Dann muss es Liebe sein
keinen Fall, dass Hal jetzt schon nach Hause geht.
»Er ist ein braver, treuer Kerl. Der beste Hund, den ich je hatte«, fährt der alte Fox-Gifford fort. »Und ich wollte Ihnen sagen, wie … hm … dankbar ich Ihnen für Ihre fachkundige Behandlung bin. Ich hatte schon befürchtet, Sie müssten sein Bein abschneiden.«
»Diese Gefahr besteht noch immer«, antworte ich. »Das Infektionsrisiko ist ziemlich hoch, vor allem rings um die Implantate.«
»O ja. Natürlich. Damit muss man rechnen«, murmelt er.
In seiner Stimme ist keine Spur des üblichen herrischen Tons zu hören, und ich verspüre einen winzigen Anflug von Mitleid. In diesem Moment klingt er nicht wie ein miesepetriger alter Tierarzt. Er hört sich an wie ein ganz gewöhnlicher Kunde, der sich schreckliche Sorgen um sein Haustier macht.
»Kann ich bei Gelegenheit noch mal vorbeischauen?«, will er wissen.
»Ja, aber nur unter der Bedingung, dass Sie vorher anrufen und fragen, ob es gerade passt«, entgegne ich, um es ihm nicht zu leicht zu machen. »Ich rufe Sie nach der Abendsprechstunde noch einmal an und sage Ihnen, wie es ihm geht.« Dann verabschiede ich mich und lege auf. Ich kann es kaum glauben. Der alte Fox-Gifford hat sich allen Ernstes bei mir bedankt. Trotzdem bessert das meine Meinung über ihn nicht – das Baby hat er mit keinem Wort erwähnt.
»Der alte Mr Fox-Gifford wollte Hal doch so gerne sehen«, rechtfertigt sich Frances, als ich sie ein paar Minuten später zur Rede stelle, weil sie ihn zu seinem Hund gelassen hat. »Er liebt ihn über alles.«
»Letzte Nacht hätte er ihn fast erschossen«, erwidere ich, »aber Sie haben recht, er scheint wirklich sehr an ihm zu hängen. Ich habe ihm gesagt, dass er ihn wieder besuchen darf, wenn er vorher hier anruft.«
»Sie glauben doch nicht, dass er Sie ausspionieren will?« Frances’ Augenbrauen erinnern an eine EKG -Kurve: Ihr muss heute Morgen der Stift ausgerutscht sein.
»Wer weiß schon, was im Kopf dieses Mannes vorgeht.«
»Maz, Sie sprechen von Ihrem zukünftigen Schwiegervater.«
»O nein, das tue ich nicht. Alex und ich haben nicht vor zu heiraten.«
»Es ist nicht gut für ein Kind, wenn seine Eltern in Sünde leben.«
»Frances! Wenigstens hat unser Kind Eltern, die zusammenleben.«
»Aber das ist nicht recht«, beharrt sie.
»Das ist Ihre Meinung«, entgegne ich. Wir sind alle verschieden. Dennoch habe ich ein seltsam hohles Gefühl im Magen, wenn ich an Ehe und Bindung denke. Ich sehe wieder Izzys Hochzeit vor mir, und wie glücklich sie war. Hör auf, Maz, du drehst langsam durch. Geraten meine strikten Ansichten über die Ehe allmählich ins Wanken? Wird es mir irgendwann leidtun, dass ich mich deswegen vor Alex so aufgeführt habe? Hoffe ich irgendwo tief in mir drin, dass er sich einfach über meine Argumente hinwegsetzt und mir doch noch einen Antrag macht?
23
Die doppelte Dosis
Meine Hochzeitsgedanken halten nicht lange an. Am nächsten Tag stehe ich mit Emma und Frances am Empfang. Emma sieht bereits jetzt genervt aus, dabei ist sie gerade erst zur Tür hereingekommen. Was habe ich nun schon wieder falsch gemacht? Warum funktionieren Partnerschaften bei mir auf Dauer einfach nicht?
»Sag nicht, dieser Hund ist noch immer da«, faucht sie mich an. »Wir waren uns doch einig, dass er nach Hause muss.«
Ich beiße mir auf die Zunge. Ich will, dass Hal mindestens sechs Wochen lang im Zwinger bleibt, damit sein Bein in Ruhe ausheilen kann, und ich bin mir nicht sicher, ob ich dem alten Fox-Gifford in dieser Hinsicht vertrauen kann. Er war wieder hier, um Hal zu besuchen – um acht Uhr heute Morgen, auf dem Weg zu einem dickbäuchigen Hausschwein mit Bauchschmerzen. Er hat uns eine Schachtel Schokokekse für die Praxis mitgebracht und war erstaunlich charmant, sogar fast – aber auch nur fast – nett.
»Der alte Fox-Gifford kann sich selbst um ihn kümmern.« Emma zieht ihren Regenmantel aus und spritzt dabei Wassertropfen auf Shannons frisch geputzten Fußboden. »Schließlich ist es sein Hund.«
Hals schrilles Heulen erinnert an den Hund von Baskerville.
»Das hört sich ja an, als litte er Todesqualen«, sagt Frances. »Sind Sie sicher, dass er keine Schmerzen hat?«
»Ich habe ihm die maximale Dosis Schmerzmittel gegeben«, erkläre ich, ein wenig pikiert, weil sie mir zutraut, ein Tier unnötig leiden zu lassen. »Mehr geht nicht.«
»Mach, was du willst«, antwortet Emma. »Aber du solltest dir dringend etwas überlegen, ehe wir hier alle
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