Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
plötzlich die Stimme meiner Intuition. Es fühlt sich ganz und gar nicht nach einem wohlüberlegten Feldzug an.
Es war eine Erleichterung, sich über etwas anderes Gedanken machen zu können. Also musste sich selbst der Teufel ganz schön abstrampeln, um mit den aktuellen Ereignissen Schritt zu halten.
Vielleicht hatte er dieses Ei mal wieder benutzen oder es einfach nur mal wieder anschauen wollen, und dann festgestellt, dass es verschwunden war. Die Hölle war riesig – man konnte nicht ununterbrochen alle Artefakte und alle Dämonen im Auge behalten.
Also hat Santino Luzifer vermutlich in der Hand. Und wie passt Japhrimel da rein? Er ist Luzifers Stellvertreter. Wieso erledigt Luzifer diesen Job nicht selbst?
Mir darüber den Kopf zu zerbrechen, würde mir nichts nützen. Ich saß ausweglos in der Falle.
Ich schloss meine trockenen, brennenden Augen und delegierte die Fragen an mein Unterbewusstsein. Mit ein wenig Glück würde ich dort, in diesem aufgewühlten Durcheinander, schon bald die Antwort finden …
Nicht mal Japhrimel weiß genau, was Sache ist. Und Luzifer auch nicht. Sie versuchen es auf gut Glück. Und genau deshalb brauchen sie mich.
Sie brauchen mich. Ich gebe hier den Ton an.
Bei dem Gedanken huschte ein Lächeln über meine Lippen, und ich atmete tief und tiefer. Es wurde bereits hell, als ich endlich einschlief.
Das ganze Haus stank nach Dämon, der Geruch von bernsteinfarbenem Moschus und brennendem Zimt hing schwer in der Luft. Ich hatte ausgiebig geduscht und frische Sachen angezogen, und als ich nun die Treppe runterkam, musste ich feststellen, dass die Ausdünstungen meines Gastes die psychische Atmosphäre mit goldener Dunkelheit erfüllt hatten.
Er reichte mir eine Tasse Kaffee. Er sah noch genauso aus wie am Abend zuvor, nur sein Gesichtsausdruck war nicht mehr so maskenhaft und leer. Er wirkte geradezu nachdenklich. Seine grünen Augen waren sehr dunkel, und er mied meinen Blick.
Ich gähnte und blies auf den dampfenden Kaffee. Dann betrachtete ich meine Küche. Durch das Fenster schien die Abendsonne herein. Der Regen hatte aufgehört, und die Sonnenstrahlen glitten über den wandernden Juden, der über meiner Spüle hängt. „Guten Morgen“, sagte ich schließlich und schlüpfte an ihm vorbei zum Toaster. „Wie geht’s dir?“
„Ganz gut so weit. Hast du gut geschlafen?“ Er klang, als würde es ihn wirklich interessieren.
„Nein. Ich schlafe selten gut. Danke für den Kaffee.“ Ich schob zwei Scheiben Weizenbrot in den Toaster und drückte die Taste für „kurz vor Holzkohle“.
„Wo ist dein Schwert?“
Ich zuckte mit den Schultern. „In einem von einem Dämon bewachten Haus brauche ich es doch nicht, oder?“ Ich musste schon wieder gähnen. „Wenn wir auf die Jagd gehen, nehme ich es mit. Und dann lege ich es nicht eher aus der Hand, bis wir Santino erwischt haben. Ich habe noch nicht angefangen – ich bin noch dabei, mein Pferd zu satteln.“ Funken stoben aus meinen Ringen, diesmal aus purem Gold.
Ich rieche schon wie ein Dämon, dachte ich mit grimmigem Vergnügen. Das kann ja ein Spaß werden.
„Verstehe.“ Er stand immer noch in der Küchentür, und seine Stimme klang sehr nachdenklich.
„Bevor wir losziehen, musst du mir noch sagen, was es genau bedeutet, wenn man einen Dämon-Vertrauten hat. Ich wollte eigentlich Dake fragen, aber dafür war gestern Nacht keine Zeit. Also musst du mir Auskunft geben.“
„Ich werde mich bemühen, deine Erwartungen nicht zu enttäuschen“, antwortete er ironisch.
Der Kaffee in meiner Tasse schwappte gefährlich hin und her, als ich mich umdrehte, um ihn anzusehen. Dann fischte ich das Buttermesser aus dem Abtropfgestell neben dem Spülbecken. „Du entwickelst einen Sinn für Humor. Schön für dich.“
„Wir werden nichts erreichen, wenn wir uns nicht irgendwie einigen. Ich bin verantwortlich für deine Sicherheit, und meine körperliche Hülle ist jetzt dank der Gnade des Fürsten an die deine gebunden. Wenn ich zulasse, dass dir etwas geschieht, hat das äußerst unangenehme Folgen für mich.“ Sein schmales, düsteres Gesicht blieb unverändert, aber in seiner Stimme schwang leichter Spott mit.
„Aha.“ Die Toastscheiben wurden ausgespuckt, als ich gerade nach der Erdnussbutter griff. „Du hast so richtig in die Scheiße gelangt, was?“ Ich trank einen Schluck Kaffee, verbrannte mir den Mund und stellte die Tasse beiseite. Immerhin war der Kaffee wirklich gut.
„Im Gegenteil“, sagte er.
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