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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Fehér
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Mathe hätte ich da zwar auch, aber die Anforderungen an den Notendurchschnitt sind nicht ganz so hoch wie an den meisten anderen Gymnasien.«
    Mein Vater stößt Luft aus der Nase. Schweigt weiter. Meine Mutter zieht sich lautlos einen Stuhl heran und setzt sich neben mich.
    Â»Du kennst doch Herrn Brückner«, versuche ich fortzufahren. »Er würde mir nie zu etwas raten, was mir schaden würde, denn er kennt meine Leistungen nach all den Jahren. Was Mathe betrifft, habe ich meine Grenzen erreicht, ich kann nur noch anstreben, dass die Note kein Ausfall wird. Aber Kunst – das ist meine Welt, das begeistert mich. In der Roy-Lichtenstein-Schule könnte ich meine Neigung weiter ausbauen und trotzdem ein ganz normales Abitur hinlegen. Meinst du nicht, dass das optimal für mich wäre?«
    Mein Vater lässt den Brief auf die Tischplatte fallen und schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch.
    Â»Optimal für dich? Ich habe dir bereits gesagt, was ich davon halte, wenn du glaubst, du bräuchtest nichts weiter zu tun als dich den ganzen Tag auf deinem Zeichenblock auszutoben wie ein Vorschulkind. Auch meine Meinung über den werten Herrn Brückner habe ich dir nicht vorenthalten. Darum geht es nicht, Maximilian. Du wirst diese Einrichtung nicht besuchen und Punkt. Was ich von dir verlange, ist eine Erklärung dafür, dass du dich meinen Anweisungen widersetzt hast, dich konzentriert auf deine Abiturprüfungen am Gymnasium vorzubereiten, und dich stattdessen an dieser … Malschule bewirbst. Hinter meinem Rücken.«
    Â»Ich muss dir nicht alles sagen«, wehre ich mich. »Ich bin volljährig. Außerdem war es nur ein Versuch. Wenn ich nicht angenommen worden bin, ändert sich nichts.«
    Â»Trotzdem, Max.« Mama schiebt das Saftglas näher zu mir hin, ich rühre es nicht an. »Solche Dinge bespricht man in einer Familie doch miteinander. Du kannst dich doch nicht einfach mir nichts, dir nichts irgendwo bewerben, ohne uns etwas davon zu sagen. So haben wir dich doch nicht erzogen, Kind.«
    Ich streife sie kurz mit meinem Blick und sehe, dass Tränen in ihren Augen schimmern. Das habe ich nicht gewollt. Meine Mutter enttäuschen, ihr wehtun. Mit ihr hätte ich vielleicht reden sollen.
    Â»Es tut mir leid, Mama«, sage ich matt. Sie legt ihre Hand auf meine, ist mir nicht böse. Das macht es keineswegs besser.
    Â»Und dieser Brückner.« Vater faltet jetzt den Brief zusammen und schiebt ihn in den Umschlag zurück, noch immer weiß ich nicht, was drin steht. »Dieser Amateur von einem Lehrer! Er war schon so stur, als ich meine Unterredung mit ihm geführt habe, aber was er sich hier geleistet hat, schlägt dem Fass den Boden aus. Eine Unverschämtheit, meinem Sohn derartige Flausen in den Kopf zu setzen! Ihn dazu anzustiften, seine Eltern zu hintergehen! Wann hast du das nächste Mal bei ihm Unterricht?«
    Â»Hoffentlich am Montag. Kurz nachdem du bei ihm warst, ist er krank geworden, seitdem fehlt er.«
    Â»Das passt ins Bild«, schnaubt er. »Kaum bekommt er auch nur einen Hauch von Gegenwind, meldet er sich krank und ruht sich erst mal schön auf dem Rücken seiner Schüler aus, statt Haltung zu zeigen und weiter zu unterrichten, wobei er sich wahrlich nicht kaputtmacht. Ist ja auch ein Beamter, die können sich das leisten! In der freien Wirtschaft wäre so einer längst draußen, längst! Da kann man nicht bei der leisesten Kritik schlappmachen und alle Bezüge bis zum Sankt Nimmerleinstag weiter kassieren.«
    In mir brodelt es. Am liebsten würde ich mein Glas nehmen und den Saft gegen sein arrogantes Gesicht pfeffern, zusehen, wie er an ihm heruntertropft, auf sein exakt gebügeltes Hemd, die Bügelfalten seiner Hose aufweicht. Ihm ins Gesicht brüllen, dass es nicht meine Schuld sei, wenn er vielleicht demnächst seinen Job verliert und er seine Launen nicht an mir auslassen soll. Ich sei nicht auf der Welt, um das zu werden, was er selber nicht ist. Danach möchte ich ihm den Brief entreißen, um endlich zu erfahren, was darin steht, mit meiner Mutter allein weiter reden, das würde ich schon hinbekommen. Ihr alles in Ruhe erklären.
    Aber ich bleibe sitzen. Stumm und wie erstarrt.
    Â»Die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihn läuft bereits.« Vater nimmt das Kuvert wieder auf und lässt es mit der Kante auf den Tisch fallen, mehrere Male. »Aber jetzt

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