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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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ja schon oft gesagt: Frauen sind etwas Merkwürdiges. Der alte Nietzsche hatte völlig recht, als er das mit der Peitsche und dem Weibe schrieb.
    Unter den obwaltenden Umständen blieb mir nur eins: ins Speisezimmer zu tippeln und mich an das kalte Büffet zu halten, von dem Jeeves gesprochen hatte. Ich brauchte dringend etwas Nahrhaftes, denn das kürzlich beendete Gespräch hatte an meinen Kräften gezehrt. Wenn die Wogen der Leidenschaft hochschlagen, geht einem das nun mal an die Substanz, so daß man Appetit auf Roastbeef und Schinken bekommt.
    Also begab ich mich ins Speisezimmer, und kaum hatte ich die Schwelle überschritten, als ich Tante Dahlia entdeckte, die am Büffet stand und sich eine große Portion Lachs mit Mayonnaise auf den Teller lud.
    Der Anblick veranlaßte mich zu einem kurzen »Oh, äh«, denn ich war etwas in Verlegenheit. Bei meinem letzten Zusammentreffen mit der alten Anverwandten hatte diese, wie man sich erinnern wird, Pläne entwickelt, wie ich mich im Küchenteich ertränken könnte, und ich war mir nicht ganz sicher, wie ich gegenwärtig bei ihr angeschrieben war.
    Ich war deshalb erleichtert, als ich sie in versöhnlicher Stimmung fand. Die Herzlichkeit, mit der sie ihre Gabel schwenkte, war echt.
    »Hallo, Bertie, du alter Tagedieb«, begrüßte sie mich in ihrer kernigen Art, »ich hab’s mir doch gleich gedacht, daß ich dir am Futtertrog begegnen würde. Du mußt mal diesen Lachs versuchen. Köstlich.«
    »Von Anatole?« erkundigte ich mich.
    »Nein, der liegt noch im Bett. Aber das Küchenmädchen entwickelt auf einmal Talent. Anscheinend hat sie begriffen, daß sie es hier nicht mit Aasgeiern zu tun hat, und bereitet jetzt Dinge zu, die für den menschlichen Verzehr durchaus geeignet sind. In dem Mädchen steckt eben doch ein guter Kern, und ich wünsche ihr bei diesem Ball viel Spaß.«
    Ich nahm mir ein paar Löffelvoll von dem Lachs, und dann entspann sich zwischen uns eine ungezwungene Plauderei über den Ball des Dienstpersonals bei den Stretchley-Budds, in deren Verlauf wir, wie ich mich erinnere, uns vorzustellen versuchten, was für eine Figur Seppings, der Butler, bei der Rumba abgeben würde.
    Ich hatte bereits den ersten Teller leer gegessen und mir zum zweitenmal genommen, als das Gespräch auf Gussie kam. Wenn man bedenkt, was an diesem Nachmittag in Market Snodsbury vorgefallen war, hätte man denken sollen, daß sie früher darauf zu sprechen kommen würde. Als sie nun darauf zu sprechen kam, merkte ich, daß sie von Angelas Verlobung noch gar nichts wußte.
    »Sag mal, Bertie«, sagte sie nachdenklich, den Mund voll Obstsalat. »Dieser Spink-Bottle.«
    »Nottle.«
    »Bottle«, beharrte die Tante mit Nachdruck. »Nach der Vorstellung, die er uns heute nachmittag gegeben hat, wird er für mich immer nur Bottle heißen. Aber was ich eigentlich sagen wollte: Wenn du ihn siehst, dann sag ihm bitte einen schönen Gruß von mir und er hätte einer alten Frau eine sehr, sehr große Freude gemacht. Wenn man von dem einen Mal absieht, als der Vikar auf seinen Schnürsenkel trat und die Treppe der Kanzel herunterfiel, war es, glaube ich, der schönste Augenblick meines Lebens, als der gute Bottle vom Podium herab meinem Tom die Leviten las. Ich finde überhaupt, daß er sich während der ganzen Vorstellung tadellos benommen hat.«
    Das konnte ich nicht unwidersprochen hinnehmen.
    »Diese Anspielungen auf mich …«
    »Die haben mir am zweitbesten gefallen. Ich fand sie großartig. Stimmt es, daß du geschummelt hast, als du den Preis für Bibelfestigkeit bekamst?«
    »Selbstverständlich nicht. Diese Auszeichnung war die Frucht intensiver und hingebungsvoller Arbeit.«
    »Und wie steht’s mit dem Pessimismus? Bist du ein Pessimist, Bertie?«
    Fast hätte ich ihr geantwortet, die Vorfälle in diesem Haus machten mich allmählich zu einem, aber dann sagte ich nein, ich sei keiner.
    »So ist’s recht. Man darf nie pessimistisch sein. Alles ist aufs beste bestellt in dieser besten aller möglichen Welten. Was lange währt, wird endlich gut. Man muß immer an sein Glück glauben. Nach Regen kommt Sonnenschein. – Probier mal diesen Salat.«
    Ich folgte ihrem Rat, aber während ich mit dem Löffel hantierte, waren meine Gedanken ganz woanders. Ich war nämlich verwundert. Vielleicht kam mir ihre Fröhlichkeit nur deshalb so sonderbar vor, weil ich die letzte Zeit fast ausschließlich in der Gesellschaft leidgeprüfter Seelen zugebracht hatte, aber sonderbar kam sie mir auf

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