Dann klappt's auch mit dem Doktor
und hoffe inständig, dass nichts weiter gelaufen ist. Immerhin habe ich keine Nackenschmerzen mehr. Das ist ein Punkt, der für diesen Tag spricht. Die juckende Halskrause liegt auf dem Boden neben meinem Bett. Ja, das ist schon mal gut. Erschöpft sinke ich zurück aufs Bett, und ehe ich etwas dagegen tun kann, fallen mir wieder die Augen zu. Tanzende Rehaugen im Nebel, wie schön. Ach Nils ⦠Diese weichen Lippen â¦
Zwei Stunden später quäle ich mich wie in Zeitlupe schwankend vom Bett ins Bad, um mich fertigzumachen. Es hilft alles nichts. Ich sollte irgendwann in einigermaÃen passablem Zustand bei der Arbeit erscheinen.
»Guten Tag, Frau Plüm, Sie sehen ja zum Glück wieder besser aus. Wie geht es Ihnen?«, begrüÃt Frau Goldstein mich, als ich die Ambulanz betrete, und holt mir gleich einen Kaffee. Ich kann mich gar nicht richtig daran erinnern, wie ich hierhergekommen bin. Dieses verflixte Beruhigungsmittel.
»Hier, bitte sehr. Ihre Patienten habe ich auf übermorgen verlegt, damit Sie sich erholen können. Da Dr. Denner sich für einige Tage abgemeldet hat, werden wir sowieso weniger Patienten einbestellen.«
»Wie, Herr Denner hat sich abgemeldet?«
»Ja, heute Morgen. Er kam, sagte dass Sie später kommen würden und war dann gleich wieder weg. Hat er Sie nicht informiert?«
»Nein. Sie wissen ja, dass die Kommunikation zwischen uns im Moment nicht so optimal ist.«
»Ja, das habe ich bemerkt. Ich finde das sehr schade.«
Ich nehme den Kaffee, den mir Frau Goldstein hinhält und gehe in unser Büro. Nils hat sich also einfach abgemeldet. Darüber bin ich erst mal erleichtert. Wäre mir schon peinlich gewesen, so ein Wiedersehen bei der Arbeit nach der letzten Nacht. Vor allem, weil ich keine Ahnung habe, was los war. Noch peinlicher wäre es mir allerdings, wenn es zu dem gekommen wäre, von dem ich glaube, dass es passiert sein könnte. In kleinen Schlucken trinke ich den starken Kaffee und denke nach. Es will mir einfach nicht mehr dazu einfallen, obwohl ich durch das Koffein endlich wieder einen klareren Kopf bekomme.
Lustlos erfasse ich die Patientendaten der letzten Woche und warte. Worauf, weià ich auch nicht so genau. Vielleicht darauf, dass Nils doch noch kommt. Er kommt aber nicht. Ich weià auch gar nicht, wie ich ihm unter die Augen treten soll. Was, wenn Nils die letzte Nacht für einen fatalen Fehler hält und sich deshalb nicht blicken lässt? Aber einfach die Ambulanz abzusagen passt gar nicht zu ihm. Das ist schon komisch. Vielleicht hat er mir ja eine Nachricht hinterlassen? Ich fange an zu suchen, finde jedoch weder auf seinem noch auf meinem Schreibtisch irgendeinen Hinweis.
Während ich mich umschaue, stoÃe ich gegen einen der Aktenstapel, und ein dicker wattierter Umschlag fällt auf den Boden. Dabei rutscht eine Broschüre heraus. Es ist ein Hochzeits-Terminplaner, Tipps für Ihre Traumhochzeit â für den Bräutigam . So etwas zieht sich kein normaler Mann rein, es sei denn, er gedenkt zu heiraten und steht unter der Fuchtel seiner Zukünftigen. O mein Gott! Vielleicht hat Nils eine Freundin oder, noch schlimmer, er ist verlobt. Er hat zwar nie eine Frau in seinem Leben erwähnt, aber das heiÃt noch lange nicht, dass es keine gibt. Er könnte eine Fernbeziehung mit einer ehemaligen Studienfreundin aus England führen. Das würde passen. Wie konnte ich nur so naiv sein? Eine Frau zu verheimlichen ist gar nicht so schwer, vor allem wenn sie weit weg lebt, und für manch einen noch lange keine Lüge. Das sieht man doch an den Kegelclubfahrten, auf denen die Typen ihre Eheringe abnehmen, um auf Frischfleischjagd zu gehen. Vielleicht hat Nils wegen gestern Abend ein schlechtes Gewissen und ist sofort zu ihr gefahren. Ich hätte Caro ausfragen sollen, bevor ich mich auf ihn eingelassen habe. Aber bis gestern Abend wollte ich ja auch noch nichts von Nils. Das dachte ich zumindest. O mein Gott. Nils ist vergeben! Vielleicht wohnt seine Verlobte auch hier und war nur für ein paar Tage verreist, und er hat das gleich ausgenutzt. Ich bin nur seine kleine Flucht aus dem Alltag. Sein eifersüchtiges Verhalten war nur Platzhirsch-Gehabe. Dabei ging es gar nicht wirklich um mich. Jetzt weià Nils nicht, wie er mir erklären soll, dass ich nur ein kleines Abenteuer für ihn war und hat sich deshalb aus dem Staub gemacht. Diese Erkenntnis trifft
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