Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
von Psinergie. Ich spürte, wie körperlose Finger meine Wange berührten, sah aus den Augenwinkeln einen undeutlichen Schatten – einen großen Mann, der einen Zylinder über seinem totenkopfahnlichen Gesicht trug und mit ausgebeulter Hose durch die Menge davontollte. Ein kühler Hauch glitt über meinen schweißnassen Rücken. Mit Loas lege ich mich nicht an.
Psinergie flirrte mir über die Haut, ein Schwall fiebriger Hitze, der in meinem Magen ein Gefühl auslöste, als befände ich mich im freien Fall. Der Ausbruch würde, wenn ich ihm genügend Zeit ließ, meine Energiekanäle dazu zwingen, sich der hiesigen Psinergie zu öffnen. Ich atmete gleichmäßig weiter. Nur ein paar Minuten, sagte ich mir. Das lässt wieder nach. Du musst dich nur lange genug entspannen. Bleib ruhig, Danny. Ganz ruhig.
Während ich auf das Veve starrte und darauf wartete, dass mein Körper sich an die hiesige Psinergie gewöhnte, machte sich in meinem Kopf ein eintöniges Summen breit, Vorbote einer Vision.
Der Dämon hatte mich an den Schultern gepackt und zerrte mich von der freien Fläche auf dem Pflaster fort, während sich die Stimme der Babalawao über die Geräusche der Stadt erhob. „Dante?“
Ihr Götter, klingt er etwa besorgt?
„Was ist los? Dante?“
„Nichts“, hörte ich mich undeutlich und träumerisch sagen. Visionen sind nicht meine vorrangige Begabung, sonst wäre ich Seherin. Aber ich bin immerhin so gut, dass die Visionen manchmal nützlich sind. „Nichts.“ Dunkelheit umschloss mich, eine selige Ruhe, das Geräusch von Flügelschlägen. Die Vision war zum Greifen nahe. Wenn ich mich entspannte und meine unbedeutende Begabung für Vorausahnungen einfach ihre Arbeit tun ließ, würde sie sich mir zeigen, würde mich warnen … aber vor was?
Wozu brauchte ich eine Warnung? Dass ich tief in der Scheiße saß, wusste ich auch so.
„Nichts“, flüsterte ich. Heiße Finger berührten meine Stirn. Die Schwertscheide fest in der Hand, ließ ich mich mit hängendem Kopf in das im Luftzug flackernde Kerzenlicht der Zukunft sinken.
„Lüg mich nicht an“, knurrte der Dämon, was mich etwas überraschte. Wieso sollte es ihn interessieren, ob ich log?, dachte ich. Abrupt kehrte ich auf die bewusste Ebene zurück. Auf der Haut spürte ich ein heißes Kribbeln, mein Magen machte sich unangenehm bemerkbar, und meine Augenlider flatterten. „Dante! Dante!“
„Mir geht’s gut“, sagte ich gereizt. „Könntest du mich mal eine Minute in Ruhe lassen?“
„Wie du wünschst.“ Hitze schwappte über meine Haut. Kam sie von Japhrimel? Ein Strom heißer, roter Psinergie flutete von der Hand des Dämons durch meine Wirbelsäule. Die Vorahnung – und mit ihr meine tiefe Entspannung – zerbarst, als hätte mir jemand einen Stab in den Solarplexus gerammt. Da ging sie hin, meine Hoffnung, in die Zukunft zu blicken.
„Scheiße …“, war alles, was ich rausbrachte. Ich stemmte die Absätze ins Pflaster und krümmte mich vor Schmerz zusammen. Die Psinergie zog sich in den hungrigen Schlund von Nuevo Rio zurück. „Verdammt noch mal …“
„Was ist los?“
Es war zu dunkel. Was war …
Langsam öffnete ich die Augen. Der Dämon stand wie angewurzelt vor mir, und seine grünen Augen glühten wie radioaktive Edelsteine. „Jetzt ist sie mir durch die Lappen gegangen“, fauchte ich. „Eine Vorahnung, und jetzt ist sie futsch. Nächstes Mal fragst du erst, bevor du so was machst, ist das klar?“
Der Dämon zuckte mit den Schultern. Ich warf einen Blick nach oben. Ziegel, Plasstahl, Karton und Aluminiumverschalung – Mietskasernen, die in einem seltsamen Winkel über uns aufragten. Statt auf der Hauptstraße befanden wir uns in einer Seitengasse. Und wieso überraschte mich das nicht? Hatte er mich hierhergeschleppt, weil er dachte, ich hätte irgendeinen Anfall? „Ich war auf deine Sicherheit bedacht“, sagte er leise und ohne den geringsten Anflug von Reue. „Ich fürchtete, du würdest angegriffen.“
„Und wer sollte so bescheuert sein, mich mit einem Dämon an meiner Seite anzugreifen?“, fuhr ich ihn an und wand mich aus seinem Griff. Er ließ es geschehen und faltete die Hände wieder hinter dem Rücken. Er stand gerade, die Lider gesenkt, sodass seine Augen verdeckt waren. „Klasse. Visionen kündigen mir normalerweise irgendwas Übles an. Und jetzt weiß ich nicht mal, was da auf mich zukommt. Wirklich klasse.“
Japhrimel schwieg.
Ich seufzte und atmete tief den intensiven,
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