Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
habe ihn auch nicht genannt“, antwortete ich abweisend. „Ich bin hier, um einen Toten ins Leben zurückzuholen, nicht, um über meinen Gehilfen zu reden.“ Ich wünschte mir schon jetzt, ich hätte den Job nicht angenommen.
In der Mitte des Tisches stand der schwere Standard-Stahlbehälter mit den Überresten des Mannes, den ich aus dem Todesschlaf zurückholen würde. Ein Schauer überlief mich. Ich arbeite nicht gern mit Asche, mit einer Leiche geht es viel einfacher -aber wenn man eine Hypothek abbezahlen muss, darf man nicht wählerisch sein. Ich fragte mich, warum bei einem Vermögen von fünfzehn Millionen keine Urne für den Göttergatten drin gewesen war, und zuckte dann innerlich mit den Schultern. Ging mich schließlich auch nichts an. Ich sollte mich nicht einmischen, ich sollte nur den Toten zurückholen.
An der Akademie hatte ich zum ersten Mal einen Menschen aus Asche und Knochen zurückgeholt. Ich war nicht gefasst gewesen auf die Stille, die sich über den Übungsraum senkte. Die meisten Nekromanten brauchen einen kompletten Körper, je frischer, desto besser. Nur wenige haben genügend Begabung und Psinergie, um einen Toten aus Ascheresten erscheinen zu lassen. Da ich in weitem Umkreis die einzige Nekromantin bin, die das schafft, bekomme ich regelmäßig Aufträge – aber das bedeutet auch, dass ich mehr schaurige Überreste als alle anderen zugeteilt bekomme. Einer meiner übelsten Aufträge war das Choyne-Towers-Unglück gewesen, bei dem ein Putchkin-Transportflugzeug beim Absturz in die drei Türme gekracht war. Ich hatte mich tagelang durch kleinste Fitzelchen gearbeitet und sie zu Identifikationszwecken ins Leben zurückgeholt. Trotzdem standen zum Schluss immer noch zehn Menschen auf der Vermisstenliste. Da ich sie nicht hatte zurückholen können, mussten sie wohl verdampft sein.
Das war ein außerordentlich unangenehmer Gedanke. Und meinem Ruf hatte das auch nicht unbedingt gutgetan. Bekannt geworden war ich, als ich – mehr aus Zufall – Saint Crowley, den Magi, hatte erscheinen lassen. Ursprünglich sollte das nur ein Werbegag des Holovid-Teams von Kanal 2004 sein, aber ich hatte es wahrhaftig hingekriegt – zur Überraschung aller. Mich eingeschlossen.
Aber meistens bekam ich die schaurigen Leichen, eingeäscherte Menschen und tote Psione. Nach den Gesetzen der Hegemonie müssen tote Psis eingeäschert werden, vor allem Magi und Zeremoniale, weil sonst die Gefahr besteht, dass sie zu Schmarotzern mutieren.
Ich zitterte.
Ich hatte die Kerzen ausgepackt und auf den Tisch gestellt, als die Witwe plötzlich ein ersticktes Schluchzen von sich gab. „Müssen wir das wirklich machen?“, fragte sie mit dünner, rauchiger Stimme. „Ist das wirklich nötig?“
„Reg dich ab, Ma“, fuhr der Ältere sie an. Für einen so kräftig gebauten Jungen hatte er eine überraschend hohe Stimme. Er hatte sich so weit zurückgelehnt, dass der Stuhl nur noch auf zwei Beinen balancierte. „Rauch und Spiegel, mehr ist das nicht. Die wollen doch nur kassieren, verstehst du?“
„Ms. Valentine ist eine geprüfte und zugelassene Nekromantin“, sagte Hutton gepresst. „Außerdem hegemonieweit die beste. Wenn nicht sogar weltweit. Sie wollten die Fragen doch … beantwortet haben.“
Die spindeldürre Frau presste die Lippen zu einem Strich zusammen. Die Augen der Geliebten waren starr auf den Stahlbehälter gerichtet. Sie war so kühl und unnahbar wie ein gesperrtes Festplattenlaufwerk, und als sie den Blick hob und mich ansah, verfärbten sich ihre sanft geschwungenen Wangen nur ganz leicht.
Ein ziemlich zäher Brocken, dachte ich und warf einen Blick auf die Bullen. Sie kamen mir nicht bekannt vor.
Ich zuckte mit den Schultern. Sobald die Kerzen fest in ihren Haltern standen, schnippte ich mit den Fingern. Meine Ringe sprühten Funken, und aus den Dochten schossen blaue Flammen wie bei einem Gasbrenner.
Das macht mir immer einen Heidenspaß.
Die Witwe schnappte nach Luft, und der Stuhl, auf dem der ältere der beiden Jungen saß, kippte mit den Vorderbeinen auf den teuren Teppichboden zurück.
„Würden Sie bitte das Licht ausmachen, Mr. Hutton?“, sagte ich und zog mein Schwert aus der Scheide. „Das hier ist im Nu erledigt.“
Der Anwalt war es vermutlich gewohnt, dass Nekromanten im Halbdunkel arbeiten, aber als er an dem Dämon vorbei zur Tür ging, schien er doch etwas nervös zu sein. Japhrimel stand direkt hinter mir und berührte fast schon meine Schulter. Ich schwang mich
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