Dann gute Nacht Marie
Abend werden. Und falls es uns
bei der Suche nach Ihrem Giftmord ein bisschen weiterbringt, haben wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.« Erwartungsvoll grinste er sie an und hatte tatsächlich »uns« gesagt.
Und wie findet Ihre Freundin das, wollte Marie fragen, unterließ es aber. Der Gedanke an einen Abend allein mit Lutz Maibach gefiel ihr mehr, als sie zugeben wollte. Schließlich war seine Beziehung nicht ihr Problem. Vielleicht war Gina ja eine äußerst tolerante Frau, die kein Problem damit hatte, wenn ihr Lebensgefährte (oder etwa Mann?) mit einer seiner Seminarteilnehmerinnen einen »vergnüglichen Abend« verbrachte. Also sagte sie: »Sehr gern«, und verabredete sich mit ihm für den kommenden Donnerstag. Um die Karten wollte er sich kümmern, für eventuelle Absprachen sahen sie sich ja noch einmal vorher im Seminar. Sie konnte demnach dessen Besuch nicht ausfallen lassen, wie sie es vor einigen Minuten noch fest vorgehabt hatte. SPEICHERN.
»Dann werde ich mich jetzt sofort über die Modalitäten informieren und sage Ihnen am Mittwoch Bescheid, falls noch irgendwie geartete Details zu besprechen wären«, versprach er ihr euphorisch und sprang mit Elan von seinem Stuhl auf. Nachdem er sich schon von ihr verabschiedet hatte, beugte er sich noch einmal grinsend zu ihr hinunter und flüsterte ihr zu: »Ich hoffe nur, man macht mir dort keine Schwierigkeiten und lässt uns ungehindert an der Veranstaltung teilnehmen. Gina hat nämlich an diesem ominösen Leichenwagen das Beinchen gehoben!« Und weg war er.
14
DOKUMENT 14. Am Mittwoch dachte Marie morgens beim Aufwachen als Erstes an ihre zweite Seminarsitzung zu den Gefahren und Chancen durch Gift, die am heutigen Abend stattfinden würde. Seit ihrer zufälligen Begegnung mit Lutz Maibach am Montag hatte sie sich mit dem Thema »Krimi« nicht mehr beschäftigt. Was den Dozenten anging, fühlte sie sich dennoch auf der sicheren Seite. Bei dem Gespräch in der Cafeteria hatte er ihre Autorentätigkeit nur am Rande erwähnt, also würde er im Seminar, wenn seine Studenten dabei waren, es vermutlich gar nicht tun. Schwieriger wurde es bei Birthe, der sie in der Bibliothek leichtsinnigerweise ein signiertes Buch aus eigener Feder versprochen hatte. Und dabei musste leider nicht nur die Signatur von Marie Hartmann sein. Den kurzen Panikanfall hatte sie zunächst erfolgreich beiseite und die Problemlösung auf den nächsten Tag geschoben. Damit hatte sie Zeit gewonnen, die sie erst einmal in ihre Reisevorbereitungen gesteckt hatte.
Als sie am Montagnachmittag aus der Fakultätsbibliothek zurückgekommen war - nicht ohne einige zentrale Seiten der Gift-Literatur kopiert und mitgenommen zu haben -, hatte sie sich nämlich erschrocken an die Vereinbarung mit Herrn Sommer vom Reisebüro erinnert. Er hatte ihr ja nahegelegt, an eben diesem Tag die aus der Fülle seiner Vorschläge gewählte Reise zu buchen. Da sie
sich bis dahin aber immer noch nicht endgültig entschieden hatte, musste sie, sobald sie zu Hause angekommen war, die am Samstag erhaltenen Reiseprospekte zur Hand nehmen, um schnellstens eine Auswahl zu treffen. Die bunten Fotos und blumigen Beschreibungen der verschiedenen Angebote hatten durchaus so etwas wie Fernweh in ihr geweckt, sodass es ihr erstaunlich schwergefallen war, sich zu entscheiden. Am liebsten hätte sie alle Möglichkeiten nacheinander wahrgenommen. Doch leider war das nicht so einfach, wenn man seinen gesamten Resturlaub schon genommen und außerdem nicht mehr allzu viel Lebenszeit vor sich hatte. SPEICHERN. Doch neben den hoffentlich vielfältigen Nachlass-Errungenschaften ihrer letzten Reise war da ja nun auch noch das Krimidinner des Herrn Maibach, das ihren Hinterlassenschaften einen außergewöhnlichen Anstrich geben konnte. Die Hinterbliebenen würden den Eindruck gewinnen, dass sie in den letzten Tagen ihres Lebens noch einmal so einiges erlebt hatte.
Also war Maries Entscheidung auf »Shoppen in Rom« gefallen. Nach ihrer übernächsten Gift-Seminarsitzung würde sie am Donnerstagmittag in die Ewige Stadt fliegen und am Samstag gegen Abend nach zwei hoffentlich erfolgreichen Einkaufstagen wieder zurückkommen. Rom bot von allen Angeboten mit Sicherheit die größte Bandbreite an Sehenswürdigkeiten (für das zu hinterlassende Fotoalbum) neben einer reichhaltigen Auswahl an Modegeschäften. Nach ihrer Rückkunft hatte sie dann noch zwei ganze Tage, um die gewonnenen »Eindrücke« in ihren Nachlass einzuarbeiten
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