Dann klappt's auch mit dem Doktor
Zeit, dass wir etwas zusammen machen. Ich habe das Gefühl, ich renne nur noch zwischen Krippe, Windeln und der Klinik hin und her.«
Sie öffnet den Umschlag, und Tränen steigen ihr in die Augen:
»Oh, danke schön. Ich fürchte, das war doch nötig. Du ahnst gar nicht wie sehr.«
Caro setzt sich auf einen Stuhl und heult in ihren Prosecco. Oje, was ist denn da los?
»Julius wacht nachts alle drei Stunden auf, und ich muss immer raus.«
»Könnt ihr euch nicht abwechseln, wenn das vom Stillen her geht?« Ich setze mich zu ihr.
»Ich stille gar nicht mehr. Ich habe keine Milch mehr. Das ist bestimmt der ganze Stress. Ich bin eine schlechte Mutter.«
»So ein Quatsch. Du bist die tollste Mutter, die ich kenne.« Und aus meinem Freundeskreis auch die Einzige, wie ich zugeben muss.
»Ralf hört es überhaupt nicht, wenn Julius nachts weint. Er schnarcht in Ruhe weiter, während ich die ganze Zeit mit einem pupsenden Kind auf dem Arm herumlaufe und fix und fertig bin. Er lässt sich nur von seinen Kumpels als Superdaddy feiern und steckt den Kleinen in FuÃballklamotten.«
Ich reiche Caro ein Taschentuch.
»Tut mir leid«, schnieft sie, »ich wollte uns nicht den Abend verderben.«
»Keine Sorge. Alles in Ordnung. Ich dachte nur immer, bei euch wäre alles so super perfekt.«
»Ich will ja auch, dass es perfekt ist. Aber ich kann nicht mehr. Ich bin eine Rabenmutter.«
»Das bist du nicht. Alle Mütter können irgendwann nicht mehr. Zumindest viele von denen, die ich in der Ambulanz sehe.«
»Wirklich?«
»Ja, wirklich. Manchmal nehmen wir Säuglinge sogar stationär auf, um die Mütter zu entlasten, wenn es nicht mehr geht.«
»Aber ich bringe mein Kind jeden Tag in die Kinderkrippe.«
Die Tränen kullern wieder über Caros Wangen.
»Na und? Ich dachte es gefällt ihm dort?«
»Ja, schon. Die älteren Kinder lieben ihn und betüdeln ihn die ganze Zeit.«
»Na siehst du. Das ist doch eigentlich so, als ob Julius schon viele Geschwister hätte.«
»Meinst du?«
»Na klar. Und da hat er ganz viele Vorbilder, denen er nacheifern kann. Das ist bestimmt gut für seine Entwicklung.«
»Wirklich?«
»Ja. Du bist keine Rabenmutter.«
»Aber die Nächte machen mich so fertig. Er schreit und schreit.«
»Wenn du möchtest, schaue ich ihn mir später mal an.«
Wie auf Kommando hören wir Klein Julius vom Wohnzimmer her krähen. Ralf eilt mit seinem Sohn in die Küche. »Hier, Schatz. Er hat irgendwas.« Er guckt irritiert, als er Caros rotgeweinte Augen sieht. »Was ân los?«
»Na, genau das«, ich zeige auf Julius, den er Caro hinhält, »wolltest du dich heute nicht um ihn kümmern?«
»Ja, aber er schreit nach seiner Mutter.«
»Du bist der Papa, und die Mama kann grad nicht. Gib mal her.«
Ich lege den kleinen Schreihals auf meine Oberschenkel und schaue mir mal seinen Bauch an. Caro hatte recht. Er hat einen aufgeblähten Pupsbauch.
»So, ich werde eurer kleinen Stinkbombe jetzt mal eine Bauchmassage und einen warmen Wickel angedeihen lassen, du, Ralf, überlegst dir, wie du Caro mal entlasten kannst und du, Caro, kochst weiter. Das hat dich doch schon immer entspannt, und so hungrig, wie wir beide sind, wird die Stimmung hier sonst nicht besser. Morgen kann Ralf bei uns in der Klinik ein paar gute Zäpfchen gegen Blähungen abholen.«
Ich gebe meinen Freunden Anweisungen wie sonst in der Notaufnahme, aber es hilft. Julius hört auf zu schreien und lächelt sogar ein wenig. Caro trocknet ihre Tränen und macht sich daran, die Pastasauce fertigzukochen. Ralf gibt ihr einen Kuss auf die Stirn.
»Du hättest doch mal sagen können, dass du nicht mehr kannst. Dass ihr Frauen immer so perfekt sein wollt.«
»Tja, so sind wir eben. Wollt ihr Jungs gleich mitessen?«
»Nein, danke, wir wollen euch nicht stören. AuÃerdem läuft das Spiel noch.«
Denner kommt rein: »Ralf, hast du noch Bier?« Er wirft einen Blick auf mich: »Steht dir gut.«
Zu meinem Ãrger spüre ich, wie ich rot werde. Ralf holt zwei Bierflaschen aus dem Kühlschrank.
»Stör unsere Super-Patentante nicht. Sie rettet gerade meine Ehe.«
»Du wirst bestimmt mal eine ganz tolle Mutter«, fügt Caro hinzu. Tja, vielleicht. Dem steht bislang nur die eine oder andere
Weitere Kostenlose Bücher