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Danse Macabre

Danse Macabre

Titel: Danse Macabre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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die
Eingeweide der Erde hinab. Seither habe ich buchstäblich
Hunderte von Lovecraft-Ausgaben gesehen, doch diese
bleibt diejenige, die das Werk von H. P. L. für mich am besten zusammenfaßt …, und ich habe keine Ahnung, wer der
Künstler gewesen sein könnte.
    Diese Bücherkiste war selbstverständlich nicht meine erste
Begegnung mit Horror. Ich glaube, in Amerika müßte man
blind und taub sein, wenn man im Alter von zwölf Jahren
nicht mit dem einen oder anderen Schreckgespenst in Berührung gekommen ist. Aber es war meine erste Begegnung mit
ernsthafter Horror-Fantasy-Literatur. Lovecraft ist ein
Schundschreiber genannt worden, eine Bezeichnung, gegen
die ich mich heftig verwahren muß, aber ob er einer war oder
nicht und ob er ein Verfasser sogenannter Unterhaltungsliteratur oder »ernster« Literatur war (was auf die kritische Sichtweise ankommt), spielt in diesem Kontext wirklich überhaupt keine Rolle, denn wie auch immer, der Mann selbst
nahm seine Arbeit ernst. Und das merkt man. Dieses Buch
war also, dank meines verschwundenen Vaters, mein erstes
Eindringen in eine Welt, die tiefer ging als die B-Filme, die
am Samstagnachmittag im Kino gezeigt wurden, oder die Jugendbücher von Carl Carmer und Roy Rockwell. Als Lovecraft »The Rats In the Walls« und »Pickman’s Model« schrieb,
da spielte er nicht nur herum oder versuchte, ein paar Piepen
extra zu verdienen, es war ihm Ernst, und ich glaube, es war
besonders dieser Ernst, auf den die innere Wünschelrute ansprach.
    Ich nahm die Bücher vom Dachboden herunter. Meine
Tante, die Grundschullehrerin und von Kopf bis Fuß eine
praktische Seele war, mißbilligte sie heftigst, aber ich behielt
sie. An diesemTag und am nächsten besuchte ich zum erstenmal die Ebenen von Leng; hatte meine erste Begegnung mit
diesem Prä-OPEC-Araber Abdul Alhazred (Verfasser von The Necronomicon, das meines Wissens niemals Mitgliedern
des Book-of-the-Month-Club oder der Literary Guild angeboten worden ist, wenngleich ein Exemplar davon angeblich
jahrelang in der Abteilung für besondere Bücher der Miskatonic University unter Verschluß gehalten wurde); besuchte die
Städte Dunwich undArkham, Massachusetts; und wurde, am
allerwichtigsten, von dem kahlen und unheimlichen Grauen
von »The Colour Out of Space« bewegt.
    Eine Woche später verschwanden sämtliche dieser Bücher,
und ich habe sie nie wieder gesehen. Ich habe immer vermutet, daß meine Tante Ethelyn in diesem Fall eine unerkannte
Mitverschwörerin gewesen sein könnte …, nicht, daß es auf
lange Sicht eine Rolle gespielt haben würde. Ich war auf meinem Weg. Lovecraft hatte - dank meines Vaters - diesen Weg
für mich geebnet, wie er es für andere vor mir getan hatte:
Robert Bloch, Cla rk Ashton Smith, Frank Belknap Long,
Fritz Leiber und Ray Bradbury unter anderen. Lovecraft, der
starb, bevor der Zweite Weltkrieg viele seiner Visionen von
unvorstellbarem Grauen verwirklichen konnte, spielt in die sem Buch keine große Rolle, doch der Leser täte gut daran,
sich zu vergegenwärtigen, daß es sein langer und hagerer
Schatten ist, seine dunklen und puritanischen Augen, die
über fast allem liegen, was seither an bedeutender Horror-Literatur geschrieben worden ist. An die Augen erinnere ich
mich noch deutlich von der ersten Fotografie, die ich jemals
von ihm gesehen habe …, Augen wie die in alten Porträts,
schwarze Augen, die ebenso sehr nach innen wie nach außen
zu blicken scheinen.
Augen, die einem zu folgen scheinen.
     
4
    Der erste Film, den ich als Kind gesehen habe und an den ich
mich erinnern kann, war Creature from the Black Lagoon (dt: Der Schrecken vom Amazonas). Es war im Autokino, und
wenn es keine Zweitaufführung war, muß ich etwa sieben gewesen sein, denn der Film, in dem Richard Carlson und Richard Denning spielten, kam 1954 in die Kinos. Außerdem
kam er ursprünglich als SD-Fassung heraus, aber ich kann
mich nicht daran erinnern, daß ich eine Brille aufhatte, also
habe ich wahrscheinlich doch eine spätere Aufführung gesehen.
    Ich erinnere mich nur an eine Szene aus dem Film deutlich,
aber die hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Der
Held (Carlson) und die Heldin (Julia Adams, die in ihrem einteiligen, weißen Badeanzug unglaublich spektakulär aussah)
sind irgendwo im Amazonas-Becken auf einer Expedition.
Sie reisen auf einem sumpfigen, schmalen Flußlauf bis zu
einem breiten Teich, der eine idyllische, südamerikanische
Version des Garten Eden zu sein scheint.
    Aber das Monster

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