerzen. Wie es aussah, war heute eine ganze Menge mehr kaputtgegangen.
Seufzend blieb Suse stehen und hob den Kopf. Das Herrenhaus trug noch immer Festbeleuchtung. In sämtlichen Räumen des Erdgeschosses brannten die Lichter. Welch ein Aufwand für ein simples Abendessen! Aber genau das wurde wahrscheinlich von dem Grafen erwartet, ob er selber es nun wollte oder nicht.
Ach, verflucht! Sie hätte sich wahrlich nichts vergeben, wenn sie ihm den Gefallen getan hätte und einen Abend lang zur Belustigung seiner Gäste aufgetreten wäre.
Als sie die Obstbäume erreichte, schalteten sich die bei Tag kaum erkennbaren niedrigen Leuchten ein. Zögerlich setzte sie einen Fuß vor den anderen, bis Draíodóir sie sacht in den Rücken stupste. Sie bemerkte, dass dieses teuflische Tier sie anstarrte, als wäre sie ein riesiges Stück Würfelzucker.
„Was willst du?“
Der Hengst schien die Achseln zu zucken. Suse hatte gar nicht gewusst, dass Pferde so etwas konnten, andererseits hatte sie sich auch nie träumen lassen, dass sie sich einmal mit einem vierbeinigen Schreckgespenst unterhalten würde.
„Du hältst diese ganze Sache wohl für ziemlich albern?“
Draíodóir gähnte.
„Ist ja gut, du Monster. Glaubst du, ich benötige einen Bodyguard?“
Es war lediglich eine rhetorische Frage, Draíodóir indessen, der heute offenbar seinen guten Tag hatte – oder ganz einfach bloß Mitleid mit ihr? –, gab ein leichtes Schnauben von sich.
„Wieso drängelst du so?“, knurrte sie, als sie erneut seine Nüstern an ihrer Schulter spürte, und wich zur Seite aus. Er schlug sanft mit dem Schweif, während er vorgab, die Aussicht zu bewundern.
„Geh halt vor, wenn du’s eilig hast, du mieser Schauspieler. Und überhaupt hast du hier gar nichts verloren. Ean wird Pferdewurst aus dir machen, wenn er dich in seinem Garten erwischt. Spätestens dann werden wir ja sehen, wem hier das Lachen vergeht.“
Der Rappe schnaubte verächtlich, denn vermutlich ahnte er, dass zuerst sie es sein würde, der heute das Lachen verging.
„Bilde dir bloß nicht ein, ich könnte dich leiden.“
Draíodóir schien wieder die Achseln zu zucken und machte keine Anstalten, ihr zu widersprechen.
Durch die hohen Fenster der Bibliothek erkannte sie den ruhelos hin und her wandernden Schatten des Hausherrn. Noch hatte sie keine Idee, wie sie Matthias begegnen, was zu ihm sagen sollte. Eins allerdings wusste sie mit Sicherheit, nämlich dass sie ihn nicht zu lange sich selbst überlassen durfte. Diese Nacht schien ihr wie geschaffen dafür, sich zu Tode zu saufen.
„Susanne?“
Sie stieß einen spitzen Schrei aus, als Éamonn aus der Dunkelheit auftauchte und voll Verwunderung beobachtete, wie Suse puterrot anlief. Offenbar hatte bereits die Runde gemacht, dass es einmal mehr Ärger zwischen dem Hausherrn und seinem widerspenstigen Gast gegeben hatte.
„Sprichst du mit Draíodóir ?“
„Ich? Nein . Wieso?“
„Ich hätte schwören können, du hättest etwas gesagt.“
Sie seufzte lediglich und drückte dem Stallburschen wortlos die Zügel in die Hand.
„Geh zu ihm, bevor er alles kurz und klein schlägt“, murmelte er.
Suse wartete, bis sich É amonn in Bewegung setzte. Einen winzigen Augenblick noch wollte sie tief durchatmen, nur für den Fall, dass sie die bevorstehende Konfrontation nicht überleben sollte „
Ich rede tatsächlich mit einem Gaul. Verrückt! Vollkommen verrückt!“
Um das Ganze noch schlimmer zu machen, drehte sich Draíodóir noch einmal um und nickte ihr zu.
Sie öffnete die Tür und
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