Dann fressen ihn die Raben
Freund von mir“, sagte ich, und man schüttelte sich die Hände und begrüßte sich höflich. Aske wirkte etwas reserviert. Als die anderen sich unterhielten, nahm er mich zur Seite.
„Morgen Abend tun wir’s. Wir befreien die Katzen. Und der Typ da kommt auf keinen Fall mit.“
„Moment mal. Er ist mein Freund. Ich vertraue ihm“, antwortete ich und verspürte nicht übel Lust, eine Rauferei mit Aske anzufangen, so wie früher auf dem Schulhof.
„Ich vertraue nicht mal dir“, entgegnete Aske emotionslos. „Du hast uns noch nichts bewiesen. Es tut mir leid, dass ich so hart sein muss, aber der einzige Grund, warum noch keiner von uns verknackt wurde, ist, dass es bei uns keine undichten Stellen gibt.“
Aske redete immer weiter, und meine Konzentration ließ allmählich nach. Meine Gedanken wanderten von Liv zu Mira zu Rie … Im Hintergrund hörte ich Mateus Vorträge darüber halten, wie ekelhaft Hotdogs waren. Ich riss mich los, um ihm notfallsbeispringen zu können. Wir machten es uns ein bisschen gemütlich, tranken ein paar Bier – und um Mitternacht war ich so abgeschossen, dass ich den Stecker ziehen musste. Ich legte mich in irgendein Zimmer und pennte sofort ein. Gegen vier Uhr nachts wachte ich auf und entdeckte Mateus, der zusammengerollt in einem Sessel schlief, geradezu engelsgleich. Ich rüttelte ihn wach und kam langsam auf Touren. Ich erinnerte mich vage daran, dass Mira versucht hatte, mir die Klamotten vom Leib zu reißen und ich sie verscheucht hatte. Mein Telefon zeigte drei entgangene Anrufe an, alle von Rie.
I ask people why they have deer heads on their walls. They always say because it’s such a beautiful animal. There you go. I think my mother is attractive, but I have photographs of her.
Ellen DeGeneres
Im gleichen Takt, wie meine Füße die Treppe nach unten und in die Küche hineinwackelten, wurde meine Übelkeit schlimmer. Überall auf dem Küchentisch lagen Dokumente mit Büroklammern, Stempeln und Unterschriften verstreut.
Sandra kam mit schnellen Schritten aus dem Wohnzimmer und setzte sich mir gegenüber.
„Ich habe Papa angerufen“, flüsterte sie triumphierend. „Es sieht ganz so aus, als würde er tatsächlich herkommen!“
Ein kleiner Rülpser bahnte sich langsam den Weg von meinem Magen nach oben und verließ zischend meinen Mund.
Dann kam meine Mutter hereingeschneit und heizte die explosive Stimmung zusätzlich an.
„Hallo mein Schatz, hast du einen Kater? Guck mal, wir haben gerade den Kaufvertrag bekommen. Wir müssen nur noch damit zum Anwalt und alles noch mal durchsehen.“
Ich würgte etwas Haferbrei in mich hinein und trank eine halbe Tasse Tee, während meine Mutter lächelnd Gläser aus der Vitrine räumte, sie vorsichtig in alte Zeitungen wickelte und in einen Umzugskarton legte.
Inzwischen hatte es sich auch Henrik mit einer Tasse Kaffee und einem Käsebrot am Tisch bequem gemacht. Käse. Oberlippenbart. Er verhielt sich Sandra gegenüber reserviert, und sie hielt mit ihrem Hass nicht hinterm Berg.
„Wir müssen uns langsam mal einen Plan überlegen, wann wir mit dem Umzug anfangen.“
Mein Kater hinderte mich an einer Reaktion. Ganz anders dagegen Sandra.
„Ich ziehe nicht mit um“, sagte sie und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Meine Mutter entgegnete nichts.
„Ich habe schon mit Katinka ausgemacht, dass ich zu ihr ziehe. Und wenn das nicht geht, kann ich notfalls auch bei Papa wohnen. Wir haben schon darüber gesprochen.“
„Das wirst du nicht, Sandra“, antwortete meine Mutter knapp.
„Ich werde sowieso bald achtzehn. Und dann kann ich tun und lassen, was ich will.“
„Jetzt reg dich doch erst mal ab.“
„Reg dich doch selber ab. Ich habe zwar keinen Einfluss darauf, ob du mit Henrik und seiner Ex zusammenziehst, aber ich kann verdammt noch mal sehr wohl entscheiden, dass ich auf keinen Fall mitkomme.“
Meine Mutter nahm eine handbemalte Porzellantasse und warf sie mit einer solchen Wucht an die Wand, dass die Scherben bis in meinen Haferbrei flogen. Ihr Gesicht bebte vor Zorn, und Henrik eilte sofort zu ihr und massierte ihr die Schultern.
„Jetzt hörst du mir mal gut zu“, sagte meine Mutter mit gebrochener und gleichzeitig doch fester Stimme und befreite sich aus Henriks Massagegriff.
„Ich habe dir jahrelang jeden Tag dein verdammtes Schulbrot geschmiert. Ich habe dich zur Rollschuhbahn und zum Hip-Hop-Tanzen kutschiert. Ich habe deinen Ranzen gepackt, bin zuallen Elternabenden gerannt und habe
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