Dann klappt's auch mit dem Doktor
Auch wenn man sich bei den zwischenmenschlichen Problemen anderer nicht so doll einmischen sollte, wage ich einen kleinen Versuch.
»Vera, weiÃt du, vielleicht ist es ja Schicksal, dass das jetzt so gelaufen ist. Vielleicht ist Till doch der Richtige für dich, und du bist die Richtige für ihn. Vielleicht wollt ihr das bloà noch nicht wahrhaben.«
»Vielleicht passen wir einfach nicht zusammen. Das Ganze war eine Schnapsidee. Im wahrsten Sinne des Wortes.«
»Immerhin hattest du deinen SpaÃ.«
»Allerdings. Aber es frustriert mich trotzdem, dass er so einfach sofort zur Tagesordnung übergehen kann. Früher hätte mir so etwas gar nichts ausgemacht. Ich wäre einfach losgezogen und hätte mit dem nächsten heiÃen Typen geflirtet. Aber selbst das wird immer schwieriger.«
»Vielleicht kann er ja doch nicht so weitermachen wie bisher. Vielleicht solltet ihr einfach mal reden? Falls er jemals wieder nüchtern wird.«
»Keine Ahnung. Ich sagâs dir. Die Männer werden immer komischer. Das liegt gar nicht an uns.«
»Damit könntest du recht haben. Männer sind echt seltsam. Das beste Beispiel dafür ist Nils.«
»Wieso? Ich dachte, der ist inzwischen doch ganz nett und hat dir bei deinem Vortrag geholfen.«
»Das hat er ja auch. Aber seit einigen Tagen, genauer gesagt, seit dem Tag, an dem er mich anscheinend mit Till beim Italiener gesehen hat, ist Eiszeit angesagt.«
»Ist er eifersüchtig?«
»Auf Till? Das ist völlig irrsinnig!«
»Das weià Nils doch nicht.«
»Doch, ich habâs ihm gesagt. Ich glaube auch nicht, dass Nils immer noch was von mir will. Der hält mich eher für eine egoistische, emotional inkompetente Ziege.«
»Ich sag nur: So wie er dich an dem Abend im Carlssons angesehen hat, ist er bis über beide Ohren in dich verschossen.«
»O bitte nicht.«
»O ja.«
»Niemals. Er behandelt mich so mies, dass ich kurz davor bin, die Ambulanz abzugeben. Das passt doch nicht zusamÂmen.«
»Vielleicht ist dein Psychologe ja, was seine eigenen Gefühle angeht, nicht so kompetent, wie er vorgibt.«
Kapitel 18
Während ich unter der Dusche versuche, langsam wach zu werden, klingelt es an der Tür. Es ist zehn Uhr morgens, das muss die Post sein. Frau Beier macht bestimmt schon auf. Ich bin so froh, dass ich heute Spätdienst habe und, nachdem ich mit Vera noch lange auf meiner Terrasse gesessen habe, ausschlafen konnte. Till ist auch wieder nüchtern. Es klingelt wieder, diesmal an der Wohnungstür. Vielleicht hat der Briefträger heute ein Paket für mich.
»Soll ich aufmachen?«, ruft Till aus dem Wohnzimmer.
»Nein, ich geh schon. Du kannst jetzt ins Bad.« Ich trockne mich flüchtig ab und binde mir ein Handtuch um. Das muss reichen. In der Tür steht allerdings nicht der Briefträger, sondern Nils. Ich glaube, ich habe Halluzinationen. Aber es ist tatsächlich Nils mit einer Brötchentüte und zwei Kaffeepappbechern in den Händen. »Nils?«
»Guten Morgen. Tut mir leid, dass ich dich so überfalle. Ich hätte ja vorher angerufen, aber ich hatte deine Nummer nicht. Einer meiner Ambulanzpatienten hat kurzfristig abgesagt, und da dachte ich, wir trinken vielleicht einen Kaffee und reden einfach mal in Ruhe â¦Â«, druckst er herum.
Genau in diesem Moment kommt Till, nur mit einem Handtuch um die Hüften, aus dem Bad.
»Hast du noch neues Shampoo?«
Nilsâ Miene verfinstert sich.
»Neues Shampoo ist im Badezimmerschränkchen ⦠Nils, komm doch â¦Â«
Ich trete zur Seite, um Nils reinzulassen.
»Ach, hallo«, grüÃt Till Nils mit einem angedeuteten Winken und verschwindet wieder im Bad.
»WeiÃt du, Anna, ich glaube, wir lassen das lieber. Entschuldige die Störung.«
Nils dreht sich auf dem Absatz um und stürmt die Treppe hinunter.
»Nils!«
Mist! Nur mit einem Handtuch bekleidet, kann ich ihm schlecht hinterherlaufen. »Nils! Du störst doch gar nicht«, rufe ich ihm verzweifelt hinterher.
So ein Mist. Schon klar, was er sich jetzt denkt. Oje, ich hoffe, ich kann das irgendwie mit Nils klären, sonst stehen mir harte Zeiten in der Ambulanz bevor. Vielleicht sollte ich besser gar nicht mehr hingehen.
Nachdem Till zur Arbeit gegangen ist, verbringe ich den Rest des Vormittags damit, mir Sorgen zu machen und Horrorszenarien über Nils und
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