Dann muss es Liebe sein
sichtbar unter dem Jackett hervorschauen. »Ich reise mit leichtem Gepäck.«
»Haben Sie denn noch Fragen an uns?«, erkundigt sie sich.
»Ja. Bieten Sie mir auch eine Unterkunft, oder muss ich mich selbst darum kümmern?«, will Drew wissen.
»Ich werde etwas für Sie organisieren«, antwortet Emma hastig. »Und wir mieten Ihnen ein Auto. Wie groß soll die Wohnung denn sein? Kommen Sie allein, oder bringen Sie noch jemanden mit.«
»Um Himmels willen, nein. Ich komme allein.« Drew lächelt uns strahlend an. »Mein Chef kann es kaum erwarten, mich loszuwerden. Er braucht die Wohnung, die ich zusammen mit dem Job bekommen habe, für den zweiten Tierarzt, den er kürzlich eingestellt hat. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, wenn Sie verstehen. Aber das macht nichts, es war ohnehin Zeit für einen Tapetenwechsel. Schließlich mache ich ja Praxisvertretung, um herumzureisen und die Welt kennenzulernen.«
Ich schaue demonstrativ auf die Uhr, als Emma zu mir herübersieht. Vielleicht erwartet sie ja von mir auch einen Beitrag zum Gespräch, doch ich muss jetzt dringend an die Arbeit. Von zehn bis zwei habe ich ununterbrochen Termine. Normalerweise fangen wir schon um neun an, aber wegen Drews Vorstellungsgespräch hat Frances heute erst ab zehn Uhr Patienten angenommen. Danach muss ich noch zu einem Hausbesuch bei drei nervösen Siamkatzen, die viel zu sensibel sind, um für ihre Auffrischungsimpfung in die Praxis zu kommen – zumindest behauptet das ihre fürsorgliche Besitzerin, die mir selbst reichlich nervös und sensibel zu sein scheint.
»Sollen wir Drew nun die Praxis zeigen?«, schlage ich vor. »Dabei können wir die weiteren Details und die Vertragsbedingungen besprechen.«
Er wirkt interessiert und beeindruckt von der Praxiseinrichtung, dem Inhalationsnarkosegerät, dem hochmodernen Röntgengerät und dem praktischen kleinen Apparat, mit dem wir den Blutdruck von Katzen messen. Er bestätigt, dass er mit alldem umgehen kann, und als Emma und ich ihm einige fachliche Fragen stellen, schildert er uns ein paar der kniffligeren Fälle, mit denen er bislang konfrontiert war.
»Wenn Sie wissen wollen, wo alles ist oder wie etwas funktioniert, brauchen Sie nur zu fragen«, sagt Emma. »Üblicherweise behandelt hier jeder seine eigenen Patienten. Den Kunden ist es lieber, wenn sie bei jedem Besuch vom gleichen Tierarzt betreut werden.«
»Was nicht heißt, dass wir uns nicht gegenseitig um Rat bitten, wenn wir bei einem Fall nicht weiterkommen«, ergänze ich. »Manchmal kann das sehr hilfreich sein.«
»Zwei Köpfe denken besser als einer«, stimmt mir Drew nickend zu.
Emma geht voraus in den Behandlungsraum, wo Shannon gerade ein Langhaarmeerschweinchen festhält, während Izzy ihm die Nägel schneidet. Das Tier ist darüber ganz und gar nicht erfreut und quiekt protestierend.
»Vermutlich hat es Angst, in der Mikrowelle zu enden«, sagt Drew und tritt näher heran. »Wusstest du, dass man in Peru Meerschweinchen isst?«
»Nein!«, entgegnet Shannon entsetzt und schaut mit weit aufgerissenen Augen zu ihm auf.
»Er hat recht«, bestätigt Izzy.
»Haben Sie schon mal eins gegessen?«, fragt Shannon mit zitternder Stimme. »O nein, sagen Sie nichts, ich will es gar nicht wissen …«
»Nein, habe ich nicht«, antwortet Izzy. »Was ist mit Ihnen, Drew? Haben Sie auf Ihren Reisen schon einmal Meerschweinchen gegessen?«
»Ich war schon in Peru und Bolivien«, erzählt Drew, womit er den Vorwurf weder zugibt noch abstreitet.
»Es braucht sich keine Sorgen zu machen«, stellt Emma klar. »Wir essen hier unsere Patienten grundsätzlich nicht.« Sie grinst, und ich spüre, wie die Anspannung verfliegt. Das Meerschweinchen hört auf zu quieken. »Das wäre nicht gut fürs Geschäft.«
»Würdest du kurz einen Blick auf die Westie-Hündin werfen, wo du gerade da bist?«, bittet Izzy. »Ich muss wissen, ob du sie heute noch operieren willst oder ob ich sie füttern kann.«
»Wie geht es ihr denn?«, erkundigt sich Emma, und ich finde, sie klingt ein bisschen schuldbewusst, weil sie nicht nach ihren Patienten geschaut hat, ehe sie losgefahren ist, um Drew vom Bahnhof abzuholen.
»Ich hole sie«, biete ich an.
»Das kann ich doch übernehmen«, sagt Drew.
»Und was ist mit Ihrem Anzug – ich meine, dem Anzug Ihres Chefs?«, gebe ich zu bedenken.
Drew schaut an seiner Kleidung herab. »Er wird schon nichts dagegen haben«, meint er.
»Sie können eine Schürze haben«, ruft Izzy. »Sie sind im
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