Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
„Ich habe Glück gehabt. Wie es aussieht, brauchst du einen Vertrauten, und ich brauche meine Freiheit. Du scheinst trotz deines frechen Mundwerks recht erträglich zu sein. Und du bist zwar manchmal gedankenlos, aber nicht dumm.“
Ich warf einen Blick über die Schulter. Er stand militärisch stramm da, den langen, schwarzen Mantel bis zum Hals zugeknöpft, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. „Danke“, antwortete ich trocken. „Hast du schon gefrühstückt?“
Er zuckte mit den Schultern. „Menschliches Essen ist angenehm, aber ich brauche es nicht.“
Ich wollte gerade etwas Abfälliges sagen, als das Telefon klingelte. Ich hob den Hörer gleich hier in der Küche ab. „Was gibt’s?“, knurrte ich mit meiner Hallo-guten-Morgen-Stimme.
„Dir auch einen richtig guten Morgen, Danny“, flötete Trina. Sie arbeitet in der Parapsycho-Vermittlungs GmbH, die von den meisten Psionen in Saint City in Anspruch genommen wird. Seit ich sowohl Flüchtige suche als auch Erweckungen durchführe, kümmert sich Trina um meinen Terminkalender und hält mir Verrückte und Witzbolde vom Hals, die gern mal einen Psion am Telefon verulken wollen. Ich habe weder die Zeit noch die Energie, im Auge zu behalten, wann ich wo sein soll, also koordiniert Trina alles über mein Datpilot und mein Datband. Gleichzeitig überwacht sie das Datband, wenn ich einem Flüchtigen nachstelle. Magik ist eine Vollzeitbeschäftigung, sogar Nekromanten brauchen heutzutage Sekretärinnen, und es ist billiger, den Job von einer Agentur erledigen zu lassen. „Hast du kurz Zeit?“
„Was gibt’s, nen neuen Job? Wie viel ist drin?“
„Fünfzigtausend, wie üblich.“
Damit könnte ich wieder ein paar Raten für das Haus abzahlen. „Und worum geht’s?“
„Eine Testamentsbestätigung. Sollte höchstens zwei Stunden dauern. Ein alter Esel namens Douglas Shantern. Nach seinem Tod wurde das Testament angefochten. Das Gesamtvermögen beläuft sich auf fünfzehn Millionen, dein Honorar wird aus der Erbmasse bezahlt.“
Ich gähnte. „Okay, ich mach’s. Wo ist die Leiche? Ist sie noch frisch?“
„Die Rechtsanwaltskanzlei in der Dantol Street hat die Asche. Er ist vor zwei Wochen gestorben.“
Ich verzog das Gesicht. „Auf so was habe ich ja überhaupt keinen Bock.“
„Ich weiß“, antwortete Trina verständnisvoll. „Aber du bist nun mal auf dem ganzen Kontinent die Einzige, die genügend Begabung hat, um Eingeäscherte zurückzuholen. Soll ich dich also für Mitternacht eintragen?“
„Mitternacht kling gut. Gibst du mir die Adresse?“
Das Gebäude war mir bekannt. Es befand sich in der Innenstadt, im Gerichts- und Finanzbezirk. In den Holovids wird immer so getan, als bestünde der Job von Nekromanten vor allem aus Friedhöfen, Gesängen und Blut, aber den Großteil unserer Arbeit erledigen wir in Anwaltskanzleien und Krankenhauszimmern. Auf einem Friedhof oder einem Kirchhof findet man Nekromanten nur äußerst selten.
Wir mögen sie nicht.
„In Ordnung“, sagte ich. „Gib ihnen Bescheid, dass ich einen Assistenten mitbringe.“
„Ich wusste gar nicht, dass du einen Lehrling hast.“ Sie klang regelrecht schockiert. Ich habe Trina noch nie persönlich getroffen, aber ich stelle sie mir immer als eine unerschütterliche, mütterliche Frau vor, die sich von Kaffee und Blätterteiggebäck ernährt.
„Habe ich auch nicht“, antwortete ich. „Danke, Trina. Ich höre sicher wieder von dir.“
„Keine Ursache“, entgegnete sie mit der gewohnten Gelassenheit. „Mach’s gut.“
„Du auch.“ Ich legte auf. „Wie nett, noch ein kleiner Job.“
Der Dämon machte eine ungeduldige Handbewegung. „Zeit ist ein entscheidender Faktor, Nekromantin.“
„Von irgendwas muss ich meine Rechnungen bezahlen“, entgegnete ich mit einer abwehrenden Geste. „So schnell haut uns Santino schon nicht ab. Er ist vor fünfzig Jahren geflohen – und damals seid ihr Jungs ja auch nicht gleich losgestürmt und habt ihn wieder eingefangen. Warum sollte ich das also jetzt tun? Außerdem müssen wir noch bei Abra vorbeigehen, und Gabe wird all die Sachen, die ich brauche, auch erst besorgt haben, wenn ich mit diesem Job fertig bin. Außer du möchtest diesen Monat meine Stromrechnung begleichen.“
„Du kannst einen zur Weißglut treiben“, entgegnete er kühl. Mir wurde allmählich schwindelig von dem starken Dämonengeruch.
„Mäßige dich, Japhrimel.“ Ich krallte die Finger um den Rand des Küchentresens und starrte
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