Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
Dämon.
Wir standen vielleicht zwanzig Sekunden lang so da und starrten uns gegenseitig an, und es waren die längsten zwanzig Sekunden meines bisherigen Lebens. Dann entzog ich ihm meinen Arm und blickte nach oben, um zu sehen, wie sich das Wetter entwickelt hatte. Der Himmel war immer noch überwiegend klar, gesprenkelt mit ein paar hohen Wolken und dem unablässigen, orangefarbenen Licht der Stadt. „Wir müssen los“, sagte ich freundlich. „Abra wird gegen Morgen ziemlich krätzig.“
Er nickte. Wurde die Falte zwischen seinen Augenbrauen tiefer, oder bildete ich mir das nur ein? Er wirkte verwirrt.
„Was ist?“, fragte ich.
Er antwortete nicht, zuckte bloß mit den Schultern und spreizte hilflos die Finger. Als ich mich in Bewegung setzte, lief er mit hängendem Kopf neben mir her, die Hände hinter dem Rücken gefaltet. Er machte einen derart versunkenen Eindruck, dass ich fast erwartete, er würde gleich abheben und ein paar Zentimeter über dem Boden schweben.
„Japhrimel?“, fragte ich schließlich.
„Hm?“ Elegant wich er einer Flasche aus, die auf dem Bürgersteig lag, sah aber nicht hoch. Ich zerrte an meiner Tasche, damit mir der Riemen nicht so in die Schulter schnitt. Ich hatte Schwert und Tasche bei ihm zurückgelassen, aber er hatte sich an keinem von beiden zu schaffen gemacht.
„Weißt du was? Du bist gar nicht so übel. Für einen Dämon. Ganz und gar nicht.“
Das schien ihm den Ansatz eines Lächelns zu entlocken. Und seltsamerweise war das ein netter Anblick.
17
Abras Laden liegt an der Klondel Street, einer selbst für den Tank District ziemlich hässlichen Gegend. Abrakadabras Pfandleihe – Wir Machen Wunder Möglich stand in verblassten goldenen Buchstaben auf dem Schaufenster. Ein aufmerksamer Beobachter hätte feststellen können, dass auf Abras Fensterfront nicht ein einziges Graffito gesprüht und die gläserne Eingangstür mit dem Eisengitter verdächtig sauber war.
Im Inneren wetteiferte der Geruch von Staub und menschlicher Verzweiflung mit dem würzigen Aroma von Rindereintopf mit Chillschoten. Das abgenutzte Parkett knarzte unter unseren Füßen. Abra saß wie immer auf ihrem dreibeinigen Stuhl hinter dem Tresen. Sie hatte langes, dunkles, lockiges Haar und ein Allerweltsgesicht, in dein nur die glänzenden, dunklen Augen auffielen. Sie trug einen blausilbernen Kaftan, und an ihren Ohren baumelten große, goldene Kreolen. Ich hatte sie mal gefragt, ob sie Zigeunerin sei. Abra hatte gelacht und entgegnet: Sind wir das nicht alle?
Da hatte sie nicht ganz unrecht.
Regale voller Waren zogen sich die Wände entlang, und hinter dem gläsernen Tresen, in dem durch den Staub Juwelen glitzerten, hingen Slicboards und Gitarren. Abras Angebot schien ziemlich häufig zu wechseln, obwohl ich noch nie einen Kunden in ihrem Laden gesehen hatte – zumindest nicht auf körperlicher Ebene.
Nein, Abra war die Spinne, und ihr Netz erstreckte sich über die gesamte Stadt. In erster Linie verkaufte sie Informationen.
Jace hatte mich Abra vor langer Zeit vorgestellt. Seit damals sind wir Freundinnen – in gewisser Weise. Ich tue ihr den einen oder anderen Gefallen, sie verkauft nicht allzu viele Informationen aus meinem Privatleben, und so hangeln wir uns halbwegs entspannt vorwärts. Ich muss zugeben, dass sie mich verwirrt. Sie ist ganz offensichtlich kein Mensch, gehört aber auch keiner der wahlberechtigten Gruppen an – Nichtvren, Kine, Swanhilds, was auch immer –, in die Paranormale eingeteilt worden sind, als das Parapsychogesetz in Kraft trat. Andererseits kenne ich eine ganze Reihe nichtmenschlicher Wesen, die nicht registriert sind, sich aber auf die altmodische Art – mit Bestechung oder Sex – Einfluss zu verschaffen wissen.
„Hallo, Abra“, sagte ich und hörte im selben Moment ein verdächtiges Klicken.
Die Finger des Dämons gruben sich mir in die Schulter, und ehe ich michs versah, stand er vor mir und hatte zwei silberne Pistolen auf Abra gerichtet, die - ihn ihrerseits mit einem Plasgewehr bedrohte.
Das ist ja mal ganz was anderes, dachte ich.
„Leg die Waffe nieder, S’darok“, polterte der Dämon. „Sonst hast du dein letztes Netz gesponnen.“
„Was zum Teufel hast du mir da angeschleppt, Danny?“, fauchte Abra mich an. „Diese gottverdammten Psychoweiber und ihre gottverdammten Schoßhunde!“
„Japh …“ Ich konnte mich gerade noch bremsen – beinahe hätte ich seinen Namen preisgegeben. „Was tust du da?“
„Sie hat
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