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Danse Macabre

Danse Macabre

Titel: Danse Macabre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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schenkt,
während er eine Bie rdose zwischen den Beinen versteckt
hält; das ist ein Augenblick, der an American Graffiti erinnert. Wenig später jedoch sehen wir ihn, wie er mit einem Vorschlaghammer nach einem Schwein im Stall schlägt - das
»Ich-doch-nicht«-Grinsen hat irgendwie die Grenze zum
Wahnsinn überschritten, und genau um diesen Grenzübertritt dreht sich der ganze Film.
    Wir sehen drei Jungs (einer ist der nominelle Held des
Films, gespielt von William Katt), die in einer Art »Gas
House Kids«-Routine Fräcke für den Abschlußball anprobieren, zu der auch Donald-Duck-ähnliches Sprechen und Zeitraffer gehören. Wir sehen die Mädchen, die Carrie im Duschraum gedemütigt haben, indem sie mitTampons und Monatsbinden nach ihr warfen, auf dem Sportplatz zu langsamer, träger Musik, die an den »Baby Elephant Walk« erinnert, dafür
Buße tun. Und dennoch spüren wir unter diesen albernen
und gelinde amüsanten High-School-Szenen einen leeren,
fast unbestimmten Haß, die beinahe ungeplante Rache an
einem Mädchen, das sich bemüht, über ihren Status hinauszugelangen. Ein Großteil von De Palmas Film ist überraschend fröhlich, aber wir spüren, daß seine Fröhlichkeit gefährlich ist; dahinter lauert das »Ich-doch-nicht«-Grinsen,
das zur erstarrten Fratze geworden ist, und die Mädchen, die
bei ihren Freiübungen schwitzen, sind dieselben, die Carrie
kurz davor »Stopf’s zu, stopf’s zu, stopf’s zu!« zugerufen
haben. Am schlimmsten ist natürlich der Eimer voll Schweineblut, der auf dem Balken über der Stelle steht, wo Carrie
und Tommy (Katt) schließlich gekrönt werden sollen …, und
nur auf seinen Augenblick wartet.
    De Palma geht mit seiner vorwiegend weiblichen Besetzung schlau und geschickt um. Als ich den Roman schrieb,
kämpfte ich mich mühsam bis zum Ende vor und versuchte,
es mit dem, was ich über Frauen wußte (was nicht gerade sehr
viel war), so gut zu machen, wie es eben ging. Dieses Bemühen zeigt sich in dem fertigen Buch. Es ist eine schnelle und
unterhaltsame Lektüre, glaube ich, und (jedenfalls für mich)
ziemlich spannend. Aber es findet sich auch eine gewisse Unbeholfenheit, die ein guter Unterhaltungsroman nicht haben
sollte, ein Gefühl von »Sturm und Drang«, das ich nicht loswerden konnte, so sehr ich es auch versuchte. Was die Personen und ihr Handeln anbelangt, scheint das Buch klar und
aufrichtig genug zu sein, aber ihm fehlt der Stil von De Palnias Film.
    Das Buch versucht, den Ameisenhaufen der High-SchoolGesellschaft in der Totalen zu erfassen; De Palmas Version
dieser High-School-Confidental-Welt ist vielschichtiger …
und beißender. Der Film kam zu einer Zeit, als Filmkritiker
sich darüber beschwerten, daß keine Filme mit guten, fleischigen Frauenrollen gedreht werden würden …, aber keiner
dieser Kritiker scheint bemerkt zu haben, daß Carrie in seiner filmischen Inkarnation fast ausschließlich den Damen gehört. Billy Nolan, eine wichtige - und angsteinflößende - Person in dem Buch, spielt im Film bestenfalls eine Nebenrolle.
Tommy, der Junge, der Carrie zum Abschlußball führt, wird
im Roman als Junge porträtiert, der sich nach Kräften bemüht, etwas Männliches zu tun - er versucht auf seine Weise,
das Kastensystem aufzubrechen. Im Film ist er wenig mehr
als der Hampelmann seiner Freundin, ihr Werkzeug der Buße
für ihrenTeil an der Szene im Duschraum, als Carrie mit Monatsbinden beworfen wurde.
    »Ich gehe nicht mit jemandem, wenn ich nicht will«, sagte
Tommy geduldig. »Ich frage dich, weil ich dich fragen
will.« Er wußte, daß das sogar die Wahrheit war.
    Als Carrie jedoch im Film Tommy fragt, weshalb er ihr die
Ehre einer Einladung zum Abschlußball gibt, schenkt er ihr
ein atemberaubendes »Sonne-und-Surfen«-Grinsen und
sagt: »Weil dir mein Gedicht gefallen hat.« Das, nebenbei,
seine Freundin geschrieben hatte.
    Der Roman betrachtet die High School auf durchaus normale Weise: als die bereits erwähnte Grube von Männer- und
Frauenfressern. Da Palmas soziologischer Standpunkt ist origineller: Er sieht die Vorortschule weißer Kinder als eine Art
Matriarchat. Einerlei, wo man auch hinsieht, hinter den Kulissen sind Mädchen die Drahtzieher von allem, ziehen an unsichtbaren Fäden, türken Wahlen, benützen ihre Freunde als
Strohmänner. Gegen diesen Hintergrund wird Carrie doppelt
bemitleidenswert, weil sie nicht imstande ist, so etwas zu tun
- sie kann nur darauf warten, durch dieTaten von anderen verdämmt oder erlöst zu werden.

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