Danse Macabre
jeder Filmproduzent hofft - Filme wie Star Wars, Jaws,
American Graffiti, The Godfather (dt: Der Pate), Gone With
the Wind (dt: Vom Winde verweht) und natürlich The Exorcist
-, immer das demographische Vorhängeschloß aufbrechen,
das der Feind jeden intelligenten Filmemachens ist. Es
kommt vergleichsweise selten vor, daß Horror-Filme das tun,
aber The Exorcist war ein Musterbeispiel (und wir haben
schon von Amityville Horror gesprochen, einem anderen
Film, der ein überraschend altes Publikum gefunden hat).
Ein Film, der direkt auf die Fünfzehnjährigen zugeschnitten war, die das Rückgrat des Kinopublikums bilden - und
einer mit einem entsprechend zugeschnittenen Subtext-, war
Brian De Palmas Adaption meines Romans Carrie. Ich bin
der Meinung, daß Buch und Film auf denselben sozialen Situationen beruhen, um Text und Subtext des Horrors zu lie fern, aber es bestehen doch genügend Unterschiede, um
einige interessante Bemerkungen über De Palmas Filmversion zu machen.
Roman und Film haben beide ein angenehmes High
School Confidental-Gefühl, und das Skelett der Handlung ist
weitgehend dasselbe geblieben, trotz einiger oberflächlicher
Veränderungen (Carries Mutter scheint zum Beispiel im Film
eine Art abtrünnige Katholikin zu sein). Die Geschichte handelt von einem Mädchen namens Carrie White, der unglücklichen Tochter einer religiösen Fanatikerin. Carrie ist wegen
ihrer seltsamen Kleidung und ihrer schüchternen Art das
Opfer eines jeden Klassenstreichs, in jeder Situation die gesellschaftliche Außenseiterin. Sie hat außerdem eine gelinde
telekinetische Begabung, die nach ihrer ersten Menstruation
stärker wird, und sie verwendet die se Macht schließlich, um
den Ballsaal nach einer schrecklichen gesellschaftlichen Katastrophe während ihrer Abschlußfeier dem Erdboden gleichzumachen.
De Palmas Umgang mit dem Material war leichter und dennoch nachdrücklicher als mein eigener - und wesentlich
künstlerischer; das Buch versucht, die Einsamkeit eines Mädchens zu beschreiben, ihre verzweifelte Anstrengung,Teil der
Gesellschaft zu werden, in der sie leben muß, und das letztliche Scheitern derselben. Wenn diese Aufarbeitung von High
School Confidental (dt: Mit siebzehn am Abgrund) überhaupt
eine These zu bieten hatte, dann die, daß die High School ein
Ort fast grenzenlosen Konservativismus und grenzenloser Bigotterie ist, ein Ort, wo den Heranwachsenden, die ihn besuchen, ebenso wenig gestattet wird, »über ihren Platz hinaus«
aufzusteigen, wie einem Hindu erlaubt werden würde, über
seine oder ihre Kaste hinaus aufzusteigen.
Aber ich glaube, das Buch enthält ein wenig mehr Subtext
als das - jedenfalls hoffe ich es. Wenn The Stepford Wives davon handelt, was Männer von Frauen wollen, dann handelt Carrie weitgehend davon, wie Frauen ihre eigenen Kanäle
der Macht finden und wovor Männer bei Frauen und der
weiblichen Sexualität Angst haben …, womit ich nur sagen
möchte, daß ich mir vollkommen darüber im klaren war, was
Women’s Liberation für mich und andere Angehörige meines
Geschlechts bedeutete, als ich das Buch 1973 geschrieben
habe, gerade drei Jahre nach Beendigung des College. Was
seine erwachseneren Implikationen anbelangt, behandelt das
Buch das unbehagliche, männliche Zurückschrecken vor
einer Zukunft weiblicher Gleichberechtigung. Für mich ist
Carrie White ein auf traurige Weise mißbrauchter Teenager,
ein Beispiel für die Art von Person, deren Seele in der Grube
von Männer- und Frauenfressern, die jede Vorort-HighSchool darstellt, so oft gebrochen worden ist. Aber sie ist
auch eine Frau, die zum ersten Mal ihre Kräfte spürt und wie
Samson am Ende jeden Tempel niederreißt, den sie sieht.
Starker, schwülstiger Tobak - aber im Roman ist er nur da,
wenn Sie ihn auch wollen. Wenn nicht, ist mir das auch recht.
Ein Subtext wirkt nur dann, wenn er unaufdringlich ist (diesbezüglich war ich vielleicht zu erfolgreich; bei ihrer Besprechung von De Palmas Film tat Pauline Kael meinen Roman
als »anspruchslose Unterhaltung« ab - ein deprimierenderes
Urteil kann man sich nicht vorstellen, aber ganz unzutreffend
ist es nicht).
De Palmas Film ist da ambitionierter. Wie in The Stepford
Wives, existieren auch in Carrie Humor und Horror Seite an
Seite und spielen einander aus, und erst als der Film sich seinem Ende nähert, nimmt der Horror endgültig Überhand.
Wir sehen Billy Nolan (von JohnTravolta gut gespielt), der
den Polizisten ein breites »Ich-doch-nicht«-Grinsen
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