Dann gute Nacht Marie
nutzen.
Mit Sack und Pack zu Hause angekommen, musste Marie als Erstes Kasimir begrüßen, der ihr entgegengetrottet kam und seine Streicheleinheiten einforderte. »Wie war dein Tag, Schatz?«, schien sein Blick zu fragen, und sein Frauchen antwortete wahrheitsgemäß: »Erfolgreich.« Immerhin einer freute sich, wenn sie nach Hause kam. Hätte man sie vor zehn Jahren nach ihren Wünschen gefragt, dann hätte sie sich eine zukünftige Hausgemeinschaft
mit etwas mehr Mitgliedern vorgestellt. Gleichzeitig fiel ihr ein, dass der Kater für die Zeit ihres Urlaubs natürlich irgendwo untergebracht werden musste. »Nun ja, das dürfte kein Problem sein«, beruhigte sie sich und Kasimir, während sie ihm den Nacken kraulte, »Alma macht das schon.« Ein Kurzurlaub war schließlich nicht so etwas Ungewöhnliches, dass man sich dafür besonders rechtfertigen musste. SPEICHERN. Die Freundin würde sich zwar etwas wundern, denn Marie war im Laufe eines ganzen Jahres nicht einmal bei ihr in London gewesen, obwohl sie sie mehrmals eingeladen hatte. Letztlich würde sie sich aber sicher so für sie freuen, dass sie die Betreuung des Katers ohne Weiteres zu übernehmen bereit wäre. Und vielleicht konnte man Urlaubs- und Lebensende so geschickt miteinander verbinden, dass Kasimir gleich bei Alma bleiben konnte. SPEICHERN.
Während Marie ihre zahlreichen Einkäufe auspackte und noch einmal in Augenschein nahm, ging sie in Gedanken schon einmal mögliche Reiseziele durch. Was für ein schöner Abschluss für ein eher unschönes Leben!
Recht unvermittelt fiel ihr auf, dass sie den ganzen Tag nicht ein Mal über ihren Krimi für Herrn Maibach nachgedacht hatte. Bis zur nächsten Seminarsitzung waren es ja auch noch einige Tage, sodass sie das in keinster Weise beunruhigen musste. Trotzdem nahm sie sich vor, in den nächsten Tagen das Projekt »Giftmord« nicht aus den Augen zu verlieren, damit sie am kommenden Mittwoch nicht völlig unvorbereitet vor den Dozenten treten musste.
Sie trennte mit einer Schere sauber alle Preisschilder aus der gekauften Oberbekleidung heraus und kam zu dem Schluss, dass die neu erstandene Garderobe trotzdem
noch viel zu ungetragen wirkte. Was die Dessous anging, war das äußerst hilfreich. Alma würde wohl kaum die benutzte Unterwäsche ihrer verstorbenen Freundin haben wollen. Diese Teile mussten also offensichtlich neu und ungetragen bleiben. Sie behielten sämtliche Etiketten und wurden vom Vollwaschgang verschont. Die anderen Kleidungsstücke nahm Marie und steckte sie, soweit es die Waschanleitung zuließ, zusammen in die Waschmaschine. Damit war der erste Schritt in Richtung Abnutzung getan. STARTEN. ENTER.
12
DOKUMENT 12. Am Sonntagabend konnte Marie auf ein durchaus erfolgreiches Wochenende zurückblicken, an dem sie sozusagen an zwei Fronten gleichzeitig gekämpft hatte. Die eine war natürlich die Krimirecherche für Herrn Maibach, die sich aufgrund der klar vorgegebenen Eckdaten schwieriger als erwartet gestaltete. Die andere war Auswahl und Buchung einer zugegebenermaßen etwas ausgedehnteren Shoppingtour in den sonnigen Süden. Wenn sie vorher gewusst hätte, welche Kreise ihre Selbstmordabsichten schon nach wenigen Tagen ziehen würden, hätte sie sich dann nicht doch für einen etwas konventionelleren Weg zu sterben entschieden? Nein, irgendwie war Marie auch stolz, dass sie es wenigstens schaffte, ihrem Tod das zu verleihen, was ihrem Leben schon seit Langem gefehlt hatte: das gewisse Etwas. UNTERSTREICHEN.
Als Marie im Bett vor dem Einschlafen die beiden letzten Tage Revue passieren ließ, wurde ihr wieder einmal bewusst, wie weit sie vom erfolgreichen Abschluss ihres Projektes noch entfernt war.
Auf der Suche nach einem geeigneten Ort für ihren Einkaufstrip in den Süden war sie am Samstag nicht so schnell fündig geworden wie erwartet.
Zunächst bestätigten ihre Internetrecherchen, dass Kleidung und Computer in den USA für Euro-Besitzer
aufgrund des Kursanstiegs zu Schnäppchenpreisen zu haben waren. Ein toller neuer Computer, der mehr Eindruck machte als ihr schon längst veralteter Laptop, für eine Informatikerin eigentlich geradezu ein Muss … Doch gleich darauf wurden ihre Hoffnungen wieder zunichtegemacht, als sie las, dass Zoll und Einfuhrumsatzsteuer den Preisvorteil meistens wieder aufhoben. Na ja, vielleicht musste es nicht unbedingt New York sein. VERWERFEN. Wenn sie sich vorstellte, dass sie nach ihrer Einkaufstour aufgrund eines massiven Jetlags ihr eigenes
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