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Dann gute Nacht Marie

Titel: Dann gute Nacht Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Becker
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angekommen wurde Marie sehnsüchtig von ihrem vierbeinigen Mitbewohner erwartet, der keinen Hehl daraus machte, wie sehr er das Alleinsein hasste. Eigentlich hatte sie Kasimirs Zuneigung und Treue in den vergangenen Jahren viel zu selten bewusst wahrgenommen, musste sich Marie dankbar eingestehen und kraulte den Kater ausgiebiger als sonst, was dieser schnurrend
genoss. Danach bereitete sie sich ein appetitliches Abendessen aus Brot, Käse und etwas Parmaschinken zu, packte alles auf ein Tablett und setzte sich damit vor den Fernseher. Kasimir, der in der Hoffnung auf sein Fressen mit in die Küche gekommen war, bekam natürlich ebenfalls und nicht zu knapp sein Futter.
    Dann wählte Marie in ihrer Fernsehzeitschrift einen Krimi aus, denn schließlich musste sie bei aller »Freizeit« nicht auf die ihr ganz offensichtlich dargebotenen Inspirationsquellen verzichten. Während des Films schlief sie jedoch ein, sodass die Recherche sofort wieder komplett im Sand verlief. VERWERFEN. Als sie um halb drei vor dem laufenden Nachtprogramm erwachte, konnte Marie sich nicht einmal mehr an den Anfang des Falls erinnern. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als Tablett und Geschirr zurück in die Küche zu räumen und ohne neue Erkenntnisse die Zähne zu putzen und ins Bett zu gehen. SIE KÖNNEN DEN COMPUTER JETZT AUSSCHALTEN. ENTER.

15
    DOKUMENT15. Ein bisschen aufgeregt war Marie schon, als sie sich am Donnerstag gegen achtzehn Uhr auf den Weg zum ersten Krimidinner ihres Lebens machte, das ganz nebenbei auch ihr erstes Date mit einem Universitätsdozenten war. Ben war schließlich noch Student gewesen, als sie zusammen waren. Das zählte also nicht. Marie konnte nicht verhindern, dass sie etwas Stolz verspürte, weil der sympathische Herr Maibach ausgerechnet mit ihr den Abend verbringen wollte. Die Möglichkeit, dass er einen ganzen Abend einzig und allein aus Hilfsbereitschaft für eine überforderte Schriftstellerin opferte, schien ihr doch recht unwahrscheinlich. Bei einer ihm völlig unangenehmen Person hätte er das sicher nicht getan.
    Nachdem sie den Tag mit dem letzten Rest der »Bridget Jones« und einem neu gekauften Romführer geradezu leichtfertig verplempert hatte, war das schlechte Gewissen wieder da. Trotzdem fühlte sie sich erstaunlich beschwingt. So zog sie ernsthaft in Erwägung, sich den zweiten Fielding-Roman über ihre neue Chaos-Freundin Bridget anzuschaffen, obwohl er kaum nachlasstauglich war - einfach nur, um ihn zu lesen. UNTERSTREICHEN.
    Nachdem sie es dennoch erneut einige Zeit mit der längst überfälligen Krimi-Suche versucht hatte, war sie so genervt, dass sie am Nachmittag alle Zensur- und Krimipläne zugunsten ihrer Reisevorbereitung für Italien
zurückgestellt hatte. Sie hatte interessiert in römischer Geschichte geschmökert, Sehenswürdigkeiten und Ausflugsvorschläge verglichen und ausgiebig in kulinarischen Beschreibungen geschwelgt.
    Nun war Marie unterwegs in die Landsberger Straße und froh, dass sie sich noch rechtzeitig an Maibachs Kompliment vom Montag erinnert und ihren neuen Strickmantel über der Bluse gewählt hatte. Etwas unwohl fühlte sie sich schon in dem ungewohnt bunten Outfit, doch konnte etwas »getragene Optik« den recht neuen Klamotten keineswegs schaden. Da musste sie jetzt durch, wollte sie ihren Nachlass bis ins letzte Detail perfekt präsentieren.
    Lutz Maibach wartete bereits vor dem verabredeten Restaurant, wo außer ihm noch ein Leichenwagen, umgeben von einigen Grablichtern, stand. Marie erkannte den Dozenten schon von Weitem daran, wie er ruhelos auf dem Vorplatz hin und her ging. Genauso machte er es vor der Tafel des Seminarraums - mit dem Unterschied, dass er dort in regelmäßigen Abständen mit der Kreide irgendwohin zeigte. Fast wirkte er, als würde die ihm jetzt fehlen. Als er Marie kommen sah, lächelte er erfreut und ging ihr ein Stück entgegen.
    »Ich freue mich.« Ein ungewöhnlich kurzer Satz für den Dozenten, der sonst so wortreich und kompliziert formulierte. Was der Grund seiner knappen Begrüßung sein mochte, beschäftigte Marie so sehr, dass sie fast vergessen hätte zu antworten. »Ich mich auch«, sagte sie schnell und fand sich dabei kaum einfallsreicher.
    Marie hatte keinerlei Ahnung, worauf sie sich da eingelassen hatte, als sie mit Herrn Maibach das Foyer betrat, wo sie gebeten wurden, noch kurz zu warten.

    »Das trifft sich ja wunderbar. Da könnten Sie mir doch schon einmal einige Einblicke in Ihr literarisches Schaffen

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