Danse Macabre
uns
durch Ebenen abnormaler Psychologie zu etwas, das viel, viel
schlimmer ist.
Campbell ist sich seiner literarischen Wurzeln voll bewußt
- er erwähnt Lovecraft (und fügt das »natürlich« fast unbewußt hinzu), Robert Bloch (er vergleicht das Ende von The
Doll im Keller mit dem Höhepunkt von Psycho, als Lila
Crane Norman Bates’ »Mutter« in einem ähnlichen Keller ertragen muß) und Fritz Leibers Geschichten urbanen Horrors
(etwa »The Smoke Ghost« [dt: »Das Rußgespenst«]) und
noch bemerkenswerter Leibers unheimlichen, in San Francisco spielenden Roman Our Lady of Darkness (dt: Herrin
der Dunkelheit}, der beim World-Fantasy-Konvent 1978
einen Preis als bester Roman erhielt. In Our Lady of Darkness entwickelt Leiber die These, daß eine Stadt ein Eigenleben entwickeln könnte, wenn sie komplex genug wird, das
sich vom Leben der Menschen, die dort wohnen und arbeiten, unterscheidet - ein böses Bewußtsein, das auf eine unerklärte Weise mit Lovecrafts Großen Alten verbunden ist
sowie, was für Leibers Roman wichtiger ist, mit Clark Ashton
Smith. Amüsanterweise deutet eine der Personen in Our
Lady of Darkness an, San Francisco sei erst wirklich intelligent geworden, als die Transamerica Pyramid fertiggestellt
und bewohnt war.
Campbells Liverpool verfügt nicht über diese Art bösen
Lebens, doch das Bild, das er zeichnet, erweckt im Leser den
Eindruck, daß er ein schlummerndes, halbintelligentes Monster vor sich hat, das jeden Augenblick erwachen könnte. Die
Beziehung zu Leiber scheint hier wesentlich deutlicher als die
zu Lovecraft. Wie auch immer, es ist Ramsey Campbell gelungen, mit The Doll Who Ate His Mother etwas Einzigartiges zu
schaffen.
Dagegen entstammt James Herbert einer älteren Tradition
,derselben Art Pulp-Horror-Literatur, die wir mit Autoren
wie Robert E. Howard, Seabury Quinn, dem frühen Sturgeon, dem frühen Henry Kuttner und, auf der britischen
Seite des Atlantiks, Guy N. Smith verbinden. Smith, Verfasser zahlloser Taschenbücher, hat einen Roman geschrieben,
dessen Titel meine Nominierung für den ewigen Pulp-Klassiker ist: The Sucking Pit.
Das mag sich so anhören, als wäre ich bereit, Herbert den
Todesstoß zu versetzen, aber dem ist nicht so. Es stimmt, er
wird von Schriftstellern beiderseits des Atlantiks bemerkenswert niedrig eingestuft; wenn ich früher seinen Namen
nannte, wurden automatisch Nasen gerümpft (das ist ein bißchen so, als würde man eine Glocke läuten, um konditionierte Hunde sabbern zu sehen), aber wenn man nachhakt,
dann stellt man fest, daß sehr wenige Leute im Genre Herbert tatsächlich gelesen haben - dabei ist es eine Tatsache,
daß James Herbert der wahrscheinlich beste Verfasser von
Pulp-Horror seit Robert E. Howard ist, und ich glaube, daß
der Schöpfer von Conan mit Enthusiasmus auf Herberts
Werk reagiert haben würde, auch wenn beide in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil voneinander sind. Howard war
groß und breitschultrig; das Gesicht auf den wenigen erhaltenen Bildern ist ausdruckslos, mit einer Spur von entweder
Schüchternheit oder Argwohn, könnten wir vermuten. James
Herbert ist mittelgroß, schlank, runzelt schnell die Stirn oder
lächelt, ist offen und frei heraus. Der größte Unterschied
könnte natürlich der sein, daß Howard tot ist und Herbert
nicht, ha-ha.
Howards beste Geschichten - die um Conan den Barbaren
- sind im mythischen Land Cimmerien angesiedelt, das weit
in einer ebenso mythischen Vergangenheit liegt, die von Monstern und wunderschönen sexy Damen, die gerettet werden
müssen, bevölkert ist. Conan ist stets gerne bereit, diese Rettung durchzuführen …, wenn der Preis stimmt. Herberts
Werk ist fest im gegenwärtigen England angesiedelt, meist
vor dem Hintergrund Londons oder der umliegenden südlichen Grafschaften. Howard wuchs in ländlicher Umgebung
auf (er lebte und starb in einem kleinen Kaff namens Cross
Plains,Texas); Herbert wurde als Sohn eines Straßenhändlers
im Londoner East End geboren, und sein Werk reflektiert
eine bunte Karriere als Rock’n’Roll-Sänger, Künstler und
Werbefachmann.
Im schwer faßbaren Bereich des Stils - ein verwirrendes
Wort, das man am zutreffendsten mit »Plan oder Art des Angehens« definieren könnte - ähnelt Herbert dem damaligen
Howard am meisten. In seinen Horror-Romanen The Rats (dt: Die Killer-Ratten bzw. Die Ratten), The Fog, The Survivor, The Spear, The Lair (dt: Die Bruf) und The Dark -
schreibt Herbert nicht nur; er zieht, wie Robert E. Howard
das
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