Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)
jungfräulichen Plan des Folgemonats in der Frühbesprechung aufschlägt, woraufhin erst einmal allgemeines, hektisches Suchen nach dem eigenen Kalender losgeht. Wann hatte noch mal Tante Erna Geburtstag? Findet der Elternabend bei Fräulein Sauer am dritten oder vierten Mittwoch statt? Und wann ist der Mann noch gleich auf Geschäftsreise?
Zum Glück hatte Steve Jobs diese wunderbare Idee mit dem iPhone, welches immer und zu jeder Tageszeit den aktuellen Kalender bis in das Jahr 2387, alle Kinder- und Ehegattentermine sowie die wichtigsten Feiertage ausspuckt. Feiertage kennen ist für die persönliche Planung nämlich essentiell wichtig, denn haste-nicht-gesehen schiebst du zu Christi-Himmelfahrt Dienst, obwohl du dir doch eigentlich nur mit einem ganz normalen Donnerstag ein langes Wochenende kaufen wolltest. Und alle Grillpartys finden dann ohne dich statt. Dumm gelaufen!
Aber zurück auf Anfang.
Dr. Wilma, die Frau mit dem Dienstplan, kommt also wild mit dem leeren Papier wedelnd hereingeschneit, und besagte Hektik bricht aus, bis die Übergabe vorüber und der Chef verschwunden ist. Anschließend wird die Hektik augenblicklich durch völliges Tohuwabohu abgelöst, weil jeder Assistent lautstark und vor allem gleichzeitig mitzuteilen versucht, an welchen Tagen er auf gar keinen Fall Dienst machen kann. Oder will. Oder beides.
Jeannie zum Beispiel hat gerade mal wieder ihre Kunstgriffel generalüberholen lassen, und da diese keinerlei Kontakt mit Desinfektionsmitteln vertragen, sind die ersten drei Wochen des kommenden Monats völlig dienstindiskutabel. Sagt sie und schlägt unschuldig ihre 15 Millimeter langen Kunstwimpern nieder.
»Vergiss es, Liebelein!«, raunze ich genervt. »Der Monat hat 31 Tage, du zwei gesunde Hände, und wenn du mit denen keine Dienste machen willst, musst du Harz IV beantragen, alles klar?«
Ich bin es ein wenig leid, mir diese ewigen Leiern anzuhören: »Ich kann hier aber nicht – ich will da gerne nicht – und überhaupt in keinem Fall mehr als einen Dienst.«
Nee, ist klar! Früher gab es solche Mätzchen nicht. Da hat der diensteinteilende Assistent die Tage mit dem Würfel vergeben und alles was übrig blieb, durfte er dann selbst machen. So war das, als Medizin noch ehrenvoll war. Jawoll!
Jeannie zieht zunächst einen beleidigten Flunsch, holt dann aber brav ihren Blackberry aus der Louis-Vuitton-Fake-Tasche und fängt augenblicklich an, wild entschlossen darauf herumzuhacken.
Essentiell, weil immer am schwierigsten an den Mann und die Frau zu bringen, ist die Verteilung der Wochenenden. Kaum ein normaler Mensch legt gesteigerten Wert darauf zu arbeiten, wenn der Rest der Welt gemütlich daheim sitzt und seine Freizeit genießt. Ich bin mir sicher: Zwei Drittel aller Medizinstudenten würde sich noch während des Studiums umorientieren und Anwalt oder Lehrer werden, wenn man schon ab dem ersten Semester Vierundzwanzig-Stunden-Samstag-Dienste ableisten müsste. Mich eingeschlossen.
Hilft aber alles nichts, wir sind nun mal nicht rechtzeitig abgesprungen, und so gilt es, die Wochenenddienste des nächsten Monats einigermaßen fair unter den Anwesenden zu verteilen. Ich kann nur sagen: DAS ist wirklich harte Arbeit.
Ein, zwei, drei Frei- und Sonntage gehen gerade so weg. Jeannie nimmt den erstbesten Samstag, in der Hoffnung, zwei Dienste weniger als Bonus zu kassieren. Doch sorry, Schönheit, das kannst du gerne knicken!
Das Bambi schaut immer wieder betrübt von seinem Blümchen-Kalender auf den noch arg unterbesetzten Plan und murmelt wirres Zeug. »Zumba« höre ich es sagen und »Da ist doch Balint-Gruppe« seufzen. Aber immerhin sind nach drei verdrückten Tränchen und zwei Dutzend Stoßseufzern schon mal sechs Dienste weniger zu besetzen.
»Wie lange machst du eigentlich noch Dienste«, raunt es verschwörerisch herüber und starrt vielsagend auf meine mehr schlecht als recht getarnte Babywampe.
»Schhh – Bambi! Wenn du nicht gleich still bist, oute ich mich auf der Stelle! Dann kannst du meine Nächte gleich mit übernehmen!«
Immer schön mit dem Finger in der Wunde herumbohren. Aber das mit dem Outing ist halt so eine Sache.
»Du musst es Böhnlein jetzt langsam mal beichten. In vier Wochen fängt der Mutterschutz an und du schiebst immer noch Dienste!«
Der Gatte ist selten böse. Gestern war er nicht nur böse, sondern sauer. Versteh ich ja. Aber wer versteht mich?
»Wenn ich jetzt Bescheid sage, kann ich die nächsten Wochen nur noch
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