Dann muss es Liebe sein
sehr angenehm, einen Mann in der Praxis zu haben. Sie sagt, jetzt sei alles viel entspannter und er sei sehr hilfreich, wenn es darum gehe, schwere Hunde hochzuheben«, gebe ich zurück und wünschte, ich wäre in Bezug auf Drew genauso entspannt wie sie.
»Übrigens, Maz, ich habe etwas für Sie«, sagt Frances und sieht mich eindringlich an.
Ich schaue zurück und warte auf eine Erklärung. Was hat sie für mich? Laborergebnisse? Noch ein Glas mit selbst gemachtem Chutney? (Oben in der Wohnung stehen bereits vier ungeöffnete Einmachgläser. Es schmeckt fantastisch, aber man kann auch des Guten zu viel bekommen.) Den Termin für das nächste Treffen des Frauenvereins? (Sie versucht noch immer, mich zu überreden, ihm beizutreten.)
»Ich sehe, Sie sind neugierig geworden«, fügt Frances mit einem Lächeln auf den Lippen hinzu. »Kommen Sie schon, Sie müssen doch eine Ahnung haben. Nicht eine winzig kleine Idee?«
»Ganz ehrlich, Frances, ich habe keinen blassen Schimmer, wovon Sie reden«, entgegne ich, während sie mir schon ein Päckchen über den Tresen schiebt.
»Oh.«
Wenigstens ist es kein Chutney … Ich nehme es in die Hand. Es ist eine weiße Papiertüte mit einem Apothekensymbol darauf. »Was ist das?«
»Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind, Maz Harwood. Sie sind hier die Tierärztin«, erwidert Frances streng. »Sie sagen mir zwar immer, ich soll keine Diagnosen stellen …«
»In letzter Zeit hält es sich in Grenzen«, falle ich ihr ins Wort und denke daran zurück, wie oft ich sie früher davon abhalten musste, den Tierhaltern einfach eigene Therapien zu empfehlen, ohne uns zu fragen. Ich dachte, das hätten wir hinter uns.
»In diesem Fall bleibt mir jedoch keine andere Wahl. Sie sind in anderen Umständen«, flüstert sie, als ich die Tüte öffne und hineinlinse. »Sie sind schwanger.«
Es dauert eine Weile, ehe ich begreife, was sie gesagt hat. Schwanger? Ich?
»Ich bin nicht …« Es fühlt sich an, als sei ein kleiner Vogel in meinem Brustkorb gefangen und flattere panisch darin herum. »Ich kann nicht …«
»In solchen Dingen irre ich mich sehr selten.«
»Aber das ist unmöglich«, widerspreche ich, etwas verärgert über ihre Selbstgewissheit und die Art, wie sie verschämt den Kopf auf die Seite legt.
»Der junge Mr Fox-Gifford mag zwar ein Gentleman sein, aber er ist natürlich auch ein heißblütiger …«
»Das reicht, Frances. Das ist absolut lächerlich.« Ich halte mir die Ohren zu. Mein ganzer Körper pocht, mein Kopf, meine Trommelfelle, mein Herz. Und trotzdem höre ich noch immer, wie Frances auf mich einredet. »Bitte hören Sie auf. Das ist nicht witzig.«
»Ich habe ja schon länger den Verdacht.«
»Wie lange?«
»Vier, fünf Wochen.«
»So früh kann man das gar nicht erkennen«, sage ich, denn wenn auch nur der Hauch einer Möglichkeit besteht, dass ich tatsächlich schwanger bin, dann muss es am Neujahrstag passiert sein. An dem Morgen, als Astra Lucie und Sebastian mit zurück nach London genommen hat. Ich hatte am Abend davor zu viel getrunken und die Pille nicht genommen, weil ich meinen Kulturbeutel mit der Packung darin im Otter House vergessen hatte …
»Dann geben Sie also zu, dass es möglich wäre«, hakt Frances sofort ein.
»Nein«, erwidere ich. Mir ist schlecht vor Angst – oder ist das Morgenübelkeit? »Nein, das gebe ich nicht zu.«
»Ich wusste fast von Beginn an, dass meine Schwiegertochter schwanger war. Schon in der dritten Woche. Sie war müde, ihr war übel, und sie schien von innen heraus zu leuchten, genau wie Sie.«
»Frances, manchmal reden Sie einen fürchterlichen Unsinn«, gebe ich zurück, worauf sie meinen Handrücken tätschelt.
»Dann machen Sie doch einfach den Test. Und sei es nur, um mir zu beweisen, dass ich falschliege.«
Ich werde Ihnen ganz bestimmt nicht den Gefallen tun und diesen Test machen, denke ich, als ich die Tüte mit ins Sprechzimmer nehme und sie in der Schublade hinter den Maulkörben und den ledernen Schutzhandschuhen verstecke. Ich bin nicht schwanger. Aber nachdem Frances mich auf die Idee gebracht hat, nistet sich der Gedanke in meinem Kopf ein wie ein Embryo in der Gebärmutterschleimhaut.
Die Übelkeit legt sich allmählich, und ich freunde mich mit dem Gedanken an einen kleinen Snack an. (Das Frühstück habe ich heute ausfallen lassen.) Also kann ich doch gar nicht schwanger sein, oder? Bloß steht mir der Sinn gerade nicht nach einem Müsliriegel oder einem Schokoladenkeks.
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