Danse Macabre
offeriert er uns den Subtext, daß Politik nicht unveränderlich ist, daß sich die Zeiten
ändern und daß Nevilles Erfolg als Vampir-Töter (sein seltsam praktischer Erfolg, um Chute zu zitieren) ihn zum Monster
gemacht hat, zum Gesetzlosen, zum Gestapo-Agenten, der
die Hilflosen im Schlaf ermordet. Für eine Nation, zu deren
politischen Alpträumen wahrscheinlich immer noch Visionen
von Kent State und My Lai gehören, ist das eine seltsam passende Vorstellung. The Last Man on Earth ist wahrscheinlich
ein Beispiel für den ultimativen politischen Horror-Film, weil
er uns Walt Kellys These nahebringt: Wir haben den Feind gesehen, und er ist wir.
Das alles führt uns an eine interessante Grenze, die ich andeuten, aber nicht überschreiten möchte - den Punkt, wo das
Land des Horror-Films ans Land der schwarzen Komödie angrenzt. Stanley Kubrick ist ziemlich lange Bewohner dieser
Grenzzone gewesen. Man könnte Kubricks Film Dr. Strangelove, or How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb (dt: Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben) durchaus als politischen Horror-Film ohne Monster betrachten (ein Mann braucht eine Münze, um Washington anzurufen, damit er den Dritten Weltkrieg verhindern kann, bevor
er überhaupt anfängt; Keenan Wynn gehorcht brummelnd,
indem er mit seinem Gewehr einen Colaautomaten in die
Luft ballert, damit unser Held das Kleingeld bekommt; aber
er sagt dem potentiellen Retter der menschlichen Rasse:
»Dafür werden Sie sich vor der Firma Coca Cola verantworten müssen«), A Clockwork Orange (dt: Uhrwerk Orange) als
politischen Horror-Film mit menschlichen Monstern (Malcolm McDowell trampelt zu den Klängen von »Singin’ in the
Rain« auf einem unglücklichen alten Mann herum) und 2001:
A Space Odyssey (dt: 2001 - Odyssee im Weltraum) als politischen Horror-Film mit einem nichtmenschlichen Monster
(»Bitte schalt mich nicht ab«, fleht der mörderische Computer HAL 9000, als der letzte Überlebende der Jupiterexpedition seine Erinnerungsmodule eines nach dem anderen herauszieht), das sein kybernetisches Leben aushaucht, während es »A Bicycle Built for Two« singt. Kubrick ist der einzige
amerikanische Filmregisseur, der begriffen hat, daß es
ebenso oft wildes Gelächter wie Entsetzen auslösen kann,
wenn man Tabus überschreitet, was jeder Zehnjährige, der
damals hysterisch über einen Vertreterwitz gelacht hat, bestätigen kann. Oder es mag sein, daß nur Kubrick klug genug
(oder tapfer genug) war, mehr als einmal in dieses Land zurückzukehren.
6
»Wir haben eineTür zu einer unvorstellbaren Kraft geöffnet«,
sagt der alte Wissenschaftler am Ende von Them! düster, »und
jetzt können wir sie nicht mehr schließen.«
Am Ende von D. F. Jones’ Roman Colossus (dt: Colossus), der als Colossus: The Forbin Project (dt: Colossus) verfilmt
wurde, sagt der Computer, der alles übernommen hat, zu seinem Schöpfer Forbin, daß die Menschheit mehr lernen wird
als nur seinem Gesetz zu gehorchen, sie wird lernen, ihn als
Gott anzubeten. »Niemals!« antwortet Forbin in einem schallenden Tonfall, der jedem Helden einer Weltraum-Oper von
Robert A. Heinlein zur Ehre gereicht hätte. Aber es ist Jones
selbst, der das letzte Wort hat - und das ist kein beruhigendes
Wort. »Niemals?« lautet das letzte Wort seiner warnenden
Geschichte.*
In dem Richard-Egan-Film Gog (Regie: Herbert L.
Strock) scheint die Ausrüstung einer ganzen Weltraumstation
verrückt zu spielen. Ein Sonnenreflektor dreht sich unkontrolliert und verfolgt die Heldin mit einem tödlichen Hitzestrahl; eine Zentrifuge, die entworfen wurde, um Astronauten auf ihre Belastbarkeit unter hohen Beschleunigungen zu
testen, dreht sich so schnell, daß die beiden Testpersonen
buchstäblich zu Tode beschleunigt werden; und am Ende laufen die beiden BEM-ähnlichen Roboter Gog und Magog vollkommen Amok, klappern mit ihren waldoartigen** Pinzettenarmen und geben unheimliche geigerzählerartige Laute
von sich, während sie verschiedenen Vernichtungsaufgaben
nachgehen (»Ich kann ihn kontrollieren«, sagt der Wissenschaftler, der so kalt wie ein Fisch ist, voller Vertrauen, einen
Augenblick bevor Magog ihm mit einer Pinzette den Hals
umdreht).
»Sie werden groß hier draußen«, sagt der alte Indianer in Prophecy gelassen zu Robert Foxworth und Talia Shire, als
eine Kaulquappe so groß wie ein Lachs aus einem See im
nördlichen Maine springt und am Ufer herumwatschelt.
Wahrhaftig, das werden sie; Foxworth sieht auch einen
Lachs, der
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