Dann gute Nacht Marie
viel schlimmer: Man musste immatrikuliert sein. VERWERFEN?
Also wieder zurück an den Ausgangspunkt. Zum Begriff »Apotheke« hatte das Internet in der Hauptsache reißerisch-platte Werbesprüche verschiedener Online-Apotheken zu bieten: »Bis zu 60 % günstiger« oder »versandkostenfrei bestellen«. Auch die Namen wie »Sana-Diskounter« oder »Pharma-Kiosk« waren nicht gerade dazu angetan, zuverlässige und qualitätvolle Dienste dahinter zu vermuten, fand Marie. VERWERFEN. Schließlich hatte sie nicht vor, ihr eindrucksvolles Lebensende in Zusammenarbeit mit einem Ramschladen zu realisieren. Und außerdem fehlte ihr die Geduld und selbstverständlich auch die Zeit, alle 22 300 000 Suchergebnisse zum Begriff »Apotheke« aufzurufen und zu überprüfen. Vielleicht war es aber auch der Gedanke an eine äußerst vielversprechende Recherche an der Universität München, der Marie ihre Apothekensuche sehr schnell wieder beenden ließ. Irgendwie gefiel ihr der Gedanke, noch einmal wie damals die Unibank zu drücken. Und sei es auch nur für ein paar Wochen. Ob es nicht doch eine Möglichkeit gab, diese Informationsquelle anzuzapfen?
Also setzte sie sich kurz darauf mit einer Tasse Kakao und ihrer Wolldecke wieder vor den Computer, um an der universitären Front weiterzukämpfen. Kasimir schnaufte
unwillig im Halbschlaf. Um diese Tageszeit trennte er sich nur sehr ungern von »seiner« Decke.
ÖFFNEN. Die Anmeldefrist für das verheißungsvolle Seminar war bereits verstrichen, in der kommenden Woche sollte es beginnen. Da eine offizielle Anmeldung für Marie sowieso nicht in Frage gekommen wäre, veränderte das die Ausgangssituation jedoch nur geringfügig. SUCHEN …
Der Seminarleiter hieß Lutz Maibach und hatte vor etwa acht Stunden Sprechstunde gehabt. Ohne Marie. Zu diesem Zeitpunkt war sie noch völlig orientierungslos auf Internet-Gift-Suche gewesen. Zu spät … Doch nur für diese Sprechstunde, keineswegs für das ganze Projekt »Gift-Seminar«, fand Marie. Zu allem entschlossen, machte sie sich daran, eine E-Mail an den Dozenten zu verfassen. Darin erklärte sie ihr großes Interesse an der Wirkungsweise von Giften mit der Arbeit an einem Kriminalroman, in dem verschiedene Giftmorde eine Rolle spielen sollten. Wenn es sich um mehrere Morde handelte, so dachte Marie, würde niemand Verdacht schöpfen, wenn ihre Recherche etwas breiter und umfangreicher ausfiel. »Aus diesem Grund wäre ich sehr froh, obwohl nicht Studentin, einige Sitzungen als Zuhörer an Ihrem Seminar teilnehmen zu dürfen. Über eine positive Antwort Ihrerseits würde ich mich sehr freuen und Sie im Vorwort des fertigen Werks auch gerne dankend erwähnen.« Das konnte sie dann ja durchaus in ihrem Abschiedsbrief tun. SENDEN.
Als sie den Computer herunterfuhr, war Marie äußerst zufrieden mit sich selbst. Die Idee mit der Recherche an der Uni war hervorragend und diese als schriftstellerisches Interesse auszugeben, fast schon genial. So konnte
sie nach allem fragen, ohne Misstrauen zu erregen. Mit einer Roman-Recherche konnte man jedes auch noch so abwegige Interesse legitimieren, ohne dass es auffiel. Jetzt war nur noch zu hoffen, dass der gute Herr Maibach auch in ihrem Sinn antwortete.
8
DOKUMENT 8. Herr Maibach antwortete am nächsten Tag. Er freue sich über das außergewöhnliche Interesse an seinem Seminar und sei gerne bereit, im Dienste der Literatur seine Unterstützung bei der Schaffung des besagten Werkes zuzusagen. »Um den Vorgang tunlichst unkompliziert zu gestalten, würde ich Sie daher freundlichst ersuchen, sich am kommenden Mittwoch um 18 Uhr zur ersten Sitzung in Gebäude II, Raum 103, einzufinden. Dort wäre es dann im Rahmen des Möglichen, alle eventuell notwendigen Formalitäten vor Ort eingehend zu klären.« Hörte sich gefährlich an. Was vermutlich daran lag, dass einfache Ausdrucksweise offensichtlich nicht gerade die Stärke des Herrn Maibach war. Egal. Das Ganze war erstaunlich reibungslos gelaufen, fand Marie. SPEICHERN. Gleich schrieb sie ihm noch eine freundliche Antwort-Mail, um ihre Begeisterung für das Thema zu unterstreichen und damit das Projekt »Uni-Recherche« unter einen möglichst guten Stern zu stellen.
Als Nächstes meldete Marie bei ihrem Chef einen Arzttermin für Mittwoch, achtzehn Uhr, an. Der maulte zwar, weil ein wichtiges Meeting am Donnerstag entsprechende Vorbereitung brauche, aber Marie ließ sich auf keine Diskussionen ein.
Schmidt schluckte enttäuscht und seine Einwände
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