Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)
ein ganz ausgeprägtes Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, gepaart mit einer gehörigen Portion Hypochondrie und dem Gehabe einer Oberklasse-Diva, hat. Der Typ Frau, welcher aufgrund seines gesamten Habitus (klein, schmal, große Kinderaugen in dreieckigem Mädchengesicht) in jedem erst einmal den Beschützerinstinkt wachruft – und diese Nummer hatte sie bis zum Erbrechen perfektioniert. Nee – eigentlich hat sie es mittlerweile völlig übertrieben.
Die Schwester schnauft wie mein asthmatischer Gaul nach einem Sprint über die Felder, und ich bin eher gerade in echter Sorge um ihre Gesundheit.
»Josi, du musst kommen, jetzt sofort ! Schwänchen hat Schmerzen beim Atmen !«
Schwester Hildegard offenbar auch, denn ihr Schnaufen nimmt bedrohlich an Lautstärke zu …
»Und wenn sie heute nur noch ein einziges Mal den Klingelknopf drückt, dann spring ich aus dem Fenster, ich SCHWÖRE!«
Hildegard ist ein herzensguter Mensch, Schwester mit Leib und Seele, groß, gemütlich – und die Ruhe in Person. Sie auf die Palme zu bringen ist ungefähr so einfach, wie die Sonne aufgehen zu lassen. Aber jetzt ist Schluss mit lustig – denn Hildegard kocht!
»Süße – ich komme, ehrlich, sobald wir hier fertig sind! Versprich mir, dass du weder dir noch ihr zwischenzeitlich etwas antust. Ruf den diensthabenden Internisten und sag, er soll ihr Blut checken, schwangere Laborwerte sind immer irgendwie seltsam. Dann ist sie ein bisschen beschäftigt und er kann sich mit ihr rumschlagen!«
15 . 15 Uhr
Geschafft, verschwitzt und schwanger, außerdem mit Blut bekleckert und nichts als einem Sechs-Uhr-Frühstück im Magen laufe ich in Schwänchens Zimmer ein – und ertappe die Kleine entspannt sowie völlig unleidend in ihrem Bettchen liegend, während sie sich gerade über irgendeine Fernsehsendung beömmelt. Als sie meiner ansichtig wird, schaltet ihr Autopilot zwar DIREKT zurück auf Leidensmodus, aber – zu spät! Heute war ich schneller! Und ich biete gerade zweifellos einen furchteinflößenden Anblick: Schwanger und hungrig ist keine gute Kombination. Obendrein stehen mir die Strapazen des Tages offensichtlich ins Gesicht geschrieben. Frau Schwan starrt mich beunruhigt an.
»Schwänchen, deine Laborwerte sind so jungfräulich wie die heilige Mutter Gottes, du hast kein Fieber, zurzeit offensichtlich keine Schmerzen, und auch sonst ist alles im grünen Bereich. Du darfst jetzt noch bis 20 Uhr fernsehen, und dann wird geschlafen. Durch. Bis morgen früh. Sonst werd ich echt ungemütlich. Alles klar?«
Eines muss man der Kleinen lassen – kampflos gibt sie das Spiel nicht auf. Die Schultern gestrafft und mit einem Schimmer Widerspruch im Blick setzt sie an:
»Aber wenn ich Luft hole, dann …«
Ein letzter, autoritärer Blick mit der berühmten einseitig hochgezogenen Herr-Chaos-Augenbraue lässt das Tierchen verstummen.
Eins zu null für mich! Für heute. Mal sehen, wer morgen die meisten Punkte macht.
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»Guten Tag, mein Name ist Dr. Olivia von Mille, und SIE hab ich hier ja schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen!«
Der Hohn tropft beinahe sichtbar aus jedem einzelnen dieser eindeutig an mich adressierten Worte, und ich ziehe beschämt den Kopf zwischen die Schultern, als Olivia hocherhobenen Hauptes an mir vorüberstolziert, um Herrn Chaos zu begrüßen.
»Na, du armer, Kerl. Hat sie dich wenigstens endlich eingeweiht? – Das wurde ja auch Zeit!«
Und während sie ihn freundschaftlich umarmt, tätschelt sie mitleidig seinen Rücken.
»Jaja – ist schon recht! Kümmere dich gar nicht um mich. Ich kann auch noch mal gehen und später wiederkommen! Oder du schallst gleich ihn statt mich , dann kann ich direkt nach Hause fahren!«
Schmollend und mit einer ordentlichen Portion schlechten Gewissens sitze ich auf Olivias vanillegelber Echtlederliege und lass die Beine baumeln. Ich bin schwanger und habe Hunger, mir ist warm, ich muss pinkeln, und mein Rücken bringt mich gleich um. Was ich jetzt brauche, sind Liebe und Zuwendung – keine Vorhaltungen.
»Ich wollte ja letzte Woche zur Vorsorgeuntersuchung kommen«, versuche ich mich zu verteidigen. »Aber das verdammte Pferd ist an allem schuld. Das musste nämlich mal wieder seinen Haus-und-Hof-Arzt konsultieren. Irgendwas mit den Zähnen …«
Jetzt starrt Olivia zur Abwechslung mal Herrn Chaos vorwurfsvoll an. »Du lässt sie ernsthaft mit Riesen-Baby-Maverick beim
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