Dann muss es Liebe sein
Geld, sondern ums Prinzip.« Emma hält kurz inne. »Würde es dir etwas ausmachen, um halb drei Drews erste Termine zu übernehmen? Ich habe eine Menge Bürokram zu erledigen, und Drew ist noch im OP . Er hat noch die beiden Zahnbehandlungen vor sich.«
»Natürlich macht es mir nichts aus, aber was hat er denn den ganzen Morgen über getrieben? So viele Operationen waren es schließlich auch wieder nicht.«
Emma lächelt kläglich. »Nein, so viele waren es nicht, bis du die Platzwunde und den Harnröhrenverschluss aufgenommen hast.«
Ich lächle zurück und denke, wie merkwürdig es eigentlich ist, dass wir unsere Patienten nicht beim Namen, sondern bei ihren Krankheiten nennen.
»Halsen wir Drew zu viel auf?«, frage ich besorgt. »Glaubst du, er schafft das auch alles?«
»Er scheint ganz gut damit zurechtzukommen. Er ist seit über zwei Wochen hier, und bis auf den Captain gab es keine größeren Katastrophen. Die Kunden lieben ihn. Vor allem die Frauen sind hin und weg von seiner einfühlsamen Art.« Emma mustert mich. »Ist alles in Ordnung mit dir? Du bist so blass. Du hast doch nicht jetzt schon Angst vor dem Wochenende?«
»Wenn du die Reitstunde meinst, daran denke ich noch gar nicht.« Meine Finger tasten nach der Papiertüte in meiner Hosentasche.
»Hast du einen Helm?«
»Helm?«
»Einen Reithelm, Dummerchen.« Emma grinst.
»Alex geht vorher noch mit mir shoppen.«
»Der Mann weiß, was Frauen wollen.«
»Ich hoffe, das war jetzt nicht sarkastisch gemeint«, erwidere ich kurz angebunden.
»Frances hat mich schon gewarnt, dass du heute etwas dünnhäutig bist.«
»Mir geht’s gut. Ich musste letzte Nacht oft raus.« Wieso habe ich das gesagt? Ich hatte ja gar keinen Notdienst, sondern Drew. Aber Emma scheint meine Flunkerei nicht bemerkt zu haben.
Sie berührt mich kurz an der Schulter. »Dann bis später.«
Ich entscheide mich gegen ein Sandwich mit Käse und Chutney, weil ich keine Brötchen zu Hause habe, und esse stattdessen fünf Scheiben Toast mit Marmite. Dazu trinke ich heißes Wasser mit einer Scheibe Zitrone. Und die ganze Zeit über sehe ich die Papiertüte, die mittlerweile auf dem Couchtisch liegt und meinen Blick unwiderstehlich anzieht. Warum bin ich bloß so ein Feigling? Wenn ich doch so fest davon überzeugt bin, dass ich nicht schwanger bin, warum mache ich dann nicht einfach den Test?
Ich werfe ihn in den Küchenabfalleimer und gehe wieder nach unten. Von der Treppe aus höre ich Stimmen im Flur und zögere.
»Er geht nicht richtig rein.« Shannons Stimme klingt ein wenig panisch.
»Er ist drin.« Das ist Drews Stimme. »Er ist eindeutig drin.«
»Und was mache ich jetzt? Da passiert nichts.«
»Was ist, wenn ich ihn ein Stück rausziehe und dann wieder reindrücke?«, fragt Drew sanft.
»Ich glaube, das Loch ist verstopft.«
Was um Himmels willen treiben die beiden da unten? Meine Fantasie schlägt Purzelbäume, ehe ich mich dazu durchringen kann, übers Geländer zu spähen. Ich sehe Shannons Rücken. Sie beugt sich über Drew, der auf einem Hocker neben dem Isolierkäfig sitzt und mit etwas Weißem, Pelzigem auf seinem Schoß herumhantiert.
Es ist Snowy, der grippekranke Kater. Er war in den letzten Monaten schon ein paar Mal hier.
»Lass mich mal versuchen«, flötet Shannon kokett, und Drew gibt ihr eine Spritze. Ich wusste gar nicht, dass sie schon per du sind.
»Du musst ein bisschen fester drücken«, sagt Drew, woraufhin Shannon schwungvoll den Kolben der Spritze herunterdrückt. Diese ist an einem Schlauch befestigt, der im Maul des Katers verschwindet. Der Schlauch springt ab, und die Flüssigkeit spritzt in der Gegend herum. Dabei landet sie nicht nur auf dem Kater, sondern auch auf Shannon, die vor Schreck alles fallen lässt.
»Igitt, ich habe das Zeug im Haar«, jammert sie, während der Perserkater sich aus Drews Griff windet, zu seiner Schulter hinaufklettert und sich da festkrallt. Seine Nase läuft, aus seinem Fell tropft Flüssignahrung, und seine Miene drückt tiefsten Abscheu aus.
Shannon läuft den Flur entlang davon.
»Hey, wo willst du hin?«, rufe ich hinter Shannon her und renne die Stufen hinunter. »Was ist mit deinem Patienten?«
»Ich muss mich übergeben«, ruft sie zurück.
»Lassen Sie sie lieber gehen«, meint Drew belustigt. »Das lernt sie schon noch.«
Mit einem leisen Lachen – ich darf das, denn mir ist das auch schon mehr als einmal passiert – hebe ich den Kater von Drews Schulter und löse vorsichtig seine
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