Dann eben nicht, Jeeves
den glotzenden Gast betrachtete, galt – offen gestanden – meine ganze Sympathie dem ersteren. Es war, fand ich, sein gutes Recht, alle ihm zur Verfügung stehenden Fäuste zu schütteln.
Ich meine, stellen Sie sich das doch mal vor. Da hatte er im Bett gelegen und ein bißchen sinniert – worüber französische Köche eben sinnieren, wenn sie im Bett liegen –, und plötzlich bemerkte er dieses schreckliche Gesicht vor dem Fenster. So was bringt doch auch den Phlegmatischsten aus der Fassung. Ich möchte jedenfalls nicht ahnungslos im Bett liegen und auf einmal mit Gussie konfrontiert sein. Es gilt nun mal der alte Wahlspruch »Mein Bett ist meine Burg«, und da hat man es nicht gerne, wenn urplötzlich irgendwelche Visagen auftauchen und einen anstarren.
Während ich noch dastand und solchen Gedanken nachhing, kam Tante Dahlia in ihrer praktischen Art gleich zum Kern der Sache.
»Was ist denn hier los?«
Anatole machte eine Art Gymnastikübung, die in den Hüftgelenken begann und sich dann über die Schulterblätter in den Nacken fortsetzte.
Dann erklärte er es ihr.
Bei meinen Unterhaltungen mit diesem Wundertäter habe ich sein Englisch immer recht fließend gefunden, wenn auch ein bißchen buntscheckig. Wie Sie wissen, hat er eine Zeitlang für Bingo Littles Frau gearbeitet, bevor er nach Brinkley kam, und zweifellos hat er einiges von Bingo aufgeschnappt. Davor war er ein paar Jahre bei einer amerikanischen Familie in Nizza gewesen und hatte bei deren Chauffeur Stunden genommen, einem aus dem Maloney-Clan von Brooklyn. Durch die gemeinsamen Bemühungen von Bingo und Maloney ist also sein Englisch, wie gesagt, fließend, aber etwas buntscheckig.
Hier gebe ich einige Kostproben:
»O, Mann! Sie fragen, was ist los? Paß auf. ’Ören Sie mir zu. Isch ’abe misch auf mein Ohr gelegt, aber isch schlaffe nischt gut, also isch wache auf und sehe nach oben, und da ist ein Typ, der mir Gesichter schneidet dursch die verdammte Fenster. Na, ist das womöglisch eine feine Art? Ge’ört es sisch? Wenn Sie glauben, das macht mir nix, dann ’ast du disch geschnitten. Isch ’abe eine stinkende Wut. Ist das nischt klar, oder? Isch bin Mensch wie jeder. Das ist eine Schlaffzimmer, nein? Und keine ’aus für Affen. Gut. Wieso dürfen dann Kerle vor mein Fenster mit Quietschvergnügen sitzen und mir die Gesichter schneiden?«
»Genau«, sagte ich. Der Mann hatte völlig recht.
Er warf wieder einen Blick hinauf zu Gussie und machte dann Übung No. 2, bei der man sich erst am Schnurrbart zerrt und dann Fliegen fängt.
»Sekündschen; isch bin nicht fertig noch. Isch sage, isch sehe diesen Typ vor mein Fenster, und er macht die Gesichter. Aber was dann? Zieht er vielleicht die Leine, wenn isch schrei ihn an? Läßt er mich friedlich? Er denkt nischt daran. Er bleibt wie gewachsen und glotzt wie Katze, wenn sie sieht Ente. Er macht grimaces und noch mehr grimaces, und je mehr sage isch ihn, er soll verdüften, desto weniger er verdüftet. Er ruft mir etwas, und ich frage, was wünscht er, aber er erklärt es nischt. O nein! Er rümpft nur die Schultern. Solcher Blödsinn! Glaubst du, isch lache vor so was? So ein Quatsch tut mir weh. Isch glaube, der arme Irre piept. Je me fiche de ce type infect. C’est idiot de faire comme ça l’oiseau … Allez-vous-en, louffier … Sagen Sie diesem armen Leuchter, er soll verschwinden. Wahrscheinlich er ist total plomplom.«
Ich fand das alles sehr vernünftig, und Tante Dahlia dachte offenbar genauso. Sie legte eine zitternde Hand auf seine Schulter. »Das werde ich, Monsieur Anatole, das werde ich«, sagte sie, und ich hätte nie gedacht, daß ihre sonst so robuste Stimme regelrecht gurren könnte. Sie klang buchstäblich wie eine Ringeltaube, die ihren Gefährten lockt. »Es ist schon gut.«
Da hatte sie das Falsche gesagt. Er machte Turnübung No. 3.
»Schon gut? Nom d’un nom d’un nom! Nix ist schon gut, verdammt! Mach mal eine Pünkt, meine Liebe. Schon ist nix gut. Isch versteh Späße, nischt wahr! Aber isch finde es unfein, wenn man sisch läscherlisch macht vor mein Fenster. Das verbiete isch mir! Isch bin ein ernstlischer Mensch. Isch wünsche keine lüstige Dinger vor mein Fenster. So was stinkt mir. Gut ist schon gar nix. Wenn solcher ’Oküspoküs vorkommt, bleibe isch noch nischt weiter in diese ’aus mehr. Isch ’aue ab, und isch ’alte es nischt länger.«
Das waren natürlich drohende Worte, und es überraschte mich deshalb nicht, daß Tante
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