Dann gib ihm die Axt
gesehen habe, wie Mr. Lidfield sich auch die Nummern aller Wagen in seiner Nähe aufgeschrieben hat. Man wird Sie also sowieso als Zeugin laden. Da müssen Sie doch Partei ergreifen. Sie müssen sich entscheiden, welcher Wagen schuld war.«
»Ich brauche mich überhaupt nicht zu entscheiden«, protestierte Bertha, »und ich brauche auch nicht Partei zu ergreifen.«
»Es sind also noch weitere Zeugen vorhanden?« fragte ich Miß Witson.
»Aber ja.«
»Und zwar?«
»Jede Menge. Ein Mr. Stanberry, eine Mrs. Crail und noch zwei oder drei Personen.«
»Das kann doch recht interessant werden«, sagte ich zu Bertha. »Mich würde interessieren, was Mrs. Crail im Zeugenstand erzählt.«
Bertha schob kriegerisch das Kinn vor. »Eins kann ich Ihnen sagen: Der Kerl, der von links über die Kreuzung kam, fuhr sehr schnell. Er sah, wie Stanberrys Wagen nach links abbog, und dachte, er könnte den übrigen Verkehr schneiden und auch nach links einbiegen.«
Miß Witson nickte. »Ich hatte Vorfahrt. Ich war als erste an der Kreuzung.«
Bertha nickte.
»Außerdem bin nicht ich mit ihm zusammengerasselt«, sagte Miß Witson triumphierend, »sondern er mit mir. Man sieht an den Beulen, daß er direkt in mich hineingefahren ist.«
Bertha wurde plötzlich freundlich. »Nun machen Sie sich mal keine unnötigen Sorgen, Verehrteste. Der Mann ist mit überhöhter Geschwindigkeit über eine Kreuzung gefahren und hat sich die Folgen selber zuzuschreiben. Mir scheint, diese Mrs. Lidfield will aus der Sache noch Profit schlagen.«
Esther Witson streckte Mrs. Cool impulsiv die Hand hin. »Ich bin froh, daß Sie die Sache so sehen, Mrs. Cool. Die Zeit, die Ihnen durch Ihr Erscheinen vor Gericht verlorengeht, wird Ihnen vergütet. Ich kann Ihnen da natürlich noch nichts fest Zusagen, denn das könnte so aussehen, als wollte ich Sie kaufen. Aber ich weiß, daß Sie Geschäftsfrau sind, und wenn Sie dafür Ihre Zeit opfern müssen . ..« Sie lächelte zuckersüß. »Fairneß ist mein oberstes Gebot.«
»Sind Sie nicht versichert?« fragte ich dazwischen.
Miß Witson lachte silberhell. »Ach, wissen Sie, ich bin wohl ein bißchen nachlässig gewesen. Jedenfalls habe ich festgestellt, daß es mit der Versicherung nichts ist. Also vielen Dank, Mrs. Cool. Sie können sich darauf verlassen, daß... Nun, Sie wissen, versprechen kann ich nichts, aber — « Sie lächelte bedeutungsvoll, wünschte uns eine gute Nacht und verschwand.
Bertha schnüffelte. »Dieses Parfüm kostet mindestens fünfzig Dollar pro Flasche. Hast du den Nerz gesehen? Mit solchen Leuten muß man ins Geschäft kommen, mein Kleiner. Beziehungen muß man haben, besonders unter den oberen Zehntausend.«
»Irre ich mich, oder hast du sie als eine glotzäugige Ziege mit Raffzähnen beschrieben, die —«
»Jeder Mensch kann sich mal irren«, erklärte Bertha würdevoll.
8
Das Haus war ein dreistöckiger Klinkerbau. Eine Rezeption hatte es nicht. Die Haustür war mit einem Schnappschloß versehen, und neben dem Eingang befanden sich Klingelknöpfe mit Lautsprechern und Namensschildern.
Ich suchte mir den Namen Stanberry, A. L., und klingelte. Nach ein paar Minuten kam ein schrilles Pfeifen aus dem Lautsprecher, und eine Stimme fragte: »Was wollen Sie?«
Ich legte meinen Mund an den Lautsprecher. »Ich möchte zu Arthur Stanberry.«
»Wer spricht denn da?«
»Mein Name ist Lam.«
»Was wollen Sie von ihm?«
»Raten Sie mal...«
»Presse?«
»Was glauben Sie wohl?«
Der Summer an der Tür ertönte, und ich trat ein.
Archie Stanberry wohnte im Appartement Nummer 533. Ein Lift, der tatsächlich funktionierte, transportierte mich hinauf. Ich klopfte.
Archie Stanberry mochte etwa fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig Jahre alt sein. Sein Gesicht hatte die Farbe eines nicht ganz durchgebackenen Sandkuchens. Seine Augen waren rot und verschwollen, aber er kämpfte sichtlich tapfer gegen seinen Kummer an.
Die Wohnung war luxuriös eingerichtet und sah aus als wohnte Archie schon geraume Zeit darin.
»Es war für mich ein großer Schock«, sagte er.
»Natürlich«, meinte ich.
Ich trat ein, ohne eine Einladung abzuwarten, suchte mir einen bequemen Sessel, machte es mir gemütlich und nahm eine Zigarette aus einer der Packungen, die mir Billy Prue verkauft hatte. »Sie waren mit ihm verwandt?«
»Er war mein Onkel.«
»Waren Sie oft zusammen?«
»Wir waren unzertrennlich.«
Ich zog ein Notizbuch aus der Tasche.
»Haben Sie ihn mal von Billy Prue sprechen hören
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