Dann klappt's auch mit dem Doktor
auf der Liege ausgebreitet.
»Sie hatte solche Bauchschmerzen und wollte unbedingt zum Arzt, damit der mal guckt. Wir glauben, die Schmerzen sind nicht so schlimm, aber sie hat keine Ruhe gegeben«, erzählt die Mutter.
Ein Kind, das freiwillig zum Arzt möchte. Das haben wir nicht oft. Problematisch wird es erst, als ich die junge Dame untersuchen möchte. Ich soll nämlich nur gucken. Von weitem. Das reicht ihr völlig.
»Die Bauchschmerzen hat sie schon seit ein paar Tagen, vor allem nachts, so um diese Zeit«, fährt die Mutter fort, »auÃerdem sagt sie jetzt öfter, dass ihr Po juckt.«
Ich untersuche die junge Dame, die nur aus der Ferne beguckt werden möchte, unter einigem Protest. Sie kommt nicht umhin, sich auch eine rektale Untersuchung gefallen zu lassen. Als ich meinen behandschuhten kleinen Finger aus ihrem Po herausziehe, sehe ich die Ursache ihrer Bauchschmerzen klar und deutlich vor mir: Sie hat Würmer, und einer von ihnen sitzt auf meinem Finger. Das ist zwar nicht so ungewöhnlich, aber trotzdem eklig! Zur Sicherheit in drei Abfalltüten verpackt, fliegt das fiese Kerlchen in den Müll. Bah! Eltern und Kind sind auch nicht erfreut. Ich verschreibe allen ein Entwurmungsmittel und bitte sie, auch den Familienhund behandeln zu lassen.
Eigentlich wollte ich jetzt mal was essen. Das Würmchen hat mir aber den Appetit verdorben.
Im Aufenthaltsraum trinken Johannes und ich erst mal einen Kaffee. Ein kleiner Schokokeks dazu geht immer! Unsere Pause wird nach zwei Minuten von panischen Schreien jäh unterbrochen.
»Hilfe! Wir brauchen einen Arzt! Wir brauchen sofort einen Arzt!«, stürmt ein Ehepaar, den Säugling im Arm des Vaters, in die Notaufnahme.
Pfleger Johannes gibt mir ein Zeichen sitzen zu bleiben und eilt ihnen zu Hilfe.
»Unserem Kind kommen Blasen aus der Nase! Wir brauchen einen Arzt!« Die Mutter ist auÃer sich. Johannes wirft einen prüfenden Blick auf den Säugling und bewahrt Ruhe.
»Machen Sie sich keine Sorgen. Ihrem Kind geht es gut. Es hat einen Schnupfen. Darum kümmern wir uns gleich.« Er drückt ihr das Anmeldeformular in die Hand. »Sie können dort im Wartezimmer Platz nehmen. Füllen Sie bitte die Anmeldung aus, und bringen Sie sie mir dann zusammen mit der Versicherungskarte wieder.«
»Einen Arzt! Wir brauchen sofort einen Arzt!« Die Stimme der Mutter wird schrill.
Johannes bleibt professionell und ruhig:
»Füllen Sie bitte zuerst das Formular aus. Wenn Sie dran sind, kommt die Ãrztin zu Ihnen. Ihrem Kind geht es gut.«
Er hat recht. Das Problem des neun Monate alten Babys ist ein leichter Schnupfen, der ab und zu kleine Bläschen aus der Nase wirft. Wir putzen die Nase â Patient geheilt!
Um zwei Uhr wird ein verspäteter Betrunkener eingeliefert. So lange halten die Flatrate-Säufer in der Regel nicht durch.
Der Dreizehnjährige war auf einer Pyjamaparty seiner katholischen Jugendgruppe im Gemeindehaus und hat den Messwein entdeckt. Hat ihm nicht gutgetan.
»WeiÃt du, wo du bist?«, brülle ich ihn an.
»Auf der Party im Gemeindehaus«, murmelt er im Halbschlaf.
»Na, dann feier mal schön weiter«, lautet Pfleger Johannesâ nüchterne Antwort.
Die Eltern des Jungen wurden bereits vom Priester informiert und werden ihn morgen abholen.
Leider können wir seine Daten nicht aufnehmen. Mit dem Computer stimmt etwas nicht. Ohne seine erfassten Daten existiert ein Patient bei uns praktisch nicht. Es gibt kein Zimmer, kein Labor, kein Nichts. Der dumme PC hat sich aufgehängt. Er gibt uns nur noch eine Meldung: Die italienischen Autokorrektureinträge müssen installiert werden. Wozu? So ein Mist! Doch auch dafür gibt es eine Lösung. Den Notdienst unserer EDV -Abteilung. Ich rufe den Fachmann an. Er muss in die Klinik kommen und das Problem beheben. Das ist sein Job. Er ist dafür eingeteilt und wird dafür bezahlt. Geschlagene zwölf Mal wähle ich die Notfallnummer, bis ich den EDV -Notdienst endlich erreiche. Er ist betrunken!
»Schonschd ischd ja nie wasch losch im Noddienschd«, lallt er ins Telefon, »isch hab nisch damid gereschned, dasch mal wasch paschierd.«
Das ist für jemanden, der in einem Krankenhaus arbeitet und einen Notdienst übernimmt, mal eine mutige Einstellung!
Den Rest der Nacht arbeiten wir offiziell gar nicht mehr. Keine Daten gleich keine Patienten gleich keine
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