Danse Macabre
Mal, daß diese beiden Schriftsteller sich
desselben Themas angenommen haben. Beide haben Zeitreisegeschichten über Männer geschrieben, die einer schrecklicheren Ge genwart entfliehen und in eine freundlichere Vergangenheit gelangen: Finneys Time And Again (1970), in dem der Held zur Ostküste
Amerikas um die Jahrhundertwende zurückkehrt, und Mathesons Bid Time Return (1975), in dem der Held zur Westküste Amerikas um
die Jahrhundertwende zurückkehrt. Der Wunsch, der von Powers so
genannten »kulturellen Entmenschlichung« zu entkommen, ist in beiden Fällen ein Faktor, aber unterschiedlichere Abhandlungen der
Einfälle - und unterschiedlichere Enden - kann man sich kaum vorstellen.
einer zunehmend von Maschinen, Magnetband und einem
Gleichgewicht des Schreckens beherrschten Welt, in der künftige Kriege stets mit einem Seitenblick auf eine »akzeptable
Sterberate« hin geplant werden. In Scott Carey sehen wir
eines der inspiriertesten und originellsten Symbole dieser
modernen Entwertung der menschlichen Währung, die jemals geschaffen worden sind. Einmal überlegt Carey, daß er
überhaupt nicht schrumpft, sondern die Welt statt dessen größer wird. Wie auch immer man das sehen mag - Entwertung
des Individuums oder Inflation der Umwelt -, das Ergebnis
ist dasselbe: Während Scott schrumpft, behält er im Grunde
genommen seine Individualität, verliert aber dennoch mehr
und mehr die Kontrolle über seine Welt. Matheson betrachtet
sein Buch, wie Finney, auch »nur als eine Geschichte«, und
obendrein eine, mit der er sich nicht mehr besonders verbunden fühlt. Er bemerkt:
»Ich habe 1955 angefangen, an dem Buch zu arbeiten. Es
war das einzige Buch, das ich im Osten geschrieben habe wenn man einen Roman ausnimmt, den ich schrieb, als ich
sechzehn war und in Brooklyn lebte. Die Dinge liefen hier
draußen [in Kalifornien] nicht so gut, und ich dachte, um meiner Karriere willen könnte es gut sein, wieder im Osten,
näher bei den Verlagen, zu sein; ich hatte die Hoffnung aufgegeben, in die Filmbranche einsteigen zu können.Tatsächlich
hatte der Umzug nichts Vernünftiges. Ich hatte es an der
Küste einfach satt und überzeugte mich selbst, wieder nach
Osten zu ziehen. Dort lebte meine Familie. Mein Bruder
hatte eine Firma dort, und ich wußte, ich konnte Arbeit bekommen, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen, falls es
mir nicht gelingen sollte, etwas zu verkaufen, das ich geschrieben hatte.* Also zogen wir um. Wir mieteten ein Haus
* In The Shrinking Man wird Scott Careys Leben zu einem immer lauteren, immer disharmonischeren Gemisch von Ängsten; eine der größten ist der schwindende Geldvorrat und sein Unvermögen, die Familie
zu versorgen, wie er es immer getan hat. Ich möchte nicht sagen, daß
Matheson etwas so Einfaches getan hat, wie seine eigenen Empfindungen zu der Zeit auf seine Figur zu übertragen, aber ich möchte doch
sagen, daß Mathesons eigene Frustrationen zu der Zeit es ihm ermöglichten, Carey um so überzeugender zu gestalten.
in Sound Beach auf Long Island, als ich das Buch schrieb. Ich
hatte den Einfall schon ein paar Jahre vorher gehabt, als ich
in Redondo Beach ein Kino besucht hatte. Es war eine alberne Komödie mit Ray Milland und Jane Wyman und Aldo
Ray, speziell eine Szene, in der Ray Milland Janes Appartement überstürzt verläßt und dabei versehentlich Aldos Hut
aufsetzt, der ihm bis über die Ohren sank. Etwas in mir
fragte: >Was wäre, wenn ein Mann seinen eigenen Hut aufsetzt und genau dasselbe passiert?< So kam mir der Einfall.
Der gesamte Roman wurde im Keller des gemieteten Hauses auf Long Island geschrieben. Dabei habe ich etwas Listiges gemacht. Ich habe den Keller überhaupt nicht verändert.
Da unten stand ein Schaukelstuhl, und ich ging jeden Morgen
mit meinem Bleistift und dem Notizblock hinunter und stellte
mir vor, was mein Held an diesem Tag tun würde.* Ich mußte
mir den Ort der Handlung nicht einprägen oder mir Notizen
machen. Alles lag erstarrt vor mir. Als ich bei den Dreharbeiten des Films anwesend war, war das faszinierend, denn die
Kulisse des Kellers erinnerte mich stark an den Keller in
Sound Beach, und ich verspürte ein vorübergehendes, angenehmes Gefühl von deja vu.
Ich brauchte etwa zweieinhalb Monate, den Roman zu
schreiben. Ursprünglich verwendete ich dieselbe Struktur
wie der Film, ich fing mit dem Beginn des Schrumpfungsprozesses an. Das funktionierte nicht, weil es zu lange dauerte,
zu den >guten Szenen< zu gelangen. Daher änderte ich
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