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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Fehér
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Hinterher wollte er nicht mehr gehen. Er sah mich an, als hätte er eine Erscheinung oder als wäre ich mindestens das zehnte Weltwunder, blieb und blieb, immer wieder fiel ihm etwas Neues ein, weshalb er noch nicht gehen konnte. Ich hab mich drauf eingelassen, und so half er mir noch beim Aufräumen nach Ladenschluss, schleppte Kisten und Blumengefäße, als ginge es um sein Leben. Die ganze Zeit habe ich mich gefragt, was er davon hat, aber es schien ihm regelrecht gut zu tun, so mit anzupacken. Als ich mir heimlich seine Hände angesehen habe, wusste ich auch, warum. Max hat unglaublich schöne Hände, aber eben keine, die körperliche Arbeit gewohnt sind. Eher Künstlerhände, gepflegte, saubere Finger, die eine gute Feinmotorik verraten. Vielleicht spielt er ein Instrument. Klavier würde passen.
    Als wir fertig waren und es wirklich nichts mehr zu tun gab, fragte er sogar, ob er wieder kommen und mir helfen dürfte, nicht als Schülerjob, sondern einfach, weil es ihm Spaß macht. Dabei sah er mich an wie ein kleiner Junge, der seine Mami um ein Eis anbettelt. Also habe ich Ja gesagt, auch wenn ich mich ein bisschen gewundert habe, warum er das unbedingt tun will. Allzu oft erlebt man es nicht, dass jemand freiwillig und noch dazu umsonst irgendwo ackern möchte. Vielleicht lag es an mir. Vielleicht habe ich ihm gefallen, ich bin sogar ziemlich sicher, dass es so war. Max sah so glücklich aus, als ich eingewilligt habe.
    Zu Hause habe ich dann etwas getan, das ich schon ewig nicht mehr gemacht habe. Im Bad habe ich mich vor den Spiegel gestellt und lange mein Gesicht betrachtet. Max hatte mich mit einem Blick angesehen, der mir sagte, dass er mich schön findet. Also habe ich versucht, mich durch seine Augen zu betrachten und darüber nachgedacht, was er wohl gemeint hat. Über mein Aussehen mache ich mir normalerweise weniger Gedanken, weil es in meinem Leben schon zu vieles gegeben hat, das mich weitaus mehr beschäftigt hat. Sicher hat Max sonst ganz andere Mädchen um sich.
    Vielleicht sind es meine Augen, die er anziehend fand oder meine Lippen. Als Max mich so angesehen hat, habe ich mich dabei ertappt, wie ich mir vorstellte, ihn zu küssen. Einen Typen, der jünger ist als ich, das ist mir noch nie passiert. Seit ich von Dario getrennt bin, habe ich niemanden mehr so nah an mich herangelassen. Max ist der Erste, bei dem ich überhaupt wieder daran gedacht habe, dass es so etwas wie Liebe gibt. Meine Sehnsucht wieder gespürt habe. Ein Achtzehnjähriger, mit 21. Total verrückt.
    Aber er hat sich auch so besonders verhalten, ganz anders als andere Jungs. Noch nie habe ich zum Beispiel über die Frage nachgedacht, was Reichtum bedeutet. Als ich Max mit seinem schicken Auto aufgezogen habe, das ihm bestimmt sein wohlhabender Stadtrandpapi spendiert hat, war er nicht etwa eingeschnappt, sondern strich mir mit einer so liebevollen Geste über die Wange, dass mir beinahe schwindlig wurde und sagte, dass diese Art von Reichtum nichts bedeute. Und noch viel mehr: Er bezeichnete mich als reich, weil ich jeden Tag bei den Blumen sein kann, draußen in der Nähe des Waldes und einem Job nachgehen, der mir Spaß macht. Das hat mich total berührt, nicht nur weil er recht hat, sondern weil er so sensibel ist. Max wächst bestimmt mehr als behütet auf, man sieht es an seinen Klamotten und dem Auto. Er sieht aus, als ob seine Eltern ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen, aber in seinem Gesicht ist auch etwas Trauriges, so als ob ihm etwas fehlt, das er von ihnen nicht bekommen kann. Ich will herausfinden, was es ist. Zum Glück kommt er morgen wieder. Der Gedanke an ihn fühlt sich an wie eine kleine warme Kerzenflamme in meinem Bauch.
    9. April
    Er war wieder da. Und dieses Mal habe ich mich ihm noch näher gefühlt, als ich es je für möglich gehalten hätte, ich bin total verwirrt, vor allem deshalb, weil auch ich ihm Dinge anvertraut habe, die sonst kaum jemand von mir weiß. Es macht mich nervös, weil es sich anfühlt, als hätte ich mich vor ihm ausgezogen. Aber bei Max bin ich mir sicher, dass er meine Offenheit nicht ausnutzen wird. Zumindest hoffe ich es ganz stark. Aber jetzt der Reihe nach.
    Den ganzen Nachmittag lang habe ich mich über mich selbst gewundert, weil ich so sehr darauf gewartet habe, dass Max endlich kommt. Immer wieder habe ich zur Ladentür gespäht, bei jedem Auto, das auf den Hof fuhr,

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