Dann klappt's auch mit dem Doktor
nicke bedeutungsschwer, und Vera scheint der Ernst der Lage allmählich klarer zu werden: »O du Arme, das ist bitter.«
»Das war noch nicht alles. Ich habe meine rosa Brille überfahren.«
»Du hast was?«
»Du hast richtig gehört. Ich habe meine Brille überfahren.«
»Na, wenigstens war die sowieso schon kaputt, aber wie hast du das bloà angestellt?«
»Als ich gestern ins Fitness-Studio gefahren bin, hatte ich Kontaktlinsen an. Die Brille muss mir aus meiner Sporttasche gerutscht sein. Als ich sie vor meinem Spätdienst panikartig suchte, klingelte Frau Beier mal wieder an der Tür und übergab mir mit einem hämischen Grinsen die Ãberreste. Der Reifenabdruck war deutlich zu erkennen.«
»Vielleicht hat sie sie ja überfahren?«
»Nein, sie hat kein Auto, und sie hat es wohl beobachtet.«
»Oh, wow. Dann kennt deine Mutter die Geschichte bestimmt auch schon.«
»Darauf kannst du wetten. Aber das war immer noch nicht alles. Vorgestern musste ich dreimal den Pannendienst rufen, weil ich ständig meinen Autoschlüssel im Wagen vergessen hatte und sich die Autotür wie von selbst verschloss. Es kam jedes Mal der gleiche Mechaniker vorbei. So ein junger lederhäutiger Muskelprotz, der testosterongesteuert anscheinend dachte, dass ich das natürlich nur mache, um an ihn ranzukommen. Mit einem eklig anzüglichen Lächeln hat er mir beim letzten Mal seine Telefonnummer gegeben.«
»Igitt!« Vera verzieht das Gesicht.
»Das kannst du laut sagen. Kurz danach wehte ein kräftiger Windstoà die Autotür zu, als ich gerade mit dem Schlüssel in der Hand ausstieg. Dabei wurde der Schlüssel in der Tür eingeklemmt und ist jetzt völlig verbogen. Da ich immer noch keine Ahnung habe, wo sich der Ersatzschlüssel befindet, muss ich jetzt überall hin mit dem Fahrrad fahren. Und heute Morgen stand plötzlich das Honigglas auf der Ablage im Bad, neben der Gesichtscreme. Wenigstens bei der Arbeit sind mir keine komischen Sachen passiert. Das ist schon mal was.«
Vera neigt grübelnd den Kopf zur Seite, dann fängt sie an zu grinsen.
»Das ist nicht witzig.«
»Doch ist es. Du bist offensichtlich verliebt! Das ist ja wunderbar!«, jubelt sie strahlend.
»Ist es nicht.«
»Doch, das ist toll!«
»Nein, das ist ganz und gar nicht toll. Denn wenn ich tatsächlich verliebt sein sollte, dann hat mich der Kerl, in den ich verliebt bin, nach einer nur im Rausch zustande gekommenen Nacht sitzengelassen.«
»Oh, da hast du leider recht«, muss jetzt auch Vera zugeben, »aber du darfst jetzt nicht den Kopf hängen lassen. Es gibt bestimmt für alles eine Erklärung.«
»Ach bitte. Das glaubst du doch selbst nicht. Der lässt sich nicht blicken und auch nichts von sich hören. Er hat mit mir eine andere betrogen. Er hat mich einfach benutzt, so sieht es aus.«
»WeiÃt du denn sicher, dass er eine andere hat?«
»Nein, aber es spricht alles dafür.«
»Jetzt warte es doch mal ab.«
»Bis wann? Bis ich achtzig bin? Es ist wie ein Fluch. Immer verliebe ich mich in Typen, die nicht gut für mich sind. Jetzt mal ehrlich: Wäre ich nach unserer Knutscherei neben Nils aufgewacht und der hätte mich dann verliebt angeschaut, hätte ich vermutlich alles darangesetzt, ihn möglichst schnell loszuwerden. Jetzt lässt er mich hängen, und schon ist er der aufregendste Mann unter der Sonne.«
»Glaubst du wirklich?«
»Ja. Warum fühle ich mich immer von solchen Typen angezogen? Kann ich mich nicht mal in die netten verlieben? Nein! Die finde ich langweilig! Ich lasse mir lieber von den anderen das Herz brechen.«
»Jetzt gehst du aber echt hart mit dir ins Gericht. Du siehst das viel zu negativ!«, flötet Vera und hat schon wieder ihr Dauer-Verliebtheits-Grinsen drauf.
»Bei aller Liebe, dieser Situation kann ich nun gar nichts Gutes abgewinnen. Ich sollte mir Nils ein für alle Mal aus dem Kopf schlagen.«
Nils, Nils, Nils, Nils, Nils, Nils, ständig nur Nils! Nein! Ich darf nicht an ihn denken, wenn ich nicht an ihn denken will! Denke nicht an den rosa Elefanten! Denke nicht an den rosa Elefanten! Denke nicht an den rosa Elefanten! Rosa Elefanten sind viel besser als Nils. Mist! Nils, Nils, Nils â¦
Mürrisch probiere ich etwas von dem Sashimi, aber heute will es mir einfach nicht schmecken.
»WeiÃt du,
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