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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Fehér
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mehreren absichtlich eingerissenen Stellen, dazu ein weißes Shirt mit einem überdimensionalen Peace-Zeichen drauf, eine schwarze schmale Lederweste drüber, ein passendes Armband dazu und um den Hals mehrere Ketten. Der Look steht ihr, sie sieht süß darin aus, weil gerade das Derbe, Aggressive darin ihre zarte Statur und das schmale Gesicht und die großen dunklen Augen hervorhebt. Mit der Hand deutet sie auf den Stapel Bücher und Hefte, die ich auf die Anrichte gelegt habe.
    Â»Hab ich dich mit meinem Saxofon beim Lernen gestört?«, fragt sie ein wenig erschrocken. »Ich hätte nicht gedacht, dass du immer noch paukst, sorry.«
    Â»Kein Ding«, antworte ich. »Ich hör dir gerne zu, und in meinen Kopf ging sowieso nichts mehr rein.«
    Â»Du büffelst auch viel zu viel«, erwidert sie und setzt sich an den Tisch, greift sofort nach einer Scheibe Krustenbrot und bestreicht sie mit Butter und Frischkäse. »Irgendwann musst du doch auch mal leben, Max. Kein Wunder, dass deine Birne langsam dicht macht. Das ist wie mit ‘nem Computer: Festplatte voll, zu viele Programme drauf, dann wird er immer langsamer bis schließlich gar nichts mehr geht.«
    Â»Genau so fühle ich mich«, seufze ich. »Danke für dein Mitleid.«
    Meine Mutter stellt eine große Schüssel mit unserem Lieblingssalat auf den Tisch, Rucola mit Shrimps, Kirschtomaten und Balsamicodressing, dazu frischen Parmesan und Knoblauchcroutons. Natalie nimmt sich als Erste den Käse und den Hobel dazu; bald darauf ist ihr Salat kaum noch zu erkennen, so dick hat sie ihn mit Parmesan bestreut.
    Mein Vater entkorkt eine Flasche Württemberger Trollinger, gießt den ersten Schluck in sein Glas, überprüft es nach Korkresten, fischt einen Krümel mit dem Messerrücken heraus. Erst dann schenkt er sein Glas voll, danach Mamas. Noch immer wirkt er angespannt, lehnt sich nicht an.
    Â»Tja, von nichts kommt eben nichts«, entgegnet er, »auch wenn dein Vergleich gar nicht mal so weit hergeholt ist, Natalie. Bei Maximilian müssen wir uns allerdings keine Sorgen machen, dass sein Speicherplatz demnächst ausgeschöpft sein könnte. Durch seine Träumerei bleibt er nämlich weit hinter seinen Möglichkeiten. Leider ist es nur allzu oft so, dass Hochbegabung von den sogenannten pädagogischen Fachkräften nicht als solche erkannt wird. Aber lassen wir uns davon nicht den Abend verderben, ich werde mir den Mann vorknöpfen und fertig.«
    Â»Ich kann auch selbst mit ihm reden«, werfe ich ein.
    Â»Wirklich, Papa.« Natalie legt ihre Gabel lauter klirrend als beabsichtigt auf den Teller. »Max ist achtzehn, da braucht er keinen Erziehungsberechtigten mehr, der seine Sachen für ihn regelt. Wie sieht das denn aus, schon vor den anderen Jungs? Du blamierst ihn doch.«
    Ich schicke ihr einen dankbaren Blick, aber Papas Gesichtsausdruck verrät, dass er in diesem Punkt nicht mit sich diskutieren lässt. Endlich setzt sich auch meine Mutter hin und reicht die Aufschnittplatte herum.
    Â»Komm nachher noch mal zu mir, bevor du ins Bett gehst, Max«, sagt sie, ihre Stimme wie üblich auf sanft gestellt, sie will uns zusammenhalten, beruhigen, am Tisch eine harmonische, versöhnliche Stimmung herstellen. »Ich bin da auf ein homöopathisches Mittel gestoßen, das ganz toll die Konzentration fördert. Du kannst es vor dem Einschlafen nehmen und auch noch mal morgen vor der Schule. Es schadet überhaupt nichts, und wir wollen ja das Beste tun, damit du deine guten Noten halten kannst.«
    Â»Verbessern«, korrigiert Papa. »Eine Drei in Mathe zu halten ist keine Kunst. Also, Schluss jetzt mit diesem Thema. Ich halte nicht viel von deinen Kügelchen, Corinna, aber wenn du sagst, sie schaden nicht, dann bitte. Und Natalie«, er dreht seinen Oberkörper leicht nach links, wo meine Schwester sitzt, »das nächste Mal zum Essen bitte andere Kleidung, ja? Bei diesem … Aufzug, oder wie man das nennen soll, vergeht mir der Appetit.«
    Er schafft es, sie während des Essens nicht ein einziges Mal anzusehen, und es entgeht mir nicht, dass Natalie innerlich schwankt, ob sie in ihr Zimmer eilen und sich umziehen soll. Doch ihr Stolz siegt, sie bleibt am Tisch und isst scheinbar unbeirrt weiter, genau wie Papa, dem natürlich keineswegs der Appetit vergangen ist. Mama versucht, das Gespräch am Tisch in eine andere, heitere

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