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Dann muss es Liebe sein

Dann muss es Liebe sein

Titel: Dann muss es Liebe sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
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und Seb, der heute ein weißes Hemd, eine Samtfliege und eine Weste trägt, bohrt in der Nase.
    »Sagt schon hallo, Kinder«, fordert Alex sie auf, aber sie sagen noch immer kein Wort.
    »Zwing sie nicht dazu«, erwidere ich sanft. »Das macht doch nichts.«
    »Wo bleiben eure Manieren?«, schimpft er. »Ich habe euch erlaubt, heute Abend länger aufzubleiben, weil ihr mir versprochen habt, euch zu benehmen.«
    »Nur weil deine Freundin da ist«, entgegnet Lucie bissig. »Weißt du, dass sie nicht mal reiten kann? Mami sagt …«
    »Schon gut«, fällt ihr Alex ins Wort. »Wir wollen gar nicht wissen, was deine Mutter denkt.«
    Immerhin weiß ich, was ich denke: Lucie ist ein verzogenes Gör.
    »Ich will zu meiner Mami.« Sebs Jammern verwandelt sich in ein Kreischen, als seine Schwester nach ihm schlägt.
    »Das reicht jetzt, ihr zwei«, erklärt Alex bemerkenswert ruhig. »Wir besorgen euch erst mal etwas zu essen. Ich habe meinen Eltern gesagt, sie sollten etwas Anständiges bestellen, nicht diese widerlichen Blätterteigdinger, aber Tradition ist nun mal Tradition. Worauf hast du Appetit?« Er sieht mich an, und meine Lippen formen die Worte »auf dich«. Er grinst und antwortet: »Soll das heißen, wir haben dich bekehrt, Maz? Du möchtest tatsächlich ein Stück Fleisch?« Ich kichere leise in mich hinein.
    »Können wir Toast haben, Daddy?«, will Lucie wissen.
    »Bestimmt«, sagt Alex. »Ich werde mal sehen, was ich in Omas Küche finde.«
    Lucie und ich setzen uns auf die Treppe und warten, während Alex und Seb unser Abendessen aus der Küche holen. Besser gesagt, ich sitze auf der Treppe, auf der dritten Stufe von unten, um genau zu sein, und Lucie hockt rittlings auf dem Geländer.
    »Wie alt bist du?«, fragt mich Lucie von ihrem erhöhten Sitz herab.
    »Einunddreißig.«
    Sie runzelt die Stirn. »Das ist ziemlich alt.«
    »Nicht so alt wie Alex – dein Vater, meine ich. Wie alt bist du denn?«, frage ich zurück.
    »Sechs.« Sie wirft sich nach vorn und umarmt den Geländerpfosten, als kuschelte sie mit einem Pferd.
    »Und wann bist du sechs geworden?«
    Mit einem lang gezogenen Seufzen sieht sie mich an, und ihr abfälliger Blick erinnert mich an den ihrer Großmutter von vorhin.
    »An meinem Geburtstag«, antwortet sie. »Du bist nicht so hübsch wie meine Mami. Sie zieht nie schwarze Kleider an.« Sie runzelt die Stirn. »Sie sagt, du bist eine Goldgräberin.«
    »Ach ja?«
    Lucie macht eine kleine Pause, da sie anscheinend sehen will, wie ich auf die Beleidigung reagiere, ehe sie fröhlich hinzufügt: »Was ist eine Goldgräberin?« Doch bevor ich antworten kann, redet sie schon weiter. »Meine Mami sagt, das wird nicht lange halten. Und meine Oma sagt das auch. Nur über meine Leiche«, fügt sie im strengen Tonfall ihrer Großmutter hinzu.
    »Hört Lucie eigentlich jemals auf zu reden?«, erkundige ich mich bei Alex, als sich die Party nach dem kraftvollen Mitternachtsläuten der Großvateruhr in der Eingangshalle und dem gemeinsamen Singen von Auld Lang Syne dem Ende nähert und die ersten Gäste aufbrechen. »Es kommt mir vor, als wäre ich seit Stunden verhört worden.«
    »Sie ist ziemlich hartnäckig«, antwortet Alex. »Ach, übrigens, was ist eigentlich aus der Hündin geworden, die wir von Talyford zu euch gebracht haben? Ich habe ganz vergessen, dich zu fragen, ob sie durchgekommen ist.«
    »Sie ist noch immer bei uns.« Und das seit einer Woche. Ich habe nach Sally gesehen, ehe ich hergekommen bin, habe den Infusionsbeutel gewechselt, ihr eine weitere Dosis Schmerzmittel verabreicht und ihr weiches, lockiges Fell gestreichelt. »Halt durch, Sal«, habe ich leise zu ihr gesagt, aber sie hat weder den Kopf gehoben noch mit dem Schwanz gewedelt. Ihre Kraft reichte gerade dazu, ihre Augen mit den langen blonden Wimpern zu öffnen. »Ich weiß nicht, ob sie es schafft. Ich habe noch nie einen dermaßen deprimierten Hund gesehen.«
    »Nimm es dir nicht so zu Herzen, Maz. Du hast für sie alles getan, was du konntest.«
    »Ich weiß. Aber ich komme nicht dagegen an. Ihre Besitzerin ist so nett, und sie hat eine Menge durchgemacht. Es ist einfach nicht fair.«
    »Das Leben ist nun mal nicht fair«, erwidert Alex. Seine Stimme klingt plötzlich rau, und ich überlege, woran er denkt. An einen Patienten oder daran, dass seine Exfrau ihre Familie auseinandergerissen hat? (Astra hat ihn für einen deutlich jüngeren Fußballspieler verlassen, bevor sie mit Hugo, ihrem jetzigen Lebensgefährten,

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