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Dann gute Nacht Marie

Titel: Dann gute Nacht Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Becker
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jetzt. Birthe sah sie erwartungsvoll an, da betrat Herr Maibach den Raum.
    »Später«, raunte Marie ihrer Sitznachbarin zu und registrierte erfreut, dass der Dozent bei der allgemeinen Begrüßung kurz in ihre Richtung nickte. Danach fing er ohne weitere Vorreden sofort mit dem Unterricht an.
    »Nachdem wir uns in der letzten Seminarsitzung mit den verschiedensten Tiergiften und ihren Wirkungen beschäftigt haben, werde ich heute detaillierte Informationen zu verschiedenen pflanzlichen Giften präsentieren, um anschließend auf den menschlichen Organismus zu kommen, der einige Abwehrfunktionen entwickelt hat, um präventiv und kurativ mit toxischen Einflüssen zurechtzukommen.« Nun gut, dachte Marie. Vielleicht musste man diese Abwehrmechanismen genauer kennen, um sie im Ernstfall eventuell ausschalten oder zumindest umgehen zu können. Auf direktem Weg war ihrem angestrebten Ziel offensichtlich sowieso nicht beizukommen. SPEICHERN.
    Während Maibach recht anschaulich über die verschiedensten mehr oder weniger giftigen Pflanzen und Pilze referierte, versuchte Marie, einen möglichst konzentrierten
Eindruck zu machen. Schließlich wollte sie Birthe in keinem Fall dazu verleiten, das Gespräch von vorhin während des Seminars flüsternd wieder aufzunehmen. Allerdings bemerkte sie beim Zuhören schnell, dass ihr die meisten vom Dozenten erklärten Inhalte bereits bekannt waren. Pflanzengifte und ihre Wirkung hatte sie schließlich schon lange und ausführlich auf ihre Verwendbarkeit für ihre Zwecke geprüft. Mit mäßigem Erfolg. Außer der Tatsache, dass für sie in diesem Bereich nichts Geeignetes zu finden war, konnte sie keinerlei hilfreiche Ergebnisse vorweisen. UNTERSTREICHEN. Notizen waren also bei diesen Themen nicht vonnöten.
    Marie betrachtete Lutz Maibach gedankenverloren, während dieser zur Wirkung der unterschiedlichen Pflanzengifte überleitete. Schlecht sah er nicht aus. Er war groß und schlank, hatte dunkle Locken und einen verwegen wirkenden Dreitagebart. Welcher Krimi würde so einen Mann wohl überzeugen - sollte sich das Verbrechen vielleicht abenteuerlich gestalten? Andererseits wirkte er mit seiner umständlichen Ausdrucksweise und seinem ordentlichen Sakko wieder eher korrekt und sogar ein bisschen steif. SUCHEN. Es war wirklich nicht leicht, das passende Krimithema für ihn zu finden. Marie seufzte leicht auf und stützte enttäuscht den Kopf in die Hände.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein, Frau Hartmann? Haben Sie etwas nicht verstanden? Scheuen Sie sich nicht, sich einzuschalten und zu fragen!« Herr Maibach schien sie nicht so wenig zu beachten, wie sie gedacht hatte.
    »Ich … äh … Ich habe den letzten Punkt nicht so ganz mitbekommen, weil ich mit dem Mitschreiben nicht so schnell bin«
    »Das klingt ja geradezu absurd, dass eine Schriftstellerin
mit dem Schreiben Probleme hat«, grinste Maibach und warf einen amüsierten Blick auf das jungfräulich weiße Deckblatt von Maries Block, der unberührt vor ihr auf dem Tisch lag.
    Marie errötete bis unter die Haarwurzeln, die Studenten lachten. RÜCKGÄNGIG? Nichts zu machen. Die Seminarteilnehmer hatten zwar nur Maibachs gelungenen Witz mitbekommen, er selbst aber hatte sie gerade zum ersten Mal eines Schwindels überführt. Hoffentlich war das kein schlechtes Omen.
    Marie zückte schnell ihren Stift und schrieb in den nächsten Minuten eifrig alles auf, was Maibach über die Wirkung der Gifte von Christrose und Maiglöckchen, Seidelbast und Tollkirsche zu erzählen hatte. Manches kam ihr bekannt vor, brauchen konnte sie nichts. Vielleicht, schoss ihr plötzlich durch den Kopf, konnte sie die Aufzeichnungen noch derart in ihre Hinterlassenschaften integrieren, dass sie ihre Person etwas vielfältiger und interessanter erscheinen ließen. Dass sie sich über ihren Beruf hinaus weiterbildete und für die entlegensten Bereiche der Wissenschaft begeisterte, konnte ihr nur positiv angerechnet werden. Die Eltern würden staunen. UNTERSTREICHEN. Solchermaßen beflügelt erhöhte Marie ihre Schreibgeschwindigkeit so enorm, dass Maibach ihr einen erstaunten Blick zuwarf und zufrieden lächelte. Er musste ihre offenkundig gesteigerte Aufmerksamkeit natürlich auf die Nützlichkeit seines Lernstoffes für Krimiautoren zurückführen, was ihm offensichtlich gefiel. Marie stand hier jedenfalls unter Beobachtung, was ihr wiederum mehr gefiel, als sie sich zu diesem Zeitpunkt eingestehen wollte. WEITER.
    Bis zum Ende der Stunde waren über zehn

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