Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
einen richtigen Schock, als ich einen Wegweiser studierte und plötzlich obendrauf eine Eule sitzen sah, die meiner Tante Agatha wie aus dem Gesicht geschnitten war. Ich war mittlerweile mit den Nerven so fertig, daß ich im ersten Augenblick sogar glaubte, das sei überhaupt Tante Agatha, bis mir dann mein Verstand sagte, daß es nicht ihren Lebensgewohnheiten entsprach, sich nachts auf Wegweiser zu hocken. Erst dann ließ mein Zittern nach.
    Die Folge dieser seelischen Strapazen und der Überbeanspruchung von Sitzpartie und Waden war, daß der Bertram Wooster, der schließlich vor dem Eingang von Kingham Manor erschöpft aus dem Sattel sank, nicht mehr derselbe Bertram war, den man in Bond Street und Piccadilly als lebenslustigen Flaneur kennt.
    Auch dem uneingeweihten Betrachter konnte es nicht entgehen, daß an diesem Abend in Kingham Manor etwas los war. Die Fenster waren hell erleuchtet, Musik lag in der Luft, und als ich näher kam, vernahm ich das zischelnde Schlurfen von Butlern, Kammerdienern, Chauffeuren, Kammerzofen, Küchenmädchen, Reitknechten und, wie ich vermute, Köchinnen, die emsig das Tanzbein schwangen. Es klang alles, mit einem Wort, nach nächtlicher Lustbarkeit.
    Das Tanzvergnügen fand in einem Saal zu ebener Erde statt, dessen hohe Terrassentüren die Auffahrt vor dem Haus erhellten, und durch eine solche Tür trat ich nun. Eine Kapelle spielte etwas Schmissiges, und unter anderen Umständen hätte es mich bei diesen Klängen vermutlich in den Füßen gejuckt. Aber ich hatte schließlich Wichtigeres zu tun, als dazustehen und im Takt zu hopsen.
    Ich wollte den Schlüssel zur Hintertür, und ich wollte ihn subito.
    Ich musterte die Menge im Saal, fand es jedoch schwer, Seppings darin auszumachen. Dann entdeckte ich ihn aber, wie er mitten auf dem Parkett akrobatische Kunststückchen vollführte. Ich hallote ein paarmal, aber er war zu sehr mit seinen Verrenkungen beschäftigt, um sich ablenken zu lassen, und erst, als er durch das Gewimmel auf der Tanzfläche in meine Nähe geschoben wurde, konnte ich ihn mit einem raschen Knuff in die Rippen auf mich aufmerksam machen.
    Er wurde dadurch so überrascht, daß er seiner Partnerin auf den Fuß trat, und folglich drehte er sich recht unwirsch um. Als er jedoch Bertram erkannte, trat Erstaunen an die Stelle der Unwirschheit.
    »Mr. Wooster!«
    Für Small talk war ich jetzt aber nicht in der richtigen Stimmung. »Nicht soviel ›Mr. Wooster‹ und dafür mehr Hausschlüssel«, sagte ich kurz. »Geben Sie mir den Schlüssel für die Hintertür, Seppings.«
    Er begriff anscheinend nicht ganz.
    »Den Schlüssel für die Hintertür, Sir?«
    »Sehr richtig. Den Schlüssel für die Hintertür von Brinkley Court.«
    »Aber der ist doch in Brinkley, Sir.«
    Ich schnalzte unwillig mit der Zunge.
    »Seien Sie nicht albern, Verehrtester«, sagte ich. »Ich mache doch keine Fahrradtour von neun Meilen, um mir Ihre faulen Witze anzuhören. Der Schlüssel steckt in Ihrer Hosentasche.«
    »Nein, Sir. Ich habe ihn Mr. Jeeves gegeben.«
    »Sie haben was getan?!«
    »Ja, Sir. Kurz bevor ich ging. Mr. Jeeves sagte, er wolle noch ein wenig im Garten Spazierengehen, bevor er sich zur Ruhe begebe. Er sollte den Schlüssel vor das Küchenfenster legen.«
    Wortlos starrte ich den Mann an. Sein Blick war frei, seine Hand ruhig. Er wirkte ganz und gar nicht wie ein Butler, der ein paar über den Durst getrunken hat.
    »Wollen Sie damit sagen, daß sich der Schlüssel schon die ganze Zeit in Jeeves’ Besitz befindet?«
    »Ja, Sir.«
    Ich war sprachlos. In meiner Erregung versagten mir die Stimmbänder ihren Dienst. Ich war total durcheinander. Aber eins stand für mich zweifelsfrei fest: Aus irgendeinem vorläufig noch ungeklärten Grund, dem ich aber mit Sicherheit nachgehen würde, sobald ich mit diesem mörderischen Stahlroß die neun Meilen über die einsame Landstraße zurückgekeucht war und ihn mir vorknöpfen konnte, hatte Jeeves mich aufs Kreuz gelegt. Obwohl er die Lage jederzeit hätte klären können, hatte er Tante Dahlia & Co. en déshabillé draußen auf dem Rasen schnattern lassen und, was noch schlimmer ist, ungerührt zugesehen, wie sich sein junger Brotherr auf eine völlig überflüssige 18-Meilen-Fahrradexpedition begab.
    Das hätte ich ihm nun wirklich nicht zugetraut. Seinem Onkel Cyril, ja. Mit seinem abartigen Sinn für Humor wäre sein Onkel Cyril möglicherweise zu so was imstande gewesen. Aber ausgerechnet Jeeves …
    Ich schwang mich aufs

Weitere Kostenlose Bücher