Dann muss es Liebe sein
Veränderungen im Dienstplan vornehmen, denn ab jetzt werde ich immer nur sehr kurzfristig wissen, ob ich verfügbar bin.« Sie setzt sich aufs Sofa. »Sieh mich nicht so an, Maz. Es ist ja nicht für immer. Und Gott sei Dank haben wir ja jetzt Drew, was?«
»Lass mich einfach wissen, wann du nicht da bist, dann kläre ich alles Weitere mit ihm.«
»Danke, Maz. Ich wusste, dass du das verstehen würdest.«
Als ich mich ans andere Ende des Sofas setze, versetzt das Baby mir einen Tritt. Ich schaue nach unten, lege eine Hand auf meinen Bauch und pikse vorsichtig zurück.
»Ist das das Baby?«, fragt Emma. »Darf ich?«, fügt sie hinzu und legt die Gabel quer über ihre Salatschale.
Ich nicke. Als sie die Hand auf meinen Bauch legt, leuchten ihre Augen auf, und ich freue mich für sie.
Ich wünsche ihr, dass ihre Besuche in der Kinderwunschklinik erfolgreich sind und ihr Traum von einer Familie endlich Wirklichkeit wird. Und trotzdem wäre es mir im Grunde meines Herzens lieber, wir könnten einfach nur wieder zwei Tierärztinnen sein, ohne diese ganzen privaten Probleme, die unsere Beziehung belasten.
16
Liebe macht blind
Ginge ist mit dem Kopf gegen die Tür des Wäschetrockners geknallt, die trotz Izzys gelbem Post-it mit der Aufschrift Immer schließen offen steht, und hockt jetzt etwas belämmert davor. Ich hebe ihn hoch und nehme mir vor, bei Gelegenheit seine Augen zu untersuchen. Er hat sich von seinem Höllenritt im Trockner wieder erholt, aber seit einiger Zeit läuft er ständig irgendwo gegen. Ich setze ihn neben seinem Futter auf den Boden, verriegle die Katzenklappe, damit er nicht raus kann, und gehe nach vorne an den Empfang.
»Haben Sie Emma gesehen?«, frage ich Frances. Verglichen mit anderen haben wir eine sehr kleine Praxis, und trotzdem ist es möglich, jemanden aus den Augen zu verlieren.
»Emma war heute noch gar nicht da.«
»Aber ich muss jetzt los. Ich habe schon vor einer Ewigkeit den Nachmittag freigenommen.«
Ich prüfe im Terminbuch den letzten Mittwoch im Mai. Das Datum ist mit mehreren Sternchen und Ausrufezeichen markiert. Wie konnte sie das übersehen?
»Emma ist ziemlich in Anspruch genommen von ihrer Behandlung«, meint Frances.
»Ich weiß.« Ich rufe sie an.
»Tut mir leid, Maz«, sagt sie. »Ich fühle mich heute nicht so gut. Kann Drew nicht meine Sprechstunde übernehmen und die Hausbesuche später machen?«
»Hier ist ziemlich viel los. Mir wäre es wirklich lieber, wenn du kommst. Selbst wenn es nur für ein, zwei Stunden ist.«
»Ich habe Schmerzen an der Stelle, wo Ben mir die Spritzen gibt, und ich bin ganz dusselig im Kopf. Um ehrlich zu sein, ich fühle mich wie ein überdimensionales Ei. Frag Drew«, erklärt sie nach einer kurzen Pause, »schließlich ist das der Grund, weshalb wir ihn eingestellt haben.«
»Ich lasse ihn nur ungern allein«, entgegne ich, aber sie ist völlig mit sich selbst beschäftigt und redet nur noch von ihrer künstlichen Befruchtung. Die Untersuchungsergebnisse waren vielversprechend. Emma zufolge musste sie Blutabnahmen, eine gynäkologische Untersuchung und eine Laparoskopie über sich ergehen lassen, während Ben seinen Teil mit einem Plastikbecher und Männermagazinen beizutragen hatte. Die Untersuchungen haben keine offensichtliche Fehlfunktion zutage gebracht, es gibt also nichts, was Emma daran hindern würde, auf natürliche Weise schwanger zu werden. Dennoch haben sie beschlossen, eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen, um eine erneute Schwangerschaft zu beschleunigen.
»Mein Mann ist Arzt, da sollte man doch meinen, dass er Spritzen setzen kann. Und mein Hintern ist ja schließlich auch groß genug.«
»Sei nicht albern, Emma.« Emma war immer schon etwas empfindlich, was ihre Kurven betrifft, während ich sie eher darum beneide. »Ich kann dir die Spritzen geben, wenn du möchtest.«
»Ben wäre zu Tode beleidigt.« Emma zögert. »Um ehrlich zu sein, Maz, ich habe deinen Ultraschall völlig vergessen. Es tut mir wirklich leid.« Sie ringt sich ein Lachen ab. »Wahrscheinlich liegt es an all den Hormonen, die ich bekomme. Irgendwas davon muss ja wirken …« Ich höre die Verzweiflung in ihrer Stimme. »Meinst du nicht?«
Diese Frage kann ich nicht beantworten. Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum sie nicht für ein, zwei Stunden in die Praxis kommen kann. Ohne ihre Hilfe werde ich morgen meinen Terminen hinterherhecheln und krampfhaft versuchen, die verlorene Zeit wieder
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