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Dann fressen ihn die Raben

Dann fressen ihn die Raben

Titel: Dann fressen ihn die Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Meinke
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für jedes beschissene Klassenfest einen beschissenen Kuchen gebacken. Und ich habe mein ganzes Leben lang dafür geackert, dass wir was zu Essen auf dem Tisch stehen hatten. Euer Vater war dazu nicht in der Lage. Aber ich. Und jetzt will ich gefälligst auch mal ein bisschen Ruhe haben. Das könntest du mir ruhig mal gönnen.“
    Sandra wurde still. Meine Mutter auch. Es war, als würde plötzlich die ganze Küche zu Eis gefrieren.
    „Und was ist mit Henrik, Mama?“
    „Verpiss dich gefälligst!“, schrie meine Mutter plötzlich unkontrolliert, mit einer Stimme, die so schrill war, dass sie sogar eine Fledermaus aus der Flugbahn geworfen hätte. „Dann geh doch zu Katinka! Oder zu deinem Vater. Du wirst schon sehen, was für eine tolle Unterstützung er ist.“
    Sandra fing an, ihre Schuhe auszuziehen. Goldene Sneakers von Asics . Erst den rechten.
    „Sandramäuschen“, sagte meine Mutter. „Es tut mir leid.“
    Dann den linken. Dann öffnete sie mit einer Hand die Haustür und zeigte mit der anderen auf Henrik.
    „Warum ausgerechnet der?“
    Und weg war sie.
    Die Tür fiel mit einem Knall ins Schloss. Henrik massierte wieder drauflos wie der Teufel. Die goldenen Schuhe waren ein Weihnachtsgeschenk von meiner Mutter gewesen.
    Ich ging zu den Basketballplätzen. Auf mein Projekt konnte ich mich jetzt beim besten Willen nicht konzentrieren. In meinem Kopf rumorte der Katzenschutzverein – mit dem Ärger zu Hause als einer maroden Hintergrundkulisse, die jeden Moment einstürzen konnte. Umso schöner war es, meine Kumpels Schiebetür und Sune wiederzusehen. Und Liv natürlich. Sie übtengerade Dunking – mehr oder weniger erfolgreich. Noch dazu verlor Sune ständig seine Mütze mit dem superbreiten Schirm.
    „Hat deine Mutter Sandra wirklich als dumme Sau bezeichnet?“, fragte Liv.
    „Nein, ganz so schlimm dann doch nicht. Aber als undankbares Miststück.“
    „Was würde eigentlich passieren, wenn du mitziehst, Nick?“
    „Dann werde ich zum Dorftrottel. Klaue Autos, hänge auf dem Supermarktparkplatz rum und esse Rouladen, die ich dort habe mitgehen lassen. Und ich suche mir Freunde, die Zweikomponentenkleber schnüffeln und sich Speed durch die Nase ziehen, um ihr Dasein erträglicher zu gestalten.“ Mateus grinste.
    „Oh Mann“, sagte er und konnte sich vor Lachen kaum noch halten, „und dann suchst du dir eine Freundin, die Jessi heißt, und nächstes Jahr zieht ihr zusammen, in zwei Jahren legt ihr euch einen Hund zu und in drei Jahren ein Kind.“
    „Ach halt doch den Mund. Sonst fange ich an, deinem Vater Heiratsanzeigen zu schicken.“
    „Zu spät, der ist sowieso schon bei Dating.dk“, antwortete Mateus mit einem nicht mehr ganz so breiten Grinsen.
    „Ihr habt eure Eltern wirklich nicht im Griff“, sagte Liv.
    Dann kam Tobias, der routiniert seinen Kapuzenpulli auszog und uns alle abklatschte.
    „Übrigens starten wir morgen unsere erste Aktion“, sagte ich, eigentlich mehr zu Liv.
    „Aktion? Was für eine Aktion?“, fragte sie. Morgenstern. Gerunzelte Stirn. Noch bevor ich sagen konnte, dass es sich um ein Geheimnis handelte, war Mateus da und plapperte drauflos.
    „Stell dir vor, die wollen irgendwelche Katzen befreien!“
    „Katzen? Aus einem Tierheim?“
    „Ja“, antwortete ich.
    „Machst du da auch mit?“, fragte sie Mateus.
    „Nein, nicht heute Abend. Ich muss leider mit meiner Mutter … weggehen.“
    „Nick, erklär mir doch mal eben in zwei Sätzen, warum es für die Katzen besser sein soll, auf der Straße zu leben, als in einer sicheren Umgebung.“
    „In der Wohnung zu leben, ist gegen die Natur der Katzen. Und uns Menschen macht es auch merkwürdig“, antwortete ich prompt und war mit meiner Antwort sehr zufrieden.
    „Jetzt mal ganz ehrlich, Nick. Glaubst du wirklich an diese Scheiße?“
    „Ja, tue ich.“
    Wir hockten eine Weile lang stumm da und beobachteten Tobias und Schiebetür dabei, wie sie Dreipunkter übten.
    „Ach Mateus, was habt ihr eigentlich vor, du und deine Mutter?“, fragte ich beiläufig.
    „Nichts Besonderes. Wir wollen uns einfach nur einen schönen Abend in der Stadt machen.“ Ich begann in einer Gratiszeitung vom Vortag zu blättern.
    „Aha … ist es das Dire-Straits -Konzert?“ Er reagierte nicht.
    „Oder geht ihr etwa zu … nein, das kann doch wohl nicht wahr sein? Andrea Bocelli? Ist es das?“ Er lief knallrot an. „Ha, ich hatte recht!“
    „Jetzt halt endlich die Klappe, du Öko.“
    „Hat er Plácido Domingo im

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