Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
roch, da musste er mich nicht auch noch betatschen. Auch nicht auf energetischer Ebene.
„Mir geht’s gut.“ Ich hörte mich an, als säße mir ein dicker Kloß im Hals. „Ich wollte nur … es geht schon.“
Er blieb schweigend neben mir stehen. Ein Mensch hätte mir jetzt wahrscheinlich alle möglichen sinnlosen Fragen gestellt oder irgendetwas Tröstliches von sich gegeben. Ein Dämon tut das offensichtlich nicht.
Schließlich trocknete ich mir die Wangen und ließ den Blick über die Straße schweifen, die bis auf den Dämon und mich verlassen dalag. „Gut“, sagte ich. „Wir haben unseren Zielsucher. Aufgeht’s.“
„Ist er ein Freund von dir?“ Der Dämon bewegte den Kopf in Richtung Klub. Seine Augen waren jetzt viel dunkler, und seltsame Runenmuster schwammen in ihrem unergründlich leuchtenden Grün.
„Nicht mehr“, antwortete ich und sah mich nach einer Telefonzelle um. Ich entdeckte eine am Ende der Straße und setzte mich in Bewegung. Der Dämon folgte mir, leise und geschmeidig wie ein Mantarochen in dunklen Gewässern.
Ich lud meine Handfläche mit Psinergie auf und presste sie gegen das Kreditfeld. Es gab ein klickendes Geräusch, dann glitt die Tür zur Seite. Ich trat in die Zelle. Das Telefon war eins von den älteren Modellen ohne Vidshell. Den Göttern sei Dank für kleine Gefälligkeiten. „Pass auf, dass die Tür offen bleibt“, sagte ich, und der Dämon streckte eine seiner goldenen Hände aus und hinderte die Schiebetür daran zurückzugleiten.
Ich hob den Hörer ab und wählte die Nummer des Polizeireviers.
„Sittendezernat, Horman am Apparat“, knurrte Detective Lew Horman am anderen Ende der Leitung.
„Horman? Hier ist Danny.“ Meine Stimme klang ein wenig rau, ansonsten aber normal.
„Jesus, Maria und Josef …“
Ich wusste gar nicht, dass er ein Jesus-Jünger war. „Detective, das ist Gotteslästerung. Hören Sie, ich habe was für Sie.“
„Was wollen Sie denn jetzt schon wieder, Leichenfrau? Hier ist nicht die Mordabteilung.“ In seiner Stimme schwang kaum wahrnehmbar Angst mit.
„Sie wissen von dem Chill, das die South Side überschwemmt? Ich habe einen der Hauptverteiler entdeckt.“
Jetzt hatte ich seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Er schnappte geradezu nach Luft.
Ich ließ ihn ein bisschen zappeln und sagte dann: „Wenn es Sie natürlich nicht interessiert …“
„Verdammt noch mal, Leichenfrau. Jetzt spucken Sie’s schon aus.“
„Dacon Whitaker, von seinem Klub aus. Einer seiner Rausschmeißer ist ein Chillfreak, und er selbst inzwischen auch.“
„So ein blöder Magi ist ein Chillfreak? Ich dachte, die würden nicht …“
„Sie sind ziemlich bald erledigt, aber solange sie das Zeug nehmen, sind sie echt gefährlich. An Ihrer Stelle würde ich vorsichtshalber ein paar Sanitäter mitnehmen. Und lassen Sie meinen Namen aus dem Spiel, klar?“
„Ich schweige wie ein Grab.“
„Sie sind mir was schuldig, Horman“, sagte ich und legte auf, ohne seine Antwort abzuwarten.
Der Dämon schwieg noch immer.
Durch das wabernde Sicherheitsglas betrachtete ich die dunkle Straße. Auf dem feuchten Pflaster spiegelte sich schillernd das Licht der Straßenlaternen. „Scheiße.“ Ich ballte die Hand zur Faust. „So eine Scheiße.“
Ich knallte die Faust gegen das Sicherheitsglas, das sich mit einem Spinnennetzmuster überzog. Ich schlug noch mal zu, und diesmal blieb ein blutiger Abdruck auf dem gesplitterten Glas zurück.
Schwer atmend versuchte ich, mich wieder in den Griff zu bekommen. Mein Puls dröhnte mir in den Ohren.
Nachdem ich runtergeschluckt hatte, was von meiner Wut noch übrig war, öffnete ich die Augen. Der Dämon betrachtete mich aufmerksam. Seine Augen waren noch eine Spur dunkler geworden. „Was hast du getan?“, fragte er verhältnismäßig sanft.
„Ich habe Dake gerade an die Bullen verpfiffen“, antwortete ich mit zusammengebissenen Zähnen.
„Warum?“ Er fragte das völlig emotionslos.
„Weil er mit diesem Scheiß-Chill Leute umbringt.“
„Ist das eine Droge?“
„Ja. Und eine gefährliche dazu.“ Eine Droge, die dazu führt, dass Mütter ihre Kinder noch im Krankenhaus im Stich lassen, eine Droge, die die Leute mit Haut und Haaren frisst, eine Droge, die jugendliche Punks am helllichten Tag und auf offener Straße ihre Sozialarbeiter erschießen lässt, eine Droge, die ganze Familien zerstört und Psione zugrunde richtet. Eine Droge, die die Hegemonie nicht ernstlich verbieten lassen will, weil
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