Dann gute Nacht Marie
geben, damit ich mich dann an entsprechender Stelle hilfreich einbringen kann.« Offensichtlich hatte er jetzt seinen gesamten Grund- und Aufbauwortschatz wiedergefunden, um ihn gleich für eine derart, wie Marie fand, unnötige Konversation einzusetzen.
»Sie haben doch einen Hund, richtig? Wie alt ist der denn?«, versuchte sie etwas unbeholfen abzulenken. »Ich habe nämlich einen Kater!«
»Sie ist eine Hündin, Gina, und sieben Jahre alt. Ich habe sie vor fünf Jahren aus dem Tierheim zu mir genommen, weil ich es satthatte, meine Spaziergänge immer allein zu machen. Meine Freundin konnte dem nicht das Geringste abgewinnen.«
»Und jetzt kann sie es?« »Mitnichten. Aber nun hat sie sich einen Lebensgefährten gesucht, der ihre Abneigung in ihrer ganzen Tragweite teilt.« UNTERSTREICHEN. UNTERSTREICHEN. »Aber sprechen wir doch nicht die ganze Zeit von mir.« »Aber sprechen wir doch nicht die ganze Zeit von mir.« So lange ja nun auch wieder nicht. Zumindest noch nicht lange genug. Eigentlich viel zu kurz, fand Marie und war kurz vor einer Panikattacke. Was nur sollte sie ihm auf die Schnelle präsentieren, um ihn nicht nur zufriedenzustellen, sondern sogar zu beeindrucken? »Erzählen Sie mir doch endlich Genaueres über Ihren Krimiplot!«
Marie wollte gerade ansetzen und in Gottes Namen das Blaue vom Himmel herunterlügen, da ertönte ein Gong, und die Türen zum Speisesaal wurden geöffnet. Eine schwarz gekleidete Schauspielerin, die von ihrem Butler als die Gastgeberin Lady Wellington vorgestellt
wurde, begrüßte jeden Gast persönlich und stellte ihn dann laut den Anwesenden vor. Als Lutz Maibach mit seiner »Studentin« an der Reihe war, wurden die beiden, noch ehe sie Einspruch erheben konnten, als der Leibarzt der Familie mit Gattin vorgestellt.
Marie schluckte ob der Rolle, die sie den ganzen Abend spielen sollte, dem Dozenten schien seine exponierte Stellung nichts auszumachen. Das änderte sich auch nicht, als er sein Requisit, eine Arzttasche, in die Hand gedrückt bekam, und man die beiden zu ihrem Platz führte. Ebenfalls an ihren Tisch gebeten wurde der angebliche Notar der Familie mit seiner Mutter. Er schien sich ähnlich unwohl mit seinem Part des Spiels zu fühlen wie Marie, denn er flüsterte ihr, sobald er saß, zu: »Da bin ich ja mal gespannt, was uns im Laufe des Abends noch blühen wird. Hoffentlich wird es nicht allzu schlimm.« Seine Tischnachbarin beruhigte er damit keineswegs. UNTERSTREICHEN.
Doch als sich kurz darauf ihr »Gatte« zu ihr beugte und an das Gespräch zu Beginn anknüpfen wollte, hätte sich Marie lieber noch etwas mit dem »Notar« ausgetauscht, als fieberhaft nach einer Geschichte zu kramen. Zum Glück erhob sich im gleichen Moment die Lady von ihrem Platz am einen Ende des Raumes und begrüßte die »zahlreiche Verwandtschaft« zu Leichenschmaus und Testamentseröffnung aus Anlass des plötzlichen Todes des Lords. Als der Aperitif, ein trockener Sherry, serviert worden war und man gemeinsam für den verstorbenen Lord »For He’s A Jolly Good Fellow« gesungen hatte, sah Lutz endlich seine Zeit gekommen und meinte zu seiner Begleiterin: »Marie, jetzt spannen Sie mich doch bitte nicht länger auf die Folter. Wovon handelt
denn nun Ihr Krimi, an dessen Entstehung mein Seminar so maßgeblich beteiligt sein soll?«
»Pssst«, machte die »Mutter des Notars« an ihrem Tisch, und erst jetzt bemerkten sie, dass in einer Ecke des Speisesaals ein heftiger Streit zwischen den zuvor als Neffe und Halbbruder vorgestellten Schauspielern ausgebrochen war, die ihr Bestes gaben und sich offensichtlich über die Erbfolge in den Haaren hatten. Als der Halbbruder plötzlich tot zusammenbrach, schrie die »Mutter des Notars« erschrocken auf, und man verlangte dringend nach dem Leibarzt. Lutz nahm schmunzelnd seine Arzttasche und marschierte unerschrocken zur »Leiche«, die er - zumindest aus der Ferne betrachtet - professionell zu untersuchen schien. Schließlich blickte er auf und meinte: »Die Todesursache steht zweifelsfrei und eindeutig fest. Kreislaufversagen.« Marie hoffte in diesem Moment inständig, dass nicht auch noch sie als Gattin in der gespielten Krimihandlung aktiv werden musste.
Nachdem er kurz darauf an ihren Tisch zurückgekehrt war, konnte sie es nicht lassen zu fragen: »Haben Sie keine Angst, dass Sie mit Ihrer voreiligen Diagnose den gesamten Ablauf des Abends durcheinanderbringen? Dieser Tod ist doch bestimmt im Folgenden nicht unwichtig.«
»Da
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