Danse Macabre
Jahre zurückflieht.
Wie Naha schreibt, lag während der letzten Saison »keinem
von CBS wirklich noch etwas an der Serie«. Er führt weiter
aus, daß ABC, das mit The Outer Limits einigen Erfolg gehabt hatte, Fühler zu Serling ausstreckte, er sollte eine sechste Saison bei ihnen machen. Serling weigerte sich. »Ich
glaube, ABC wollte jede Woche eine Reise auf den Friedhof
unternehmen«, sagte er.
Für Serling war das Leben nicht mehr wie vorher. Der zornige junge Mann, der Patterns geschrieben hatte, fing an,Werbespots zu drehen - die unverkennbare Stimme konnte man
fortan hören, wie sie Reifen und Arzneimittel anpries, eine
bizarre Wendung, die an den gebrochenen Kämpfer in Requiem for a Heavyweight erinnert, der damit endete, daß er
bei abgesprochenen Ringkämpfen mitmachte. Und 1970 fing
er an, diese »Reise auf den Friedhof« zu übernehmen - nicht
für ABC, sondern für NBC, als Gastgeber und gelegentlicher
Autor von Night Gallery. Die Serie wurde unweigerlich mit Twilight Zone verglichen, obwohl Gallery lediglich eine verwässerte Form von Thriller war, bei der Serling Karloffs Rolle
als Gastgeber übernommen hatte.
Serling hatte nicht die kreative Kontrolle, die er bei Twilight Zone gehabt hatte. Er beschwerte sich einmal darüber,
daß das Studio versuchte, Night Gallery in »Mannix mit
einem Leichentuch« zu verwandeln. Nichtsdestotrotz produzierte Night Gallery einige interessante Folgen, darunter
Adaptionen von Lovecrafts »Cool Air« (dt: »Kühle Luft«)
und »Pickman’s Model« (dt: »Pickmans Modell«). Außerdem
präsentierte sie eine Folge, die als eine der furchteinflößendsten gewertet werden muß, die jemals über den Bildschirm
geflimmert sind. »Boomerang«, nach einer Story von Oscar
Cook, handelte von einem kleinen Käfer mit dem Namen
Ohrwurm. Der Ohrwurm wurde dem Bösewicht ins Ohr gesetzt und fing an - schluck! -, sich einen Weg durch das Gehirn zu fressen, was den Mann in einen Zustand unerträglicher, schweißtreibender Schmerzen versetzte (der physiologische Grund dafür wird nie erklärt, da das Gehirn keine
Schmerzrezeptoren hat). Man sagt ihm, daß nur eine minimale Chance besteht, daß sich das winzige Tier quer durch
das Gehirn frißt und den Ausgang beim anderen Ohr findet;
wahrscheinlicher ist, daß es sich durch das ganze Gehirn fressen wird, bis der Mann verrückt wird … oder Selbstmord begeht. Der Zuschauer ist unendlich erleichtert, als das schier
Unmögliche geschieht und der Ohrwurm tatsächlich auf der
anderen Seite herauskommt …, und dann kommt der Knüller: Der Ohrwurm war ein Weibchen, und das hat Eier dort
drinnen gelegt. Millionen.
Die meisten Folgen von Night Gallery waren bei weitem
nicht so furchteinflößend, und die Serie wurde abgesetzt,
nachdem sie in der einen oder anderen Form drei Jahre
durchs Programm gehinkt war. Es war Serlings letzter StarAuftritt.
»An seinem vie rzigsten Geburtstag«, schreibt Naha,
»machte Serling seinen ersten Fallschirmsprung seit dem
Zweiten Weltkrieg.« Serlings Grund? »Ich habe es getan«,
sagte er, »um zu beweisen, daß ich nicht alt war.« Aber er sah
alt aus; ein Vergleich zwischen den ersten Werbefotos von Twilight Zone und denen in der Kulisse von Night Gallery, vor
den größtenteils idiotischen Bildern, zeigt eine Veränderung,
die fast schockierend ist. Serlings Gesicht ist runzlig geworden, sein Hals schwabblig; es ist das Gesicht eines Mannes,
der sich teilweise in der Säure des Fernsehens aufgelöst hat.
1972 empfing er einen Interviewer in seinem Arbeitszimmer,
in dem überschwengliche Besprechungen von Requiem, Patterns und seinen anderen preisgekrönten Drehbüchern aus
vergangenen Zeiten hingen.
»Manchmal komme ich nur hier herein, um sie mir anzusehen«, sagte er. »Solche Besprechungen habe ich seit Jahren
nicht mehr bekommen. Jetzt weiß ich, weshalb Leute Alben
haben und so etwas einkleben - um zu beweisen, daß es wirklich einmal geschehen ist.« Der Mann, der an seinem vierzigsten Geburtstag mit dem Fallschirm sprang, um zu beweisen,
daß er noch nicht alt ist, bezeichnet sich in dem Interview mit
Linda Brevelle, das neun Jahre später im LaTaverna, Serlings
Lieblingslokal in LA, aufgenommen wurde, ständig als alt;
sie dagegen charakterisiert ihn als »kraftvoll und quicklebendig«, doch die beunruhigenden Zitate tauchen immer wieder
auf; einmal sagt er: »Ich bin noch kein alter Mann, aber ich
bin auch nicht mehr jung«; später sagt er dann, er sei alt.
Warum ist er nicht aus dem
Weitere Kostenlose Bücher