Dann muss es Liebe sein
Kopfschmerzen kriegen.«
»Christine Dyer hat um einen Hausbesuch im Laufe des Vormittags gebeten«, entgegnet Frances. »Sie sagt, sie kann nicht mehr länger mit ansehen, wie Brutus sich quält.«
»Ich fahre«, sagt Emma.
»Offen gestanden, sie hat nach Maz gefragt.«
»Ach, dann bist du neuerdings die Tierärztin ihres Vertrauens?«, sagt Emma. »Na, viel Glück dabei.«
»Ich nehme Shannon mit.«
»Ich brauche Shannon hier«, erwidert Emma. »Ich operiere nicht ohne Assistentin.«
»Wenn wir gleich losfahren, sind wir in einer Stunde zurück.« Warum muss sie mir das Leben noch schwerer machen, als es ohnehin schon ist? Warum muss sie ihr Unglück an mir auslassen? Womit habe ich das verdient?
Na schön, ich bin ungewollt schwanger geworden, habe ein paar taktlose Dinge gesagt und war ihr vielleicht keine so große Stütze, wie ich es hätte sein können …
Ich schaue Emma an, sehe die dunklen Ringe unter ihren Augen und ihre angespannten, blutleeren Lippen, aber sie weicht meinem Blick aus.
»Dann solltest du dich lieber auf den Weg machen«, entgegnet sie tonlos, und nachdem ich in die Steckdose neben Hals Zwinger einen Pheromonzerstäuber gesteckt habe, weil ich hoffe, dass ihn das beruhigt, fahre ich los.
»Können Sie nicht Frances mitnehmen?«, fragt Shannon.
»Frances ist keine Tierarzthelferin, und sie hat Probleme mit den Knien.« Ich stelle mir vor, wie sie sich mühevoll vom Boden aufrappelt, nachdem sie eine Weile neben Brutus gekniet hat. »Ich verstehe, dass es dir nahegeht, nach allem, was passiert ist, doch das gehört nun mal zu deinem Job.«
»Ich weiß, aber …« Shannon stockt. »Ach, egal.«
Shannon und ich gehen zu Mrs Dyer ins Wohnzimmer hinter der Metzgerei, wo Brutus mit einem riesigen Markknochen auf einem alten Sofa liegt und fernsieht.
»Er liebt das Tagesprogramm, nicht wahr, Brutus?« Mrs Dyers Augen sind rot, und ihre Stimme klingt vor Kummer ganz erstickt. Sie setzt sich neben dem Hund auf den Boden und streichelt seinen Kopf. Dabei hält sie ein zusammengeknülltes Papiertaschentuch in der Hand. Sie sieht auf, als ihr Mann in weißem Kittel und gestreifter Schürze hereinkommt, ein Ausbeinmesser in der einen Hand, einen Wetzstahl in der anderen.
»Hallo, mein Liebster«, sagt sie. »Das ist Maz, und Shannon kennst du ja.«
»Ach ja. Natürlich kennen wir Shannon.« Ich sehe, wie Shannon rot wird, als Mr Dyer mit schwabbelnden Wangen fortfährt: »Sie hält die nette Dame hier und mich für Mörder, und das Geld, das wir verdienen, ist ihrer Meinung nach Blutgeld.« Er zieht das Messer zweimal über den Wetzstahl, holt ein Tuch aus der Tasche und wischt die Klinge damit sauber.
»Ich habe doch gesagt, dass es mir leidtut«, antwortet Shannon, »aber ich finde es trotzdem falsch, Tiere zu töten, um sie zu essen.«
»Wir wissen genau, von welchen Bauernhöfen unser Fleisch kommt.« Mr Dyer streift mit dem Messer kurz seinen Arm, und es bleibt ein haarloser Fleck zurück. »Wir wissen, dass die Tiere gut behandelt und schnell und sauber geschlachtet werden.«
»Das macht es in meinen Augen nicht besser«, beharrt Shannon. »Es ist und bleibt Mord.«
»Das reicht jetzt, Shannon, danke.« Es erscheint mir unangebracht, mit den Dyers über das Töten von Tieren zu diskutieren, wenn wir hier sind, um ihren Hund einzuschläfern. Ich bespreche das weitere Vorgehen mit ihnen und hoffe inständig, dass Brutus uns nicht versteht. Allerdings sehe ich, dass er Angst hat und die Verzweiflung seiner Besitzer spürt.
»Es war doch die richtige Entscheidung, oder?«, fragt Mrs Dyer.
Ihr Mann nickt.
Ich wünschte, er würde das Messer weglegen, aber er hält es fest, als sei es ihm ein Trost, während Shannon und ich Brutus betäuben, damit ich ihm die Spritze geben kann. Es ist etwas schwierig, weil ich darauf achten muss, sein Vorderbein nicht zu belasten. Friedlich dämmert Brutus weg und verliert das Bewusstsein.
»Das war’s also«, sagt Mr Dyer, als ich prüfe, ob noch ein Puls feststellbar ist.
»Mein armer Schatz …« Als Shannon und ich zurücktreten, wirft sich Mrs Dyer auf den toten Hund.
Leise vor sich hinweinend packt Shannon die Arzttasche. Ich wische mir eine Träne aus dem Auge und frage mich, wie anders Brutus’ Leben hätte verlaufen können, wenn Drew nicht gewesen wäre.
»Wir bringen ihn gleich ins Krematorium«, sagt Mr Dyer. »Und im Laufe der Woche gibt es eine kleine Zeremonie. Christine hat schon alles mit dem Mann vom Tierfriedhof
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