Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Danse Macabre

Danse Macabre

Titel: Danse Macabre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
die Person, die ihn hält, die
diese Fähigkeit dann auf die Wünschelrute überträgt. Wenn der Wind
günstig steht, können Pferde Wasser auf zwölf Meilen Entfernung riechen; warum sollte ein Mensch nicht imstande sein, Wasser zu spüren,
das zehn bis fünfzehn Meter unter der Erde ist?
    wieder in seine ursprüngliche Haltung gebracht. Ich konnte
das nicht. Er nahm ihn mir aus der Hand, und als er das tat,
hörte das Gefühl von Gewicht und Magnetismus auf. Es ging
nicht von mir auf ihn über, es hörte auf. Eben noch war es da,
im nächsten Augenblick war es verschwunden.
    Das andere, woran ich mich erinnere, ist ein gemeinsames
Gefühl von Sicherheit und Geheimnis. Das Wasser ist da.
Onkel Clayt wußte es, und ich wußte es auch. Es war da unten
in der Erde, ein von Fels eingeschlossener Fluß. Es war das
Gefühl, an die richtige Stelle gekommen zu sein. Wissen Sie,
es gibt unsichtbare Energielinien auf der Welt - unsichtbar,
aber sie summen vor unermeßlicher, furchteinflößender
Energie. Ab und zu stolpert jemand über eine und wird gebraten, oder er packt eine auf die richtige Weise und läßt sie für
sich arbeiten. Aber man muß sie finden.
    Clayt hieb einen Pflock in den Boden, wo wir den Sog des
Wassers gespürt hatten. Der Brunnen trocknete tatsächlich
aus - sogar im Juli, nicht im August -, und da wir in diesem
Jahr kein Geld für einen neuen Brunnen hatten, begann der
Wassertank wieder sein alljährliches Gastspiel auf der Ladefläche des Kombis, mein Bruder, mein Vetter und ich machten wieder unsere Gänge mit den Milchkannen zum alten
Brunnen. Dasselbe geschah im folgenden Sommer. Aber ungefähr 1963 oder 1964 ließen wir einen artesischen Brunnen
graben.
    Da war der Pflock, den Clayt in den Boden geschlagen
hatte, längst verschwunden, aber ich erinnerte mich noch
ganz deutlich an die Stelle. Die Brunnenbohrer plazierten
ihren Drillbohrer, ein großes rotes Gerät, das wie die Märklin-Vision eines Kindes von einer Gottesanbeterin aussieht,
fünfzig Zentimeter von der Stelle entfernt, wo der Pflock gewesen war (und in Gedanken kann ich immer noch hören,
wie Mom stöhnte, weil so viel nasser Lehm auf unserem
Rasen verspritzt wurde). Sie mußten weniger als dreißig
Meter tief bohren - und es war jede Menge Wasser vorhanden, wie Clayt an j enem Sonntag prophezeit hatte, als wir mit
der Wünschelrute aus Apfelbaumholz draußen herumspaziert waren. Wir hätten bis zum Jüngsten Tag trinken können,
und es wäre immer noch genügend da gewesen.
Ich möchte wieder zum eigentlichen Thema zurückkehren,
und dieses eigentliche Thema ist, warum es unsinnig ist, einen
Schriftsteller danach zu fragen, worüber er schreibt. Ebensogut könnte man die Rose fragen, warum sie rot ist. Die Begabung ist - wie das Wasser unter unserem Rasen, das Onkel
Clayt eines Sonntagnachmittags nach dem Essen mit seiner
Wünschelrute fand - immer vorhanden, aber sie ist weniger
wie Wasser als vielmehr wie ein großer, roher Klumpen Erz.
Man kann sie bearbeiten - schleifen, um zu einem früheren
Vergleich zurückzukehren -, und man kann sie in einer
unendlichen Anzahl von Möglichkeiten einsetzen. Das
Schleifen und Einsetzen sind einfache Operationen, die der
angehende Schriftsteller völlig unter Kontrolle hat. Die Begabung zu schleifen ist lediglich eine Frage von Übung. Wenn
Sie über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg jeden Tag
fünfzehn Minuten mit Hanteln trainieren, werden Sie Muskeln bekommen. Wenn Sie über einen Zeitraum von zehn
Jahren hinweg jeden Tag eineinhalb Stunden lang schreiben,
werden Sie ein guter Schriftsteller.*
    Aber was ist dort unten? Das ist die große Variable, die
wilde Karte im Spiel. Ich glaube nicht, daß der Schriftsteller
darüber Kontrolle hat. Wenn Sie einen Brunnen bohren und
Wasser finden, schicken Sie eine Probe ans staatliche Wasseruntersuchungsamt und bekommen eine Analyse - und der
Gehalt an Mineralien kann erstaunlich variieren. Nicht alles
H 2 0 ist gleich. Und ähnlich schreiben Joyce Carol Gates und
Harold Robbins zwar beide in Englisch, aber deshalb schreiben sie noch lange nicht dieselbe Sprache.
    * Aber nur dann, wie ich hastig hinzufügen möchte, wenn ein gewisses
Talent von vorneherein vorhanden ist. Man kann zehn Jahre lang Erde
sieben und hat am Ende doch nichts anderes als nur fein gesiebte Erde.
Ich spiele, seit ich vierzehn bin, Gitarre, und mit dreiunddreißig bin ich
immer noch nicht weiter als mit sechzehn, als ich Stücke wie »Louie,
Louie« und »Little Deuce

Weitere Kostenlose Bücher