... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
einen Moment inne , holte umständlich ein Taschentuch hervor und tupfte sich mit einer dramatischen Geste den Schweiß von der Halbglatze. Er zwinkerte Suse und Stiofán zu und holte zu einer weiten Armbewegung aus.
„Wie diesen prachtvollen Festungsbau, den wir hier vor uns haben: King John’s Castle , errichtet für König John Lackland , in den deutschsprachigen Landen als Johann Ohneland bekannt. Er war der vierte Sohn von Heinrich II., welcher schon zu Lebzeiten gezwungen worden war, sein Reich aufzuteilen und seine Nachfolger zu bestimmen. Der jüngste Sohn Johann erhielt demnach Irland und nach dem Tod seines Bruders Richard Löwenherz obendrein die englische Krone. Sie sehen, das weitere Schicksal Irlands blieb im Gegensatz zur ursprünglichen Planung direkt mit dem des Königreichs England verbunden.
Und nun, meine verehrten Herrschaften, lade ich Sie ein auf einen Rundgang durch King John’s Castle . Lassen Sie sich verzaubern von achthundert Jahren Geschichte, die durch Animationen und interaktive Effekte zum Leben erweckt werden. Lauschen Sie im Nordostturm König Johann Ohneland, was er über sich selbst zu sagen hat. Im rekonstruierten Schlosshof können Sie Handwerkern bei der Ausübung ihres Gewerbes über die Schulter sehen. Besichtigen Sie ebenfalls die Unterkünfte der Offiziere aus dem dreizehnten Jahrhundert und vergessen Sie nicht sich anzuschauen, wie Münzen in der Königlichen Münze von König John geprägt wurden.
Und so weiter und so fort . Fort, nur fort mit euch“, bemerkte Ruadhrai leise an Suse gewandt, bevor er erneut die Stimme erhob.
„Auf der gegenüberliegenden Seite, am westlichen Ende der Thomond-Bridge , können Sie abschließend ein weiteres Symbol der englischen Wortbrüchigkeit besichtigen, den Treaty Stone , einen Kalksteinblock, auf dem 1691 der Vertrag von Limerick unterzeichnet worden sein soll. Er garantierte den Katholiken die Freiheit der Religionsausübung und einige weitere Rechte. Der Vertrag wurde jedoch – wen wundert’s? – von den Engländern gebrochen, um die Vorherrschaft der Protestanten in Irland weiter zu stabilisieren.
D ieses Kapitel der Geschichte – Jakob II. und Wilhelm III. von Oranien, der ‚ Cogadh an dá Rí ’, die ‚Flucht der Wildgänse’, die Schlacht am River Boyne – behandeln wir später noch ausführlich.
In einer halben Stunde treffen wir uns hier am Ausgang. Und wir drei“, damit legte er Suse seinen Arm um die Schulter, während er Stiofán an die Hand nahm, „genehmigen uns einen Kaffee. Den hier kann man gut trinken.“
„Ich mag aber keinen Kaffee, daideo .“
„Was dann, mo chroí ?“ Er kramte in seiner Hosentasche und drückte Stiofán ein paar Münzen in die Hand. „Hol dir ein Eis oder Limonade oder was immer du gerade möchtest.“
„Ist das nicht langweilig für d en Kleinen? Den ganzen Tag mit alten Tanten durch noch älteres Gemäuer laufen und still zuhören?“
„ Er liebt diese Geschichten. Er ist übrigens der Älteste meiner Enkelkinder. Lisa ist drei und Trevor wird ein Jahr alt.“
„Lisa Sheehan?“
„Ah, du kennst sie? Ein liebes Ding, nicht wahr? Alles die Kinder meiner mittleren Tochter. Die anderen vier sind noch unverheiratet, wollen erst ordentlich Geld verdienen, ehe sie sich um die Fortpflanzung kümmern.“
„Dann bist du also irgendwie mit Seánín verwandt?“
„Irgendwie ja. Aber um genau zu sein, ist halb Killenymore miteinander verwandt. Und die andere Hälfte mit sich selber.“
„Geht das eigentlich immer so kurz und schmerzlos bei dir ab?“, erkundigte sich Suse und deutete auf die deutschen Touristen, die sich gehorsam auf den Weg hinüber zum Treaty Stone gemacht hatten, um auch von diesem historisch bedeutsamen Denkmal Bilder zu schießen, die ein paar Wochen später in einem Fotoalbum vergilben würden.
„Neeein.“ Ruadhrai tat, als müsste er angestrengt überlegen. „ Schmerzlos? Mmmh, nicht immer. Und selten so kurz.“
„Noch ein er dieser Angeber“, lachte Suse und zog eine Grimasse. „Dabei hätte es noch eine Unmenge an Wissenswertem zu erzählen gegeben. Über die Burg, die Wikinger und die Anglo-Normannen. Über Irland und die Iren, allen voran Brian Ború und die Dál gCais …“
„Darf ich bemerken, dass du nich t als Touristin hier bist, Suse, obwohl du dir so manches Mal etwas anderes einzureden versuchst. Oh, ich weiß, wie stolz die Ó Briains sind, Brian Ború zu ihren Ahnen zählen zu dürfen. Und das ganz zu Recht. Doch
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