... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
wiegte sich verführerisch in den Hüften. Der weite Rock mit den duftenden Blüten schwang um ihre schlanken Beine. Die bestickte Bluse, deren Ausschnitt mit einem Band je nach Bedarf verschnürt oder geöffnet werden konnte, gewährte ihm einen verlockenden Blick auf ihre Schultern. Eine Bluse, die jedem Mann, der nicht gerade im Koma lag, deutlich machte, was sich darunter verbarg.
Als sich ihre Blicke trafen, stutzte sie. Sie hatte mit ungehaltener Wut , spitzen Worten oder einer ähnlich ärgerlichen Reaktion von ihm gerechnet, allerdings nicht mit einem solchen Blick. Diese Augen machten sie nervös. Wunderschöne, tiefblaue Augen, die plötzlich schwarz und ohne Hoffnung waren. Dafür voller Misstrauen und Zweifel. Schätzte er seine Chancen gegen den jüngeren, stets vergnügten und mindestens ebenso gut aussehenden Ean derart gering ein?
Irgendwann konnte sie es nicht mehr ertragen , den Schmerz darin zu sehen, und wandte den Kopf ab.
„Ich möchte einmal nur eine vernünftige Antwort von dir auf meine Fragen erhalten “, mahnte er leise, während er sich mit der flachen Hand über die Stirn und seine Augen fuhr. Die sterbliche Seele, die sie für kurze Zeit wahrgenommen hatte, war wieder unter einer dicken Schicht Snobismus und Unnahbarkeit verborgen. „Ist das zu viel verlangt?“
„Ja, zur Hölle , ich bin auf dem Weg zu Ean. Na und? Oder war es Fearghais, der mir versprochen hat, mich ins Dorf zu begleiten und mich mit seinen Freunden bekannt zu machen? Du bist ja bereits zu alt für diesen heidnischen Unsinn“, zitierte sie ihn mit spöttischem Unterton. „Und damit hast du zweifellos Recht.“
„Aber er liebt dich nicht.“
„Er …“ Seine hastig hervorgestoßene Feststellung verschlug ihr zunächst die Sprache. Sie holte tief Luft und atmete vor Erstaunen pfeifend aus. Dann platzte sie lachend heraus: „Matt’n, du meine Güte, das ist absolut lächerlich!“
Es war tatsächlich Eifersucht , wie es primitiver nicht ging!
„Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Wieso sollte er oder sonst irgendein Mensch tiefer gehende Gefühle für mich hegen, bloß weil ich mich heute Nacht ein bisschen vergnügen will? Ist es nicht das, was man an Beltane tut?“
„ Genau! Beltane ist … es ist … nun …“
Der sonst so souveräne Schiffskapitän, Beherrscher von Mensch und Maschine, wand sich um eine Antwort und sah mit einem Mal unheimlich verlegen aus, was Suse wiederum sichtlich amüsierte.
„Bei diesem Fest der alten Kelten brannten die Feuer der Reinigung. Es ist ein Fruchtbarkeitsfest ! Und dafür ist es noch heute berühmt.“
Es schien unmöglich , doch seine Miene verdüsterte sich noch mehr. „Oder deutlicher ausgedrückt: Beltane ist berüchtigt wegen seiner unkontrollierbaren Auswirkungen auf das Verhalten der Menschen.“
„ Wie passend, denn genau danach steht mir heute der Sinn.“ Ihre Lippen öffneten sich zu einem spöttischen Lächeln. Sie wusste genau, woran er gerade dachte. „Und du meinst also, die Leute glauben nach wie vor, sie könnten mit einem im Freien vollzogenen Liebesakt ebenfalls die Fruchtbarkeit der Natur steigern? Wächst da lediglich das Getreide besser oder generell alles, was die Natur so an Wunderlichkeiten hervorbringt?“
Gequält schloss er die Augen. Schubladen öffneten sich wie auf Kommando und ließen Bilder frei, die er vergeblich aus seinem Gedächtnis zu verbannen versucht hatte. Suse und er selber an Bord des Kühlschiffes „Heinrich“. Ihr zarter Körper neben seinem. Nie zuvor hatte er seine Größe bedauert, aber als er Suse auf sein Bett gelegt hatte, waren ihm ernste Bedenken gekommen. Als er sie dann behutsam auf sich zog, hatte er sich eines Besseren belehren lassen. Sie harmonierten perfekt.
Warum tat die Vorstellung so weh, dass Fearghais oder Ean oder irgendein anderer aus dem Ort mit ihr …
„Ja. Genau das meinte ich. Niemand wird für das verantwortlich gemacht, was in dieser Nacht geschieht. Am Vorabend von Beltane und Samhain dürfen sich die Frauen … zumindest in vorchristlicher Zeit durfte sich jede aus den zur Verfügung stehenden Männern einen … einen Liebhaber für diese Nacht aussuchen.“
Er beobachtete, wie sich Suses Augen weiteten und ihr der Mund offen stand. In freudiger Erwartung? Oder war es lediglich Überraschung? Ihre Zungenspitze lugte zwischen den Zähnen hervor und fuhr über ihre kirschroten Lippen.
„Es gelten weder Regeln noch Gesetze. Und deswegen solltest du nicht mit
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