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Dann gute Nacht Marie

Titel: Dann gute Nacht Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Becker
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Ende verschlief, schien eine etwas näher gelegene Einkaufsmeile die weitaus bessere Wahl zu sein.
    Ein Reiseveranstalter warb im Netz mit zweitägigen Kurztrips nach Mallorca, Kreta oder Tunesien - das war vermutlich sinnvoller und sicher für Nachlasszwecke ebenso gut zu verwerten. Marie sah sich schon mit ihrer Kamera auf einem der vielen farbenfrohen Basare stehen und einen Händler bitten, sie beim Kleiderkauf zu fotografieren. Die Fotos von idyllischen Olivenhainen, langen Sandstränden und belebten Strandpromenaden ließen keinen Zweifel daran aufkommen, dass man in Tunesien ansprechende Motive für die eigenen Hinterlassenschaften finden konnte. Andererseits wurde des Öfteren darauf hingewiesen, dass Frauen lieber nicht allein in arabische Länder reisen sollten. Wollte sie also nach ihrem Tod als mutig gelten, was sie eigentlich eher nicht war, dann ab nach Nordafrika zum Shoppen! Doch zum Vollstreckungsort ihres Endes sollte das Reiseziel in keinem Fall werden. Also vielleicht doch nicht Tunesien?
    OPTIONEN … Nachdem sie etwa zwei Stunden mehr oder weniger erfolglos vor ihrem Laptop verbracht hatte,
entschied sich Marie, doch lieber jemanden zu fragen, der sich damit auskannte. Sie versorgte Kasimir und entschuldigte sich wortreich, dass sie ihn schon wieder allein ließ: »Heute Abend kuscheln wir mal wieder, wie früher. Versprochen.« Der Kater schien das nicht zu glauben, denn er blickte sie skeptisch an, drehte sich um und verschwand im Wohnzimmer.
    Marie machte sich auf den Weg in das kleine Reisebüro, das nur zwei Straßen weiter lag. Die Innenstadt wollte sie am Samstag aufgrund der zu erwartenden Menschenmassen lieber meiden.
    Die freundliche Frage des Beraters: »Was kann ich für Sie tun?« konnte Marie auf Anhieb nicht präzise beantworten. Sie konnte ja schlecht sagen, sie habe einen möglichst kurzen Ausflug an einen Ort mit den besten Einkaufsmöglichkeiten für Sommerklamotten vor, um ihren Nachlass aufzupeppen.
    Der nette Mann, den sein Namensschild als »Herr Sommer« auswies und der allein schon deshalb für ihr Anliegen prädestiniert schien, hatte offensichtlich nicht zum ersten Mal einen unentschlossenen Reisewilligen vor sich. Mit geschickten Fragen kam er Maries Wunschziel schnell näher.
    »Sie stellen sich also eine Stadt vor, die nicht zu weit weg, aber trotzdem exotisch ist und wo es vor allem um diese Zeit warm ist.« Treffender hätte man es kaum ausdrücken können. Kein Problem für Herrn Sommer. In Windeseile stapelte er verschiedenste Prospekte vor seiner Kundin auf den Tisch und erklärte dabei: »Da hätten wir zunächst mal Athen, Barcelona, Madrid, Lissabon oder Istanbul. Sehr beliebte Reiseziele für einen Kurzurlaub.« Apropos kurz …

    »Leider habe ich nicht sehr viel Zeit. Ich kann nur ungefähr zwei Tage weg. Gibt es da auch Möglichkeiten?«
    »Natürlich, natürlich, es werden auch verschiedenste Wochenendtrips in südeuropäische Städte angeboten. Einen Moment, das haben wir gleich.«
    Er tippte etwas in seinen Computer und meinte: »Das wäre dann Abflug übernächsten Freitagabend und Rückkunft sehr spät am Sonntag. Dann haben Sie zwei ganze Tage.« Stop. Von diesen zwei Tagen aber vermutlich nur einen zum Einkaufen, oder? RÜCKGÄNGIG.
    »Die Geschäfte sind doch in Südeuropa wie in Deutschland am Sonntag geschlossen?«
    »Stimmt. Am zweiten Tag hätten Sie dann die Möglichkeit, die zahlreichen Sehenswürdigkeiten anzusehen.«
    Beim Anblick der verlockenden Fotos in den vor ihr liegenden Prospekten bekam Marie schon ein wenig Lust, die geplante Reise nicht nur zur Aufwertung ihres Nachlasses, sondern auch für sich selbst zu nutzen. Von den Bildern strahlten ihr unter sonnig-blauem Himmel die Akropolis, die Sagrada Familia, der Turm von Belém und die Blaue Moschee entgegen, als wollten sie sie dringend bitten zu kommen, und zwar länger als nur zwei Tage. Nur leider war das nicht der Zweck der Übung. Dafür war keine Zeit mehr. Schade.
    »Wir hätten da auch noch spezielle Single-Angebote. Sie reisen doch allein?« Sah man ihr das etwa schon an? »Da werden Sie rund um die Uhr betreut, müssen nichts selber organisieren und haben immer Leute, mit denen Sie sich zusammentun können.« Das fehlte noch. Mehr Erklärungsbedarf, weitere Ausflüchte und Notlügen. Marie sah sich schon von kontaktfreudigen Mitreisenden
belagert, die vielleicht auch noch weitergehende Kontakte suchten. ABBRECHEN.
    »Ich würde lieber an zwei verkaufsoffenen Tagen und

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