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Danse Macabre

Danse Macabre

Titel: Danse Macabre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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die Wirklichkeit, das Herz stärker als
der Kopf. Will und Jim werden enthüllt, aber nicht als die
schäbigen, schmutzigen Jungs aus Lord of the Flies, sondern
als Geschöpfe, die fast vollkommen aus Mythos geschaffen
sind, einem Traum von der Kindheit, der in Bradburys Händen glaubwürdiger als die Wirklichkeit wird.
    Am Vormittag und Nachmittag hatten sie lärmend alle Karussells ausprobiert, schmutzige Milchflaschen umgeworfen, nach Ringen geangelt und sich mit offenen Ohren,
Augen und Nasen ihren Weg durch die quirlende Menge gebahnt, die auf Laub und Sägespänen herumtrampelte …
    Wie kamen sie zu den Mitteln für ihren Tag auf dem Jahrmarkt? Die meisten Kinder in einer ähnlichen Situation müssen ihr Geld zählen und dann den schmerzlichen Prozeß des
Aussuchens undWählens durchmachen; Jim und Will können
offensichtlich alles machen. Aber auch das ist okay. Sie sind
unsere Repräsentanten im vergessenen Land der Kindheit,
und ihr scheinbar endloser Vorrat an Kleingeld (und ihre todsichere Zielsicherheit, was die Porzellanteller und Stapel von
Milchflaschen anbelangt) wird mit Entzücken und wenig
oder gar keinem vernunftmäßigen Zögern akzeptiert. Wir
glauben es so, wie wir einst glaubten, daß Pecos Bill den
Grand Canyon grub, als er einesTages müde nach Hause kam
und Hacke und Schaufel hinter sich herzog, statt sie wie sonst
auf dem Rücken zu tragen. Beide sind erschrocken, aber es
ist die einmalige Fähigkeit dieser Mythen-Kinder, an ihrem
Schrecken Spaß zu haben. »Sie hörten beide auf, am schnellen Schlagen ihrer Herzen Spaß zu haben«, sagt Bradbury.
    Cooger and Dark werden zu Bradburys Mythos des Bösen,
sie bedrohen diese Kinder - nicht wie Gangster oder Entführer oder irgendwelche realistischen Bösewichter; Cooger ist
mehr wie der von der Schatzinsel heimgekehrte Alte Pew, der
seine Blindheit gegen ein böses Abfallen der Jahre eingetauscht hat, als das Karussell durchdrehte. Als er Will und Jim
entgegenzischt: »Ein kurzes … trauriges … Leben …
euch … beiden …«, verspüren wir dasselbe behagliche Zittern, das wir empfanden, als der Schwarze Fleck zum ersten
Mal im Admiral Benbow überreicht wurde.
    Als sie sich vor den Sendboten des Jahrmarkts verstecken,
die unter dem Anschein einer freien Parade in die Stadt kommen und nach ihnen suchen, bietet Bradbury seine beste Zusammenfassung dieser Kindheit, der man sich in Mythen
erinnert; der Kindheit, die tatsächlich zwischen langen Abschnitten der Langeweile und so unliebsamen Aufgaben wie
Holz holen, Geschirr spülen, den Müll hinaustragen oder auf
den kleinen Bruder oder die kleine Schwester aufpassen existiert haben mag (wahrscheinlich ist es wichtig für diese Vorstellung vom Traumkind, daß sowohl Jim als auch Will Einzelkinder sind).
    Sie waren in alten Garagen untergeschlüpft, in alten Scheunen, sie hatten sich in den höchsten Bäumen versteckt, die
sie erklimmen konnten, und als die Langeweile schlimmer
wurde als ihre Angst, waren sie wieder heruntergeklettert,
zum Polizeichef gegangen und bei einem freundlichen Gespräch zwanzig Minuten lang im Revier sicher gewesen.
Dann kam Will auf die Idee, die Kirchen zu besuchen. Sie
stiegen in alle Kirchtürme der Stadt, verscheuchten die
Tauben von den Simsen. (…) Aber auch da packte sie die
Langeweile, das Ewiggleiche ermüdete sie. Sie waren
schon nahe daran, sich den Zirkusleuten zu stellen, damit
sie wenigstens etwas zu tun hatten, da ging glücklicherweise die Sonne unter.
    Der einzige effektive Gegenpart von Bradburys Traum-Kindern ist Charles Halloway, der Traum-Vater. In der Gestalt
von Charles Halloway finden wir etwas Anziehendes, wie es
uns nur die Fantasy mit ihren ausgeprägten mythenschöpfenden Fähigkeiten geben kann. Ich finde, daß drei Punkte an
ihm erwähnenswert sind.
    Erstens: Charles Halloway versteht den Mythos der Kindheit, den die beiden Jungs leben; allen unter uns, die wir uns
verbittert von unseren Eltern trennten, weil wir spürten, daß
sie unsere Jugend nicht verstanden, gibt Bradbury ein Porträt
der Art von Eltern, die wir unserer Meinung nach verdient
hätten. Seine Reaktionen sind solche, die sich nur wenige
echte Eltern leisten können. Seine väterlichen Instinkte sind
offenbar auf übernatürliche Weise ausgeprägt. Eingangs hat
er die beiden Jungen gesehen, wie sie vom Aufbau des Jahrmarkts nach Hause liefen, und er ruft leise ihre Namen …,
aber mehr nicht. Und er spricht Will auch später nicht darauf
an, wenngleich die beiden

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